Bitpanda in der Krise: Gib dem Panda Zucker

Der rasant gewachsene Finanzdienstleister Bitpanda hat sich verkalkuliert. Hunderte Leute müssen das Unternehmen verlassen.

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Es war ein spezielles Dokument, das der Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservices im 2. Wiener Gemeindebezirk Ende Juni zuging. Das lag nicht so sehr am Dokument selbst, dem sogenannten §45a AMFG-Vordruck. Das ist ein dreiseitiges Formular, mit welchem das „Frühwarnsystem“ des AMS aktiviert wird. Jeder Arbeitgeber, der Kündigungen größeren Ausmaßes plant, muss das Arbeitsmarktservice einen Monat vorab verständigen. So will es das Arbeitsmarktförderungsgesetz, kurz AMFG.

Am 24. Juni informierte die Bitpanda GmbH das AMS über die beabsichtigte Auflösung von 152 Dienstverhältnissen bis 31. Juli. Nicht ganz ein Drittel aller erfassten Angestellten, zuletzt 529 Personen. Was dieses Formular darüber hinaus so speziell machte, waren dessen Strukturdaten: Unter den Betroffenen fanden sich fast ausnahmslos junge bis sehr junge Menschen (nur einer über 50), allesamt hoch qualifiziert, zwei Drittel von ihnen arbeiteten nicht einmal ein Jahr für Bitpanda, ein Drittel gar weniger als sechs Monate. Als Grund für die beabsichtigten Freisetzungen hatte die Geschäftsleitung das Kästchen „Auftragsrückgänge“ angekreuzt.

Auftragsrückgänge: Der Begriff vermittelt nur einen unscharfen Eindruck dessen, was bei Österreichs wertvollstem Beitrag zur Fintech-Szene zuletzt los war. Das Management des international tätigen Finanzdienstleisters – spezialisiert auf „digitale Assets“ – hat sich verkalkuliert. In den vergangenen zwei Jahren wurden offenbar in Erwartung eines nicht enden wollenden Booms Hunderte neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingestellt, von denen etliche plötzlich nicht mehr gebraucht werden.

Pandemie, Ukraine-Krieg, Energie- und Rohstoffkrise, Zinswende, Inflation: Die Gemengelage schüttelt die Aktien, Anleihen und Kryptos seit Monaten ordentlich durch, Anlegerinnen und Anleger (von denen Bitpanda nach eigener Darstellung mehr als drei Millionen betreut) handeln merklich verhaltener. Das schmälert die Umsätze, während die Kosten deutlich gestiegen sind.

Allein im Wiener Stammhaus Bitpanda GmbH kamen zwischen 2020 und dem heurigen Frühjahr mehr als 300 neue Leute hinzu; die gesamte Firmengruppe mit Beteiligungen und Niederlassungen quer durch Europa – Wien, Berlin, Mailand, Krakau, Bukarest, Amsterdam, Madrid, Barcelona, Dublin, London – hatte zuletzt bereits mehr als 1000 Menschen im Sold. Eigentlich eine Sensation: Denn Bitpanda gibt es noch keine acht Jahre.

Doch jetzt das. Am 24. Juni erfuhr die Belegschaft in einer kurzfristig angesetzten Betriebsversammlung, dass sich das Management aufgrund der schwierigen Marktbedingungen zur Reorganisation gezwungen sehe und die Gruppe auf etwa 730 Mitarbeiter verkleinern werde. Demzufolge soll mehr als ein Viertel aller Jobs im In- und Ausland gestrichen werden, die meisten im Mutterhaus Bitpanda GmbH.

Die Sitzung und die Stunden danach seien chaotisch verlaufen, berichten Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Die Geschäftsleitung habe überfordert gewirkt, die mittlere Führungsebene sei allem Anschein nach nicht durchgängig informiert gewesen, unmittelbar im Anschluss an das Meeting sollen etliche junge „Pandas“ auch noch dazu ermuntert worden sein, einer sofortigen einvernehmlichen Auflösung des Dienstverhältnisses zuzustimmen.

