„Kurzfristige Unannehmlichkeiten“

Proteste in Hongkong: „Kurzfristige Unannehmlichkeiten“

Proteste. Die Forderungen der Demonstranten in Hongkong und die Reaktion chinesischer Politiker im Wortlaut

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Anna Giulia Fink und Ines Holzmüller

„Rührend“ sei die Art, wie die Demonstranten sich umeinander kümmern, beschreibt Astrid van der Geest, niederländische Austauschstudentin an der Universität von Hongkong, im Gespräch mit profil am vergangenen Mittwoch die Stimmung in der asiatischen Wirtschafts- und Finanzmetropole. Am vergangenen Freitag hielten die Proteste bereits seit einer Woche an. Entzündet hatten sie sich an den Beschlüssen des Pekinger Volkskongresses, 2017 zwar erstmals eine direkte Wahl in Hongkong zu erlauben, den Wählern aber trotzdem eine freie Nominierung der Kandidaten zu verweigern. Was treibt die Menschen in Hongkong auf die Straße, wie reagiert die Bevölkerung auf die Demokratieforderungen der jungen Demonstranten und wie fällt die Reaktion Chinas aus? Eine Rekonstruktion in Zitaten.

„Die Leute singen, spielen, lernen. Es ähnelte mehr einem Festival als einer Demonstration. Unzählige spenden Wasser und Essen, mehr als überhaupt gebraucht wird. Wenn ich durch die Ansammlung von Menschen gehe, mit meiner gelben Schleife, dem Symbol der Demonstranten, an meinem Gewand, danken mir viele, dass ich da bin.“
Rick Huisman, niederländischer Austauschstudent an der Universität von Hongkong, am vergangenen Mittwoch gegenüber profil

„Keine Party, ein Protest!“
Straßenschild in Hongkong

„Viele Menschen haben Angst, dass die Bewegung zunehmend verschwimmt. Weil ich vermehrt nach den nächsten Schritten gefragt wurde, wiederhole ich unsere drei Hauptziele: Leung Chun-ying seines Amts zu entheben, für die freie Nominierung zu kämpfen, und Peking zur Rücknahme der Entscheidung zu bringen.“
Der 17 Jahre alte Joshua Wong, Gründer der Studentengruppe „Scholarism“ und eines der prominentesten Gesichter der „Regenschirm-Revolution“, auf Twitter

„Wir glauben nicht, dass wir die Regierung mit unseren Worten überzeugen können. Die Regierung ist nur zu Zugeständnissen bereit, wenn sich Unruhe in der Gesellschaft breit macht.“
Protestführer Wong beschreibt seine Strategie

„Wir demonstrieren für ein Recht, das uns zustehen sollte. Nicht mehr und nicht weniger.“
Benny Tai, Mitbegründer von Occupy Central, der größten Protestbewegung

„Ich hoffe, jeder versteht, dass wir Hongkong mit dem, was wir tun, nicht schaden wollen. Mit dieser kurzfristigen Unannehmlichkeit hoffen wir ein System zu fördern, das fairer ist.“
Chan Kin-man, Mitbegründer von Occupy Central, gegenüber Journalisten

„Ehrlich gesagt denke ich, dass viele der Demonstranten naiv sind in ihrer Hoffnung, dass China seine Politik verändern wird, das wird es nicht. Und nicht jeder in Hongkong unterstützt die Proteste, mit den zahlreichen Straßensperren, werden die Unannehmlichkeiten für die Bewohner immer größer.“
Rick Huisman, niederländischer Austauschstudent an der Universität von Hongkong, am vergangenen Mittwoch gegenüber profil

„Es ist rührend, wie sich die Protestierenden umeinander kümmern. Wenn ich durch die Menge spaziere, fragt mich jede Minute jemand, ob ich durstig bin, oder etwas brauche, um meinen Kopf zu kühlen.“
Astrid van der Geest, niederländische Austauschstudentin an der Universität von Hongkong, am vergangenen Mittwoch im Gespräch mit profil

