Eine Gruppe an Menschen stoßen mit halbvollen Bierkrügen an.
Bier-Bilanz

Warum österreichische Brauereien auf alkoholfreies Bier setzen

Null Promille boomt: Österreicher greifen immer öfter zum alkoholfreien Bier. Brauereien springen auf diesen Trend auf. Es ist einer der wenigen Hoffnungsmärkte in einer schrumpfenden Branche.

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Der Vollrausch ist out. Junge Menschen konsumieren Alkohol und Tabak bewusster oder verzichten gar gänzlich darauf. Dieses Phänomen schlägt sich auch in der Bilanz der österreichischen Brauereien nieder.

Selbst in klassisch bieraffinen Ländern wie Österreich, Deutschland oder Tschechien ist alkoholfreies Bier auf dem Vormarsch. Im Jahr 2023 war 3,3 Prozent des verkauften Biers in Österreich alkoholfrei – damit ist der Radler eingeholt, Tendenz deutlich steigend.

Großes Wachstumspotenzial für alkoholfreies Bier

Der Verband der Brauereien Österreichs sieht alkoholfreies Bier als einen wichtigen Zukunftsmarkt. Alkoholfreies Bier habe längst das Image abgelegt, kein „echtes Bier“ zu sein. Europäer trinken im Durchschnitt fünf Prozent alkoholfreies Bier gemessen an der Bierproduktion, in Deutschland sind es gar 7,6 Prozent.

Die Werte des Nachbarn gelten den Austro-Brauern als Vorbild. Für den Geschäftsführer der Interessenvertretung der Bierproduzenten, Florian Berger, sei es das Ziel, 28 Millionen Krügerl mehr an alkoholfreiem Bier zu verkaufen, um den europäischen Durchschnitt zu erreichen. Das wäre eine Verdoppelung. Denn im Vorjahr wurden 29 Millionen Liter alkoholfreies Bier eingebraut. Durch technische Fortschritte gelingt eine geschmackliche Annäherung an Bier mit Promille immer besser. 

Kaum eine Brauerei im Land kann es sich noch leisten, ohne ein alkoholfreies Produkt zu bestehen. Der Wachstumsmarkt ist umkämpft, die Marken tragen Namen wie “Luftikus” (Zwettler), “Freibier” (Stiegl) oder “Null komma Josef” (Ottakringer”). 

Karl Schwarz und Florian Berger von der Gesellschaft der österreichischen Brauwirtschaft

Bierwirtschaft zieht Bilanz: 9,98 Millionen Hektoliter wurden im Vorjahr ausgeschenkt

Karl Schwarz (Obmann und Zwettler-Eigentümer) und Florian Berger (Geschäftsführer)

Wobei: Ganz alkoholfrei sind diese Abfüllungen nicht. Die Hersteller geben einen Restalkohol von unter 0,5 Prozent an. Nur ganz wenige Anbieter wie Heineken - mit seinem “0,0” - versprechen wirklich gänzlich alkoholfrei zu sein.

Bierkonsum in Österreich insgesamt rückläufig

Die Brauereien haben ein ökonomisches Interesse an weniger Promille: Der Bierkonusm ging im vergangenen Jahr um drei Prozent zurück. Das wollen die rund 350 Braustätten in Österreich mit alkoholfreien Biersorten abfangen. Damit würden die Konsument:innen immerhin „in der Geschmackswelt von Bier“ bleiben, hofft Branchenvertreter Berger.

Die Brauwirtschaft spricht von „stabilem Bierdurst“, auch wenn die Absatzzahlen auf Vor-Pandemie-Niveau sanken. Dass weniger Bier verkauft wurde, liege vor allem daran, dass die „Zeit des Aufholens“ vorbei sei, sagt der der Obmann des Verbands der Bierproduzenten, Karl Schwarz, der Eigentümer der Privatbrauerei Zwettler (Niederösterreich) ist. 2022 wurden viele aufgrund der Pandemie versäumten Hochzeiten und Geburtstage nachgefeiert, ein direkter Vergleich sei also „schlicht unzulässig“.

Was die Vielfalt von Biersorten angeht, werden Fans von Craft-Beer jedoch enttäuscht: Österreich bleibt - konservativ - dem Lager- und Märzenbier treu. Einzige Ausnahme: Bockbier habe sich im Verkauf bemerkenswerter Weise im Vorjahr auf 38 Tausend Hektoliter verdoppelt.

Gastro-Krise betrifft kleine Brauereien

Teuerung, Personalmangel, rückläufige Umsätze: Bierbrauer sorgen sich um das Bestehen von Wirtshäusern. Laut Fachverband der Gastronomie gibt es heute 34 Prozent weniger Bierlokale und Pubs als vor zehn Jahren. „Im Vorjahr musste jeden zweiten Tag ein Lokal mit Bierkompetenz zusperren“, bedauert Obmann Schwarz.

Früher galt: Ein Drittel des Umsatzes verzeichneten Brauereien in der Gastronomie. Nun ist es nur mehr ein Viertel (von insgesamt 1,4 Milliarden Euro im Jahr 2023). Die Verschiebung des Bierkonsums in die eigenen vier Wände ist – vor allem für die keinen und mittleren Brauereien – eine schlechte Nachricht. Florian Berger erklärt, warum: Nicht alle Brauereien können in Flaschen oder Dosen abfüllen. Vor allem die kleinen Betriebe verfügen eher über Fass-Füllanlagen.

Supermärkte wichtigster Vertriebsweg für Bier

Weil immer mehr Bier zuhause getrunken wird, verlagert sich der Fokus der Brauereien auf die Supermärkte. „Der Einzelhandel ist der größte Vertriebskanal“, bestätigt Berger. Das ist auch Konzernen wie Spar oder Rewe bewusst. Weniger etablierte Bierhersteller müssen darum kämpfen, ihre Produkte ins Regal zu bringen. Diese Gefahr sieht der Geschäftsführer im profil-Gespräch nicht: Es sei im Interesse der Supermärkte, für eine „Durchmischung und Vielfalt“ der Marken zu sorgen.

Elena Crisan

Elena Crisan

Wenn sie nicht gerade für den Newsletter "Ballhausplatz" mit Politiker:innen chattet, schreibt sie im Online-Ressort über Wirtschaft und Politik.