profil 29/1994: „Ich habe geraucht. Die Droge Haschisch.“
Goldene Neunzigerjahre: Die Berliner Mauer war gefallen, das Waldsterben vergessen und profil am österreichischen Magazin-markt konkurrenzlos. Man konnte sich also zwischen Waldheim und Groër, Balkan- und Golfkriegen auch einmal etwas Zurückgelehnteres, Zeitgeistiges leisten, und voilà: Die Ausgabe vom 18. Juli 1994 bescherte uns ein Glanzstück des Edelboulevardjournalismus. profil ließ eine stattliche Runde prominenter Zeitgenossinnen und -genossen auf dem Cover ein Bekenntnis abgeben: „Ich habe geraucht.“ Und zwar „die Droge Haschisch“.
Inspiriert war das Titelbild wohl weniger von einem Zug an der illegalen Zigarette als von einem legendären Titelblatt des „Stern“ aus den frühen 1970er-Jahren („Wir haben abgetrieben!“). Als Anlass wurde eine „schwelende“ Debatte über die österreichische Drogenpolitik angegeben, die zwischen Repression und Liberalisierung noch klar zu Ersterer tendierte.
Ein fünfköpfiges Reporterteam machte sich also auf die Spur des „von der Gesellschaft geächteten Teufelskrauts“, sprach mit Züchtern, Konsumenten und Aktivisten, berichtete von klandestin kreisenden Joints am SPÖ-„Kanzlerfest“ und hinterfragte die Sinnhaftigkeit der österreichischen Judikatur, die bei Cannabis wenig Einsehen hatte: „Ein 16-Jähriger, das ist das Fazit der rechtlichen Lage, darf Alkohol in jeder gewünschten Menge konsumieren, macht sich aber durch den Genuss einer einzigen Haschisch-Zigarette strafbar.“
Trotzdem erzählten Prominente wie Stefanie Werger, Peter Pilz oder Dominic Heinzl furchtlos von ihren persönlichen Cannabis-Erfahrungen. Die meisten der von profil Befragten hatten das Zeug „vor langer Zeit“ „ein- oder zweimal probiert“ (und anders als der 1992 diesbezüglich wesentlich vorsichtigere Bill Clinton sogar inhaliert) – aber kaum jemand hatte eine größere Passion daraus gemacht. Stellvertretend hier die Erinnerungen von ORF-Moderator Alfons Haider: „Ich habe es vor Jahren in den USA ein einziges Mal probiert. Geschafft habe ich aber nicht einmal einen Zug. Dann bekam ich einen Hustenkrampf.“
Ein Servicekasten – äußerst beliebtes magazinjournalistisches Format jener Zeit – versprach unter dem Titel „Afghane, Türke, Libanese“ Abhilfe: „Der ‚schwarze Afghane‘, meist in rotes Zellophan verpackt, ist mild im Geschmack und kratzt nicht im Hals.“ Der Kasten kam wohlweislich mit einer Einschränkung daher: „profil hält mit der vom Gesetz gebotenen Deutlichkeit fest, dass Drogenbesitz nach dem Suchtgiftgesetz verboten ist. Dieser Artikel ist keine Aufforderung, die beschriebenen Produkte zu suchen, zu konsumieren oder sonst wie gutzuheißen.“
Rein theoretisch musste außerdem festgestellt werden, dass das in Österreich üblicherweise verfügbare Zeugs sowieso nicht zu gebrauchen ist: „Im illegalen Großhandel kursiert vor allem der gemeine ‚braune Marokkaner‘ – für echte Haschisch-Feinspitze ein kümmerliches Angebot. Ein qualitätsbewusster Raucher leidet darunter ungefähr so wie ein Weinliebhaber unter einem Doppler mit dem Namen ‚Roter Musketier‘.“ Goldene Neunzigerjahre!