Wirtschaft

Weizenpleite

Die hohen Getreidepreise lockten heimische Bauern an internationale Börsen. Eine ernüchternde Erfahrung.

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Der Weizen stand in voller Pracht auf den Feldern, als profil vor einigen Monaten drei Bauern im Weinviertel besuchte. Fast so hoch wie der Weizen war damals auch sein Preis. Dieser war durch den Krieg in der Ukraine, die blockierten Getreidelieferungen und die erwartete Knappheit in die Höhe geschnellt. Im Mai erreichte der Weizenpreis an der Pariser Börse mit 438 Euro pro Tonne seinen vorläufigen Höhepunkt, ein Jahr davor lag er noch bei 214 Euro. Je nach Kriegsgeschehen und Verhandlungen bewegt sich auch der Kurs. Derzeit kommt eine Tonne Weizen auf rund 330 Euro.

Angesichts der fulminanten Preisentwicklung haben auch österreichische Bauern überlegt, wie sie ihr Getreide anders und womöglich gewinnbringender verkaufen könnten. Das hat einige Bauern der Bauerngenossenschaft EGZ dazu bewogen, weniger in langfristigen Verträgen an die Lebensmittelindustrie in Österreich zu verkaufen, sondern Terminkontrakte direkt an der Börse abzuschließen. Dabei verpflichtet sich der Verkäufer, seine Ware zu einem festgelegten Preis zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft zu verkaufen. Doch das hatte, so sollte sich zeigen, seine Tücken.

Mittlerweile sind die Felder abgeerntet, der Weizen im Lager und die Qualität gemessen. Und da kam es zu ein paar Überraschungen: Der Proteingehalt des Weizens war teilweise zu niedrig für den internationalen Markt. Die Folge: Die Ware galt nicht als Premiumweizen und konnte nicht an die Börse geliefert werden.

Weil Dünger heuer drei Mal so viel kostet wie noch vor einem Jahr, versuchten viele Bauern zu sparen und weniger zu verwenden. "Bei jenen, die über die Pariser Börse verkauft haben, hat die Hälfte des gelieferten Getreides nicht die verlangten Proteinwerte erreicht",erzählt Erhard Denk, zuständig für die Finanzen der Bauerngenossenschaft EGZ. Sie mussten daher Deckungskäufe tätigen und Premiumweizen zum aktuellen Marktpreis von rund 400 Euro zukaufen, um dem Termingeschäft nachkommen zu können.

Krieg, Knappheit und Spekulation ließen die Weizenpreise steigen. 

Der Weizen, der die geforderten Proteinwerte nicht erreichte, kann als Mahlweizen zum aktuellen Preis verkauft werden. Im Sommer waren das um die 340 Euro. Das Problem: Die meisten Börsenverträge wurden bereits im Winter abgeschlossen, als der Kurs zwischen 250 und 300 Euro lag.

Der Ausflug an die internationale Börse war für die heimischen Bauern ernüchternd. Direkt nach der Ernte hätten sie ihren Weizen teurer verkaufen können als über die abgeschlossenen Terminkontrakte. Zudem mussten sie kostspielige Deckungskäufe machen. "Bis jetzt hat sich keiner der Bauern dazu entschieden, dieses Geschäft zu wiederholen", sagt Denk.

 

Christina   Hiptmayr

Christina Hiptmayr

ist Wirtschaftsredakteurin und Moderatorin von tauwetter, dem profil-Podcast zur Klimakrise.

Clara Peterlik

Clara Peterlik

ist seit Juni 2022 in der profil-Wirtschaftsredaktion. Davor war sie bei Bloomberg und Ö1.