In einer profil (in englischer Sprache) übermittelten Stellungnahme wollte das Bitpanda-Management keine Details zum Einsparungsprogramm nennen. Nur so viel: „Wir sind uns der Verantwortung bewusst, die wir für unsere Mitarbeiter und ihre Familien haben. Deshalb tun wir alles, was wir können, um sie zu unterstützen, und gehen dabei in jeder Rechtsordnung über das gesetzliche Minimum hinaus.“

Man verweist darauf, dass sich die Stimmung auf den Kapitalmärkten in den vergangenen Monaten „zunehmend verschlechtert“ habe. „Noch Wochen vor dem Tag der Ankündigung“ sei keine Umstrukturierung geplant gewesen, die „harte Entscheidung“ überhaupt erst Tage vor der offiziellen Bekanntgabe gefallen.

Der Bitpanda-Betriebsrat war nicht involviert – was hauptsächlich daran lag, dass die Bitpanda GmbH gar keinen Betriebsrat hat. Also beinahe keinen. Denn ein solcher war bereits im Werden: Für Anfang Juli war die Konstituierung eines Wahlvorstands angesetzt, mittlerweile steht auch der Wahltermin: 29. Juli. In ihrer Stellungnahme an profil versichert die Geschäftsleitung zwar, den Prozess der Betriebsratsgründung „nach Kräften“ zu unterstützen: „Bei Bitpanda wollen wir unseren Mitarbeitern ermöglichen, ihr Bestes zu geben. Wir wollen, dass sich unsere Mitarbeiter wohlfühlen, und bieten ihnen einen Raum, in dem sie gehört werden und unser Unternehmen mitgestalten können. Deshalb unterstützen wir den Prozess der Gründung eines Betriebsrats nach Kräften.“

Dass ein Arbeitgeber mitten in die Gründung eines Betriebsrats hinein Hunderte Stellen streicht, kommt dennoch nicht gut. Umso weniger, als die Firma in den vergangenen Jahren das Geld nur so druckte, Millionen Euro an ihre Gesellschafter ausschüttete, prominente Investoren anzog, unentwegt das Narrativ vom bedingungslosen „Hyperwachstum“ bediente – und bis zuletzt immer neue Leute einstellte. Unter den jetzt nicht mehr benötigten Mitarbeitern sollen auch einige sein, die ihre Jobs aufgegeben hatten, um im Juli bei Bitpanda anzudocken. „Wir mussten einige Stellenangebote zurückziehen, da die Stellen in der neuen Organisationsstruktur nicht mehr verfügbar sind und nicht mehr mit unseren neu ausgerichteten Prioritäten übereinstimmen“, schreibt das Unternehmen in seiner Stellungnahme.

Bitpanda: Die junge Unternehmensgeschichte steht sinnbildlich für das Abenteuer Wirtschaft. In ihr vermischen sich Unternehmergeist, Ideenreichtum und Wagemut mit Hybris, Kontrollverlust und Kommunikationsversagen.

Die Geschichte beginnt im September 2014, und sie beginnt in der Wohnung von Eric Demuth im 15. Wiener Gemeindebezirk. Der Deutsche, damals 27, hatte in seiner Heimat einst als Schiffsmechaniker auf Frachtschiffen gearbeitet, ehe es ihn zum Studium an die Wiener WU verschlug. Hier lernte er Paul Klanschek kennen, einen gebürtigen Kärntner, damals 24, der sich das Studium mit Pokerspielen finanziert hatte. Und dann war da noch der Software-Entwickler Christian Trummer, ein 28-jähriger Steirer, aufgewachsen auf einem Bauernhof.

Zusammen gründeten sie am 12. September 2014 die Coinimal GmbH mit Sitz in Demuths Wohnung, vom Stammkapital in der Höhe von 35.000 Euro kratzten sie zur Gründung gerade einmal das Minimum von 10.000 Euro zusammen. Der zentrale Unternehmensgegenstand von Coinimal sollte die „Entgeltliche Annahme und Abgabe von Bitcoins und ähnlichem“ sein, wie es im ersten Gesellschaftsvertrag aus 2014 heißt.

Der Krypto-Kosmos war damals jung, das Leitgestirn Bitcoin keine sechs Jahre alt – und noch ziemlich preiswert. Einen Bitcoin konnte man im Herbst 2014 noch für knapp mehr als 300 Euro bekommen. Wenn man ihn denn bekam – denn der Handel mit der digitalen Schöpfung war für Menschen ohne IT-Affinität noch vergleichsweise beschwerlich und voller Ausfallsrisiken.

