Proteste bei Gas-Konferenz in Wien
Wirtschaft

Europäische Gaskonferenz: Was wird dort diskutiert?

Vor der Konferenz wird protestiert – die Gaslobby deale sich hier die Zukunft aus. Aber was passiert dort wirklich?

Drucken

Schriftgröße

Jahrelang hat die europäische Gaskonferenz kaum jemanden interessiert. In Zeiten billigen Gas aus Russland trafen hier dessen Vertreter auf ihre europäischen Kunden. Einer der Vortragenden formuliert das treffend: „Ich habe gedacht, es wird, wie ein Familientreffen, aber es sind lauter neue Gesichter da.“*

Denn jetzt ist alles anders. Im vergangenen Jahr hat sich in der Gasbranche viel geändert: Krieg in der Ukraine, gedrosselte Lieferungen und die verzweifelte Suche nach Alternativen. Das Interesse vieler EU-Staaten an Energie war groß und die Bereitschaft mehr zu zahlen auch. Seitdem wird massiv in neue Infrastruktur investiert, neue Akteure haben das Feld betreten und Chancen werden gesehen. Anstatt russischer Gasvertreter sitzen nun kanadische und US-amerikanische Firmen auf den Podien.

Grundsätzlich nehmen an der exklusiven Konferenz große Energiefirmen, wie Total, Shell oder der heimischen OMV teil, genauso wie Vertreter aus Politik, Beratung und Finanz – es sind tatsächlich fast nur Männer. Das Ticket für die dreitägige Konferenz kostet mehrere tausend Euro. Dass manche Medienvertreter (die nicht bezahlen müssen) kurzerhand wieder ausgeladen wurde, sorgte für Unmut.

LNG als Energie der Zukunft

Auf der Konferenz ist die Linie klar: LNG (verflüssigtes Erdgas) wird die Energie der Zukunft. Sie wird den europäischen Energiemix dominieren, heißt es. Das zieht milliardenschwere Investitionen mit sich. Allein in Europa wurden im Vorjahr einige neue LNG-Terminals gebaut und die Industrievertreter wollen diese Entwicklung weiter voran treiben. Kurz gesagt: Es geht darum im Licht der Krise Pflöcke einzuschlagen - und zwar Infrastruktur für LNG zu bauen, die dann lange genützt wird.

Genau dagegen protestieren Aktivisten vor dem Wiener Hotel Mariott am Ring, in dem die Konferenz stattfindet. Es braucht einen Ausbau alternativer Energieformen anstatt massiver Investitionen in Infrastruktur für klimaschädliche Energieformen, heißt es etwa von Attac. Sie fordern einen Umstieg auf 100 Prozent erneuerbare Energien und eine deutliche Reduktion des Energieverbrauchs

Von diesen Vorschlägen kommt nur wenig in den Konferenzräumen an. Gas wird hier als notwendige Übergangsenergie gepriesen – eine durchaus umstrittene These. Es wird zwar auch diskutiert, wie man die Klimaziele einhalten kann. Wenig später beim runden Tisch kommt aber schnell die brennende Frage an einen Banker, ob seine Institution auch weiterhin Projekte für fossile Infrastruktur finanziert oder nicht?

Heute geht die Konferenz weiter – die Proteste vor der Türe auch.

*Bei der Veranstaltung gilt die Chatham House Rule. Inhalte dürfen weitergeben werden, aber es darf nicht die Identität von Konferenzteilnehmern, Rednern oder Gesprächspartnern genannt werden.

Clara Peterlik

Clara Peterlik

ist seit Juni 2022 in der profil-Wirtschaftsredaktion. Davor war sie bei Bloomberg und Ö1.