Titelgeschichte

Die Magie des Meeres: Warum es uns so ans Wasser zieht

Seit jeher fühlt sich der Mensch von den Ozeanen angezogen. Warum Schwimmen die Lebensgeister weckt und das Hirn neu kalibriert, wie Surfen Süchte und Ängste kuriert, ein Aquarium Stress abbaut und weshalb Salzwasser tatsächlich pure Medizin ist.

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Oliver Sacks fühlte sich als „Kreatur des Wassers“. Der berühmte Neurologe, der mit faszinierenden Sachbüchern über die teils bizarren Eskapaden des Gehirns weltbekannt wurde, war leidenschaftlicher Schwimmer. Sacks konnte stundenlang durch das Meer oder einen See kraulen, überwand dabei mitunter Strecken von zehn Kilometern. Sein Vater hatte ihn mit dem Wasser vertraut gemacht, als er gerade eine Woche alt war – und bis zu seinem Tod im August 2015 blieb er ein „Water Baby“. Er schrieb, er sei süchtig nach dem Schwimmen. Es verändere seine Stimmung, vertreibe Ängste, bringe die Gedanken in Fahrt. Ganze Absätze formten sich wie von selbst in seinem Kopf, während er Armschlag um Armschlag vollführte. Er musste dann rasch ans Ufer, um die Einfälle zu notieren.

Im Wasser gebe es nichts als das „überwältigende Gefühl von totaler Immersion und Auftrieb“, meint der Journalist Henri Cole, der mit Sacks schwimmen ging. Die frühere Profischwimmerin und Autorin Bonnie Tsui streicht die „innere Ruhe“ hervor, die das Eintauchen ins Wasser erzeugt.* „Es entsteht ein momentanes Nichts“, so Tsui, „wir sind gänzlich befreit von der Schwere des Denkens“. Umschlossen von einer Hülle aus Wasser, gleite man in „sinnliche Isolation“. Es sei eine „Art des Verschwindens“, wie ein „Wurmloch, durch das wir der zermürbenden Maschinerie des Alltags entkommen“.

Viele Menschen empfinden ähnlich und sehnen sich nach einer kleinen Auszeit oder großen Sommerferien am Wasser. Sie fühlen sich angezogen vom Gurgeln eines klaren Baches, dem Glitzern eines Sees, vor allem aber vom Flair der Majestät unter den Gewässern, jenem des Meeres – dem tiefen Blau, der scheinbar unbegrenzten Weite, dem rhythmischen Rollen der Wellen, dem Takt der Brandung, dem Duft des Strandes. Für viele ist es belebend oder beruhigend, ins kühle Wasser zu springen, sich davon umfangen und tragen zu lassen und Momente völliger Ungestörtheit zu erleben. Und viele sind überzeugt, dass ein Aufenthalt am Meer nicht nur die Stimmung hebt, sondern auch der Gesundheit nützt.

Schon die Ägypter, Griechen und Römer schworen auf Badekuren zur Linderung von Rheuma und anderen Leiden und praktizierten frühe Formen dessen, was heute Thalassotherapie heißt: den Einsatz von Meerwasser für medizinische Zwecke. „Das Meer wäscht alle Übel ab“, befand der Dichter Euripides, und Hippokrates beobachtete: „Wer sich dem Meer öffnet, findet Anregung und Entspannung.“ Auch der römische Arzt und Anatom Galen propagierte die heilsame Wirkung von Meerwasser. Im 17. und 18. Jahrhundert

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Alwin   Schönberger

Alwin Schönberger

Ressortleitung Wissenschaft