Demuth, Klanschek und Trummer, allesamt kryptoaffin, einte eine evolutionäre Idee: Sie wollten eine für Nutzer einfach zu bedienende wie sichere Bitcoin-Handelsplattform schaffen, die sich aus Handelsprovisionen speisen sollte (wer über die Plattform digitale Assets kauft oder verkauft, zahlt einen Aufschlag, zuletzt waren das 1,49 Prozent).

Ende 2014 wurde Coinimal operativ, und ab da ging es schnell, sehr schnell. Es brauchte tatsächlich nur drei volle Wirtschaftsjahre, ehe aus einer guten Idee ein funktionstüchtiges Geschäftsmodell geworden war. Mit damals bloß 15 Mitarbeitern schrieb Coinimal 2017 erstmals tiefschwarze Zahlen: 11,16 Millionen Euro Bilanzgewinn. Die drei Gründer waren zu diesem Zeitpunkt nicht mehr allein. 2017 war der Gesellschafterkreis erstmals um eine Handvoll Risikokapitalgeber erweitert worden, wenngleich Demuth, Klanschek und Trummer die Firma weiterhin mehrheitlich kontrollierten (das tun sie auch heute noch, zumindest auf dem Papier).

Ende 2017 entstand auch der Name „Bitpanda“, der übrigens keinen tieferen Sinn hat. Man habe damals zum naheliegenden Wortstamm „Bit“ einen Begriff gesucht, der international verstanden werde und mit dem sich eine freie Internet-Domain bilden lasse, erzählte Eric Demuth im Jänner dieses Jahres in einem Podcast.

2017 war zudem das Jahr, in dem Kryptos weit über die Community hinaus erstmals für richtig viel Aufmerksamkeit sorgten: Der Bitcoin hatte das Jahr mit knapp über 900 Euro eröffnet und am Jahresende erstmals die Schwelle von 10.000 Euro überschritten. Wiewohl der Kurs bereits 2018 wieder absackte und die 10.000 Euro-Marke erst 2020 nachhaltig durchbrochen werden konnte, war Bitpanda spätestens da im Geschäftsleben angekommen.

Die Jahre 2017 und 2018 liefen letztlich so gut, dass die Gesellschafter sich insgesamt rund 14 Millionen Euro an Gewinnen ausschütten ließen (für 2019 und 2020 wurde nichts ausgeschüttet, die Ergebnisse 2021 liegen noch nicht vor).

Aus dem Start-up Coinimal war in kurzer Zeit das Scale-up Bitpanda geworden – der Begriff beschreibt eine Phase schnellen Wachstums nach erfolgreich überstandener Gründungsperiode.

Aber wie das so ist mit dem schnellen Erwachsenwerden: Es tut zuweilen weh. Dass Demuth, Klanschek und Trummer sich augenscheinlich nicht mit ein paar Tausend Kunden und ein paar Millionen Euro Profit zufriedengaben, darf ihnen durchaus angerechnet werden. Wachstum ist aus unternehmerischer Sicht zunächst kein illegitimes Ziel. Doch die Gründer wollten mit Bitpanda viel mehr und das auch noch sehr schnell, ganz im Sinne des Silicon Valley-Leitmotivs: „Think big, move fast.“

Wachstum, „Growth“, wahlweise auch „Hypergrowth“: Die Begriffe begegnen einem rund um Bitpanda immer wieder. Auf Managementebene entstand die Funktion eines „Chief Growth Officers“, in der profil übermittelten Stellungnahme wird Bitpanda als „hypergrowth company“ beschrieben, neue Mitarbeiter erhielten eine Willkommensbox, in der neben Merchandising-Artikeln (Flasche, Tasse, Kappe, Kuli) auch eine Karte lag: „With Hypergrowth ON“, so wurden sie im Unternehmen begrüßt und auf die gemeinsamen, hochtrabenden Ziele eingeschworen – „Once a panda, always a panda“ (einmal Panda, immer Panda. Die Amtssprache bei Bitpanda ist Englisch).

Bis vor einigen Wochen schien an dieser Story so ziemlich alles zu stimmen. Bitpanda wuchs und wuchs, neue Märkte, neue Produkte (mehr Kryptos, Edelmetalle, Aktien, ETFs, Debitkarten), neue Tochterfirmen, immer mehr Kunden, immer mehr Mitarbeiter. Die Begleitmusik lieferte wiederum der Bitcoin, der 2020/2021 kein Halten mehr kannte und sich auf 50.000 Euro und mehr hochschraubte.

