Die Sprache der Zukunft lernen

Gemeinnützige Organisationen bieten kostenlose Weiterbildungsprogramme an, um den Bedarf an IT-Fachkräften abzudecken.

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Suchmaschinen und Software bedienen, digitale Medien verstehen und informatische Grundkenntnisse – diese Inhalte sind seit dem Schuljahr 2022/2023 im neuen Pflichtfach “Digitale Grundbildung” in Österreichs Schulen verankert. Eine eigenes Unterrichtsfach zum Erlernen des Programmierens, wie es zum Beispiel in  Estland oder Großbritannien schon vor Jahren eingeführt wurde, gibt es hierzulande noch nicht. Kinder und Jugendliche, die diese IT-Kenntnisse erlernen wollen, finden mittlerweile abseits des Klassenzimmers entsprechende Angebote. Und auch Erwachsene nutzen sogenannte Coding-Schools für Um- und  Weiterbildung.

Coding für Kinder
Eines dieser Angebote ist Coder Dojo, ursprünglich eine Initiative aus Irland. Daniel Wagner ist Obmann von Digital Austria, dem Verein zur Förderung der Informationstechnologie, und hat dieses Programm 2017 nach Wien gebracht. Mittlerweile gibt es die kostenlosen Programmier-Workshops auch in anderen Bezirken wie  Steyr, Linz oder Tulln. „Bei unseren Dojos sind in Wien bisher rund 400 unterschiedliche Teilnehmer, in Tulln seit dem Start im März heurigen Jahres auch bereits zirka 40 Teilnehmer“, berichtet Wagner.

Seit der Pandemie bietet der Verein auch Online-Kurse an: „Online ermöglicht uns einerseits einen anderen inhaltlichen Zugang mit den Teilnehmern, aber auch eine räumliche Unabhängigkeit. Neben dem Inhalt sind die Online Dojos zudem auch eine gute Vorbereitung auf die moderne Arbeitswelt”, erklärt der Dojo-Initiator. Die Mentorinnen und Mentoren sind ehrenamtlich tätig, neue zu gewinnen sei aktuell eine Herausforderung. Aber auch Kinder und Jugendliche für das Programm zu finden, sei nicht einfach. „Am Land sind wir noch neu und wir werden zum Beispiel von Schulen bei der Bewerbung unseres Angebots unterstützt.“

Kooperation mit Schulen
Sollte die Einführung in die Software-Entwicklung nicht Aufgabe der Pflichtschulen sein? Das sieht Wagner differenziert: „Ich beschreibe das gerne so: Wird in Schulen Sport unterrichtet, ja natürlich und das ist auch gut so. Gibt es dennoch Sportvereine, ebenfalls ja natürlich. Das ist kein Widerspruch und so sehe ich es auch für  uns. Wir sehen unser Angebot hier in einem Bogen zwischen Wecken des Interesses an Technik und  Förderung von Talenten gespannt.” Der Verein sieht sich als Kooperationspartner für Schulen, etwa bei der  HAK Tulln: „Hier gibt es eine langjährige Zusammenarbeit, wir unterstützen in den Zweigen, bei denen  Software-Entwicklung kein Schwerpunkt ist, mit punktuellen Workshops“, erläutert Wagner. Das lenke  Awareness auf das Thema und biete Schülerinnen die Möglichkeit, über andere Berufsfelder zu erfahren. Auch für andere Institutionen bietet Dojo Coding-Workshops an.

Der Vereinschef nimmt nicht nur in der Bildung, sondern auch in der Wirtschaft ein Umdenken wahr: Informationstechnologie ist eine sehr breitgefächerte Disziplin, das wurde wohl von vielen nicht so wahrgenommen. Inzwischen suchen Unternehmen keine IT-Experten mehr, sondern gezielter. Programmieren ist aber bei vielen Berufsbildern wesentlicher Teil, auch wenn die Stelle dann anders heißt.“ Wohin es die Dojo Absolventinnen und -Absolventen verschlägt, wird laut Wagner noch nicht erhoben, aber er weiß: „Manche schlagen definitiv Ausbildungswege und Karrieren in der IT ein. Die anderen können durch die Besuche und Mitarbeit bei uns einen anderen Blick auf Technik bekommen und haben später, wenn sie mit Technikern Berührungspunkte haben, vielleicht einen anderen Zugang.“

Neues Lernkonzept
Erwachsene finden in Wien mit der Coding-Schule 42Vienna seit vergangenem Jahr ein Weiterbildungsangebot. Das gemeinnützige Projekt wurde 2013 gegründet und ist mittlerweile an 47 Standorten in 26 Ländern vertreten. In Wien haben seit dem Start laut Marketingleiterin Daniela Krautsack  knapp 400 Personen das kostenlose einmonatige IT-Bootcamp absolviert. Dieses ist bereits Teil eines mehrstufigen Auswahlverfahrens, 132 haben bisher die 42-Ausbildung gestartet. „Die Studierenden bringen sich Programmieren im Team bei. Das ist eine Herausforderung für viele, die in einem traditionellen Schulsystem mit Frontalunterricht lernen gelernt haben. Bei 42 lernt man, komplett neu zu lernen“, sagt  Krautsack über das Konzept.

 

Von den ersten Teilnehmern sind laut 42Vienna rund 30 Prozent weiblich, Diversität will man durch eigene Bootcamps für Frauen und Jugendliche fördern, um die Scheu vor der Ausbildung zu nehmen. „Profisportler finden ihren Weg zu uns genauso wie Profimusiker und Ballett-Tänzer der Wiener Staatsoper. Wir haben Medizinstudenten, Juristen, Sozialarbeiter, Ex-Polizisten, es ist ein irrsinnig vielfältiger Fächer an Menschen mit spannenden beruflichen Hintergründen”, berichtet Daniela Krautsack. Die Finanzierung für das kostenfreie Programm kommt von öffentlicher und privater Hand: „Die Unternehmen, die 42 in Wien finanzieren, kommen aus verschiedensten Sparten der Wirtschaft und Industrie, etwa Bankwesen, Pharma oder Mobilität”, so Krautsack. Das sogenannte Peer-to-Peer-Lernkonzept von 42Vienna soll bald auch in Wels und Amstetten umgesetzt werden.

Voneinander lernen: Die Programmierschule 42Vienna lässt ihre Studierenden die Inhalte durch ein Peer-to-Peer-Lernkonzept erarbeiten.