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Österreich

Zu viel Regierungs-Einfluss: Höchstgericht befindet ORF-Gesetz für verfassungswidrig

Der Verfassungsgerichtshof hebt Teile des ORF-Gesetzes auf. Betroffene Regelungen müssen bis März 2025 repariert werden.

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Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) sieht die Regelung zur Zusammensetzung des ORF-Stiftungs- und Publikumsrates teilweise als verfassungswidrig an. In einem am Dienstag veröffentlichen Erkenntnis orten die Höchstrichter „Verstöße gegen das Unabhängigkeits- und Pluralismusgebot“.

Denn: Während die Bundesregierung neun und die Landesregierungen jeweils einen Stiftungsrat besetzen können, stellen der Betriebsrat und der Publikumsrat des ORF nur 11 Mitglieder. Die restlichen der insgesamt 35 Stiftungsräte entsenden die Parteien mit Klubstärke im Nationalrat. Damit ergibt sich, so der Verfassungsgerichtshof, ein Überhang der Regierung. 

Die Verfassungsrichter kritisieren, dass Bundesregierung wie Publikumsrat bei ihrer Auswahlentscheidung für neun beziehungsweise sechs Mitglieder des Stiftungsrates „völlig frei“ agieren können. Damit werde die „unabhängigkeitssichernde Wirkung“ des Verfassungsgesetzes zur Sicherung der Unabhängigkeit des Rundfunks „verfehlt“. 

Auch an den Bestellungsmodalitäten zum Publikumsrat stößt sich der VfGH. Der Gesetzgeber müsse die Regelung so austarieren, „dass die unmittelbar von repräsentativen Einrichtungen bestellten Mitglieder zumindest im selben Ausmaß im Publikumsrat vertreten sind wie die vom Bundeskanzler (bzw. von der Medienministerin) in Auswahl aus Vorschlägen bestellten Mitglieder.“ Durch die aktuellen Bestimmungen sei der Spielraum des Bundeskanzlers bei der Wahl zu weit: Die Bestellung „der 17 Mitglieder des Publikumsrats“ sei „so weitgehend in das Belieben des Bundeskanzlers (bzw. der Medienministerien) gestellt, dass die verfassungsrechtlichen Gebote der Unabhängigkeit und pluralistischen Zusammensetzung dieses Leitungsorgans des ORF verletzt sind“, heißt es.

Vorerst ändert sich in der operativen Tätigkeit der Gremien nichts, der VfGH gibt dem Gesetzgeber für eine Reparatur der aufgehobenen Regelungen bis 31. März 2025 Zeit. 

Den Antrag hatte die burgenländische Landesregierung eingebracht, nachdem Zib2-Moderator Armin Wolf im vergangenen Jahr in seinem Blog über die Verfassungswidrigkeit der Gremien geschrieben hatte.