Laut dem jüngsten verfügbaren Jahresabschluss der Bitpanda GmbH schloss das Geschäftsjahr 2020 mit einem Nettoumsatz von 55,25 Millionen Euro (plus 119 Prozent gegenüber 2019), das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) rauschte auf 12,7 Millionen Euro (plus 118 Prozent). Daraus errechnete sich eine EBITDA-Marge von 23 Prozent. Beachtlich. 2021 soll noch einmal besser gelaufen sein.

2020 und 2021 waren schließlich auch die Jahre, in welchen Bitpanda sich zum „Unicorn“ veredelte – nämliches Etikett bekommt in der Start-up-Welt nur, wer es auf eine Bewertung von einer Milliarde US-Dollar aufwärts bringt. 2020 investierte zunächst der Wiener Risikokapitalgeber Speedinvest, der bedeutendste Start-up-Financier des Landes. Einer der Speedinvest-Partner ist übrigens Stefan Klestil, Sohn des verstorbenen Thomas Klestil, zwischen 1992 und 2004 Bundespräsident. Stefan Klestil war einst unter anderem Mitglied des Aufsichtsrats der deutschen Wirecard AG, ehe diese 2020 kollabierte.

Auf Speedinvest folgte noch im September 2020 Valar Ventures, ein US-amerikanischer Risikokapitalfonds, an dessen Gründung wiederum Peter Thiel maßgeblich beteiligt war. Thiel ist ein milliardenschwerer wie umstrittener US-Geschäftsmann, unter anderem Gründer des Bezahldienstes Paypal und früher Investor bei Facebook, ein Unterstützer und Berater von Donald Trump – und seit heuer hat Thiel auch noch einen gewissen Sebastian Kurz als „Global Strategist“ unter Vertrag. Thiel bezeichnet sich selbst als „Libertärer“, hält Freiheit und Demokratie für inkompatibel und wähnt das einzige wahre Glück des Kapitalisten in der Schaffung von Monopolen – und nicht etwa im freien Wettbewerb.

Im Zuge mehrerer sogenannter Finanzierungsrunden stellten Speedinvest, Valar Ventures und weitere große Fonds Bitpanda 2020/2021 insgesamt gut eine halbe Milliarde Euro Spielgeld zur Verfügung, was die Bewertung der Gruppe auf 3,5 Milliarden Euro hochtrieb (und die Gründer auf dem Papier Hunderte Millionen Euro schwer machte). Das hatte es in Österreich bis dahin noch nicht gegeben.

Ziel sei es, Bitpanda zur „Nummer-eins-Investmentplattform in Europa und darüber hinaus“ zu machen, zitierte die Austria Presseagentur Eric Demuth im August des Vorjahres. Auch das hört man von Wirtschaftstreibenden hierorts nicht jeden Tag.

Ab da wurde geklotzt. Bitpanda stieg ins Sportsponsoring ein. Ende 2021 vermeldete man zunächst den Einstieg ins internationale Tennis. Bitpanda wurde „offizieller globaler Partner“ des Davis Cups. Anfang dieses Jahres folgte eine Partnerschaft mit dem italienischen Rugby-Verband, Bitpanda machte sich zum Haupt- und Trikotsponsor der italienischen Rugby-Nationalmannschaft. Wenig später wurde Bitpanda dann auch noch als „Premium Sponsor“ der „World Padel Tour“ vorgestellt (eine vom Tennis abgeleitete Sportart). Wie viel Geld da in die Hand genommen wurde, verrät das Unternehmen nicht – nach eigener Darstellung hat Bitpanda zwischenzeitlich beschlossen, die Sponsorings vorerst nicht fortzusetzen.

Um den gestiegenen Ansprüchen gerecht zu werden, bezog man heuer schließlich auch noch neue, größere Büroflächen: 8000 Quadratmeter im „Viertel Zwei“ in der Wiener Leopoldstadt.

Es deutet doch einiges darauf hin, dass die internen Management-, Kontroll- und Kommunikationsprozesse mit dem schnellen Wachstum irgendwann nicht mehr Schritt hielten. Mitarbeiter berichten von hohem Arbeitsdruck, verwirrenden Entscheidungsstrukturen, widersprüchlichen Vorgaben, immer neuen Gesichtern und Projekten, einem kaum noch bewältigbaren Strom aus internen Nachrichten über die Kanäle des Messaging-Dienstes „Slack“.

