Allmacht der US-Techbranche in Europa

Von Microsoft zu Made in Europe: Lässt sich die Dominanz der Tech-Bros brechen?

In Europa geht die Angst um, dass US-Präsident Donald Trump Tech-Konzerne als geopolitische Waffe einsetzen könnte. Jetzt versuchen Unternehmen und Politik, sich von der Übermacht aus Übersee zu emanzipieren. Nicht gerade zur Freude von Microsoft und Co.

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Krisen sind gut fürs Geschäft. Zumindest für jenes von Robert Siedl. Mehr als 75 Geschäftsführer und IT-Verantwortliche heimischer Mittelständler aus ganz Österreich sind am Mittwoch zur „SiCom“ gekommen, einem IT-Community-Treffen in Krems. Titel der Veranstaltung: „Digitale Souveränität“. Sprich: Wie man sich von den großen Digitalkonzernen unabhängig macht. „Die meisten Anfragen erhalten wir für die Ablöse von Microsoft 365 sowie im Bereich Virtualisierung“, sagt Siedl. Sein Unternehmen Siedl Networks bietet Cloud-Lösungen und Open-Source-Pakete made in Austria an.

Seit Donald Trumps Wahl zum US-Präsidenten und der Nähe der großen US-Techbosse zu ihm sind die Anfragen zu europäischen Digitaldienstleistungen und Cloud-Lösungen nicht nur bei Herrn Siedl, sondern in der ganzen Branche explodiert. Trump und seine „Tech Bros“ von Meta, Google, Microsoft und Co., wie sie schnippisch in Medien genannt werden, werden immer mehr als Bedrohung für die digitale Souveränität europäischer Firmen und der öffentlichen Verwaltungen empfunden. Also versucht jetzt ein ganzer Kontinent, sich von der digitalen Dominanz der USA zu emanzipieren. Das ist alles andere als einfach.

Wenn wir am Bankomat Geld abheben oder online einen Flug buchen, nutzen wir fast immer das Zahlungsnetzwerk eines der zwei großen US-Kreditkartenanbieter Visa oder Mastercard. Wenn wir morgens ins Büro fahren und unsere Mails öffnen, dann liegt die Wahrscheinlichkeit, dass unser Office-Paket von Microsoft oder Apple ist, bei 97 Prozent. Wenn wir ein Urlaubsfoto auf Instagram oder ein Reel auf TikTok veröffentlichen, landen unsere persönlichen Daten mit 100-prozentiger Wahrscheinlichkeit bei US-amerikanischen oder chinesischen Big-Tech-Firmen. Wir bestellen das neue Strandtuch beim US-Online-Riesen Amazon. Und wenn wir eine Fitness- oder Koch-App herunterladen, dann tun wir das fast immer über den Google- oder Apple-Store.

Die Marktdominanz der digitalen US-Dienstleister hat in den vergangenen Jahren monopolistische Züge angenommen. Im digitalen Raum führt so gut wie kein Algorithmus an den USA vorbei. Europa hat dieser Entwicklung drei Jahrzehnte lang zugesehen. Die besten und billigsten Mail-Anbieter, Suchmaschinen oder sozialen Netzwerke kamen eben nicht aus Deutschland, Frankreich oder Polen. Na und? Was soll schon schiefgehen?

Marina Delcheva

Marina Delcheva

leitet das Wirtschafts-Ressort. Davor war sie bei der "Wiener Zeitung".