Erdbeben in der Türkei und Syrien
Erdbeben

Türkei/Syrien: Warum folgen dem verheerenden Erdbeben so viele Nachbeben?

Die Zahl der Todesopfer steigt und steigt – und die Gefahr starker Nachbeben ist noch lange nicht gebannt.

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 „Die Wahrscheinlichkeit besteht noch für Wochen und Monate“, sagte der Risikoforscher Ilan Kelman im Fachblatt „Nature“. Warum ist die Region im Grenzgebiet zwischen der Türkei und Syrien derart betroffen?

Ungewöhnlich: Zwei Beben über 7

Dass auf ein starkes Erdbeben kleinere Erschütterungen folgen, ist normal. Das liegt an den tektonischen Platten unter der Erdoberfläche, die sich ineinander verhaken. Bricht so eine Stelle, erhöht das die Wahrscheinlichkeit, dass sich auch andere Verhakungen lösen.

Dem Beben am 6. Februar in der Früh in der Nähe der anatolischen Provinzhauptstadt Gaziantep folgte allerdings wenige Stunden später ein fast ebenso starkes Beben 95 Kilometer weiter nördlich. Das erste erreichte die Stärke 7,8, das zweite 7,6 (zuerst war man von 7,5 ausgegangen). In den Tagen danach folgten mehr als 100 Erschütterungen, teils mit Stärken über 5 auf der Richterskala. Der United States Geological Survey führt hier rund um die Uhr Buch.

Viele Bruchstellen

Der Grund für die schweren Nachbeben liegt in der Lage der betroffenen Region: der ostanatolischen Störungszone. Hier reiben sich die anatolische und die arabische Platte aneinander und bilden anstatt einer Verwerfungslinie ein ganzes Geflecht von Verwerfungen. Es bebte also nicht nur entlang einer Bruchlinie, sondern mindestens an einer zweiten. Die Folge: Auch das schwere Nachbeben könnte weitere schwere Erschütterungen nach sich ziehen.

Keine Entwarnung, auch wenn die Beben schwächer werden

„Ein Nachbeben richtet oft Schaden an, der in keinem Verhältnis zur seiner Stärke steht, weil Gebäude bereits in einem schwächeren Zustand sind", sagt der britische Seismologe Roger Musson in einem Interview mit dem Radiosender Deutsche Welle. Das gilt besonders für die betroffenen Gebiete in Syrien, deren Gebäude durch den elf Jahre wütenden Bürgerkrieg schon vor dem Beben in schlechtem Zustand waren. Aber auch in Anatolien ist die Lage katastrophal: Zwar hatte die türkische Regierung nach dem schweren Beben von Izmit 1999 mit mehr als 17.000 Toten eine neue Bauverordnung erlassen – die meisten aktuell betroffenen Gebäude sind aber älter.

Franziska   Dzugan

Franziska Dzugan

schreibt für das Wissenschaftsressort und ist Moderatorin von tauwetter, dem profil-Podcast zur Klimakrise.