Ungeachtet ihres rasanten Wachstums hatte die Bitpanda GmbH lange Zeit auch keinen Aufsichtsrat. Neben der formellen Geschäftsführung (aktuell Paul Klanschek und Eric Demuth) bestand zwar ein Beirat, der allerdings keine wirkliche Kontrollfunktion hat. Wer in diesem Beirat saß oder sitzt, wollte Bitpanda auf profil-Anfrage nicht preisgeben.

Erst im März dieses Jahres wurde ein dreiköpfiges Gremium installiert, den Aufsichtsratsvorsitz übernahm der Deutsche Tom Lesche, ein Speedinvest-Partner.

Gab es einen Auftrag des neuen Aufsichtsrats an die Geschäftsführung, das Unternehmen zu verkleinern? Nein, heißt es dazu bei Bitpanda. Die Umstrukturierung sei „gemeinsam erörtert und beschlossen“ worden, sie sei „das Ergebnis kooperativer Gespräche mit der Absicht, die beste Lösung für alle Beteiligten zu finden.“

Es wird keine Massenkündigungen geben.
 

Aus einer Mitteilung des Managements an die Belegschaft vom 31. Mai

Bereits im Frühjahr machten im Wiener Stammhaus Gerüchte die Runde, die Firma habe vor dem Hintergrund des bröckelnden Bitcoin-Kurses wirtschaftliche Schwierigkeiten (seit Jahresbeginn büßte dieser rund 50 Prozent ein) und stünde vor einem großen Personalabbau (während sie zugleich weiter neues Personal rekrutierte). Die Geschäftsleitung dementierte in einer internen Mitteilung Ende Mai: Weder seien „Massenkündigungen“ geplant, noch sei ein Einstellungsstopp verfügt worden. Auch sei die Liquiditätslage keinesfalls angespannt, wenngleich die Ergebnisse 2022 „unter Budget“ seien. Die Nachricht an die Belegschaft schloss mit der Aufforderung: „Lasst uns jetzt zurück an die Arbeit gehen und im letzten Monat dieses Quartals großartige Ergebnisse abliefern!“ Nicht ganz einen Monat später wurde die Streichung eines Viertels aller Stellen bekannt gegeben.

Inwieweit die budgetierten Zahlen unterboten wurden, wollte Bitpanda auf Anfrage nicht kommunizieren. In der profil übermittelten Stellungnahme heißt es: „In den letzten Monaten hat sich die Stimmung auf dem Markt dramatisch verändert, angeheizt durch geopolitische Spannungen, steigende Inflation und die Sorge vor einer bevorstehenden Rezession. Um mit der Branche Schritt zu halten, war die Wachstumsrate unseres Teams zu hoch, und wir erreichten einen Punkt, an dem mehr Mitarbeiter uns nicht effektiver machten, sondern stattdessen Koordinierungskosten verursachten, insbesondere in dieser neuen Marktrealität. Rückblickend erkennen wir, dass unser Einstellungstempo nicht nachhaltig war. Das war ein Fehler.“

Anfang Juni hatte Eric Demuth die große Bühne für sich. Er trat beim diesjährigen „Swiss Economic Forum“ (SEF) im eidgenössischen Interlaken als Redner auf. Auf den „Kryptocrash“ angesprochen, gab er den Gelassenen: „Der Kryptomarkt war schon immer ein Rauf und Runter.“

Wie es der Zufall so will, traf der von Peter Thiel finanzierte Bitpanda-Gründer in Interlaken auf den von Peter Thiel finanzierten Altbundeskanzler und Stargast des SEF 2022: Sebastian Kurz. Kurz ließ das Publikum beim „Abschlusstalk“ unter anderem wissen, dass ihm seine jetzige Aufgabe in der Privatwirtschaft Spaß mache – und man als Spitzenpolitiker nun einmal nicht alles richtig machen könne. Rauf und runter, hoch gestiegen, hart gefallen: Das ließe sich auch über Kurz’ Karriere sagen.

Michael   Nikbakhsh

Michael Nikbakhsh

war bis Dezember 2022 stellvertretender Chefredakteur und Leiter des Wirtschaftsressorts.