„Was in Hongkong geschieht, spiegelt auch die Zukunft Chinas wider.“
Der chinesische Dissident und Künstler Ai Weiwei am vergangenen Montag gegenüber dem Sender CNN

„Lasst es nicht zu einem zweiten Tian’anmen-Massaker in Hongkong kommen. Die ganze Welt schaut zu.“
Offener Brief von Edward Chin an die chinesische Führung. Hinter dem Hedgefonds-Manager, der sich Occupy Central angeschlossen hat, sollen weitere 80 finanzkräftige Geschäftsmänner stehen.

„Ich glaube nicht, dass wir das länger als zwei Wochen durchhalten können.“
Ein 26-jähriger Demonstrant im Hongkonger Einkaufsviertel Causeway Bay gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters.

„Die Gründer von Occupy Central haben wiederholt versprochen, dass sie die Bewegung auflösen, sobald sie außer Kontrolle gerät. Ich fordere sie nun auf, das Versprechen, das sie der Gesellschaft gegeben haben, einzuhalten, und diese Kampagne zu stoppen.“
Hongkongs Regierungschef Leung Chun-ying am vergangenen Dienstag

„Wenn in Hongkong ein Problem auftaucht, sollte unsere Polizei in der Lage sein, es selbst zu lösen. Wir brauchen die Volksbefreiungsarmee nicht.“
Regierungschef Leung auf die Frage nach der Hilfe vom Festland

„Wir glauben an die Fähigkeit der Regierung in Hongkong, mit dem Thema umzugehen, und unterstützen sie dabei.“
Hua Chunying, Sprecherin des chinesischen Außenministeriums in Peking, bei einer Pressekonferenz am Montag

„Das chinesische Mutterland der Menschen in Hongkong ist die einzige Seite, die auch tatsächlich auf die Stimme Hongkongs hören wird. Hongkongs Landsleute am Festland sind die Einzigen, die ihren Sorgen und Forderungen Priorität einräumen. Niemandem ist die Zukunft Hongkongs wichtiger als dem chinesischen Volk, und niemand hat mehr Interesse an Stabilität und Wohlstand für Hongkong als die chinesische Regierung. Die Menschen sind froh darüber, dass der Großteil der Bevölkerung in Hongkong die Entscheidungen der Zentralregierung willkommen heißt und unterstützt.“
Die chinesische staatliche Tageszeitung „Volkszeitung“ in einem Artikel von vergangenem Montag

„Als Bewohner des chinesischen Festlandes stimmt uns das Chaos in Hongkong vom vergangenen Sonntag traurig. Radikale Kräfte der Opposition tragen die Verantwortung dafür. Die radikalen Aktivisten sind zum Scheitern verdammt. Die Opposition weiß genau, dass es unmöglich ist, Entscheidungen der Regierung über die politische Reform in Hongkong zu verändern.“
Die chinesische englischsprachige Tageszeitung „Global Times“ am vergangenen Montag

„Das einzige, das ,Occupy Central‘ tatsächlich erreicht hat, ist Hongkong als Geisel zu halten und das tägliche Leben der normalen Hongkonger zum Erliegen zu bringen.“
Robert Chow, Oberhaupt der Silent Majority Group, die sich gegen die Occupy-Central-Bewegung ausspricht, gegenüber dem britischen „Guardian“

„Ich werde nicht zurücktreten.“
Kurz vor Ablauf des Ultimatums der Studenten lehnte Regierungschef Leung Chun-ying am Donnerstag eine Amtsniederlegung noch einmal ausdrücklich ab.

„In grundsätzlichen Fragen gibt es keinen Raum für Kompromisse.“
Das kommunistische Parteiorgan „Volkszeitung“

„Die Sonne geht auf wie immer.“
Zhang Xiaoming, einer der obersten Gesandten der chinesischen Regierung in Hongkong, am vergangenen Mittwoch auf die Frage lokaler Medien, was er von den Protesten halte.