Heinz Schaden
Salzburger Swap-Prozess: "Kein straffreies Alternativverhalten"

Der Fall Heinz Schaden: "Kein straffreies Alternativverhalten"

Der OGH wird sich alsbald mit den Urteilen im Salzburger Swap-Prozess beschäftigen. Der Rechtsgelehrte Heinrich Honsell kritisiert die Auslegung der Untreue.

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Für Salzburgs früheren SPÖ-Bürgermeister Heinz Schaden und fünf weitere Personen dürfte sich heuer Entscheidendes tun. Der Oberste Gerichtshof wird sich nach profil-Recherchen alsbald mit den Urteilen im sogenannten Swap-Prozess auseinandersetzen. Schaden, damals noch Bürgermeister, hatte im Juli 2017 am Landesgericht Salzburg in erster Instanz wegen Beihilfe zur Untreue drei Jahre Haft, davon eines unbedingt, ausgefasst. Unter den insgesamt sieben Verurteilten: der ehemalige Salzburger Landesfinanzreferent und SPÖ-Landeshauptmannstellvertreter Othmar Raus, der frühere Leiter der Finanzabteilung des Landes Eduard Paulus und die Paulus unterstellte ehemalige Beamtin Monika Rathgeber. Rathgeber hatte sich als einzige Angeklagte geständig gezeigt und ihr Urteil (ein Jahr bedingt) akzeptiert. Die anderen sechs meldeten Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an, auch die anklagende Korruptionsstaatsanwaltschaft führte Rechtsmittel aus - sie fordert höhere Strafen für Schaden, Raus und Paulus. Der 2012 aufgeflogene Fall geht zurück auf das Jahr 2007. Damals hatte die Stadt Salzburg sechs negativ bewertete Zinstausch-Geschäfte ("Swaps") an das Land Salzburg übertragen - ohne jede Gegenleistung, woraus dem Land ein Schaden von jedenfalls drei Millionen Euro erwachsen sein soll.

Prekäre Rechtslage

Das Urteil gegen Heinz Schaden ist insofern bemerkenswert, als der Tatbestand der Untreue den Vermögensschaden (durch Befugnismissbrauch) voraussetzt. Aus der Übertragung der Swaps hatte die Stadt Salzburg aber nicht nur keinen Schaden, sondern vielmehr einen Vorteil (den Nachteil hatte das Land). Das erklärt auch, warum Heinz Schaden als Beitragstäter zur Untreue Dritter, der Leute aufseiten des Landes nämlich, verurteilt wurde. In einem jüngst veröffentlichten Aufsatz wirft der Jurist und Rechtsgelehrte Heinrich Honsell nun eine grundsätzliche Frage auf: "Gibt es eine Beitragstäterschaft zu fremder Untreue durch Abschluss eines für den eigenen Vollmachtgeber vorteilhaften, aber für die Gegenseite ungünstigen Geschäfts?" Honsell lehrte Privatrecht an Universitäten in Österreich, Deutschland und der Schweiz, er ist emeritierter Professor für Schweizerisches Privatrecht an der Universität Zürich und Honorarprofessor für Handels- und Wirtschaftsrecht an der Universität Salzburg. "Lässt man die Beitragstäterkonstruktion zu, so macht sich der Angeklagte immer Beitrags- bzw. Bestimmungstäter", schreibt Honsell. "Auch im vorliegenden Fall hätte jemand auf die Idee kommen können, umgekehrt dem Vertreter der Stadt einen Vorwurf zu machen, wenn er die Möglichkeit, die Derivate ans Land abzugeben, nicht wahrgenommen hätte. Die Lage des strafbar, egal was er tut; auf der eigenen Seite ist er Täter, auf der anderen Angeklagten ist bei solchen Konstrukten prekär. Es heißt also frei nach Kierkegaard: ,Tu es also oder tu es nicht, du wirst beides bereuen'. Es gibt bei diesem Ansatz kein straffreies Alternativverhalten."

Michael   Nikbakhsh

Michael Nikbakhsh

war bis Dezember 2022 stellvertretender Chefredakteur und Leiter des Wirtschaftsressorts.