Was nun, Obama? Präsident ohne Mehrheit

Debakel für Demokraten bei US-Kongresswahlen: Republikaner gewinnen Senat

USA. Debakel für Demokraten bei US-Kongresswahlen: Republikaner gewinnen Senat

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Nach den Kongresswahlen ordnen sich die Machtverhältnisse in Washington neu. Vom Totalstillstand bis zu einem neuen Kompromiss-Zeitalter scheint alles möglich. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick:

Was ist bei den Kongresswahlen passiert?

Genau das, was die Umfragen vorhergesagt haben. Die Republikaner haben die Mehrheit im Senat zurückerobert. Zugleich bleiben sie die stärkste Partei im Repräsentantenhaus. Damit sind künftig erstmals seit acht Jahren beide Kongresskammern wieder in der Hand der Konservativen. Für die Demokraten von Präsident Barack Obama ist es ein Debakel.

Gab es Überraschungen?

Kaum. Allerdings haben die Demokraten sogar in Staaten schlecht ausgesehen, in denen sie üblicherweise stark sind. Darunter Virginia oder New Hampshire. Außerdem muss Louisiana am 6. Dezember in die Verlängerung gehen. In dem Südstaat muss ein Kandidat mehr als 50 Prozent der Wählerstimmen gewinnen. Dies gelang keinem.

Wie kam es zu den Verlusten der Demokraten?

Bei der Kongresswahl in der Mitte von zwei Präsidentenwahlen, den sogenannten "Midterms", bekommt meist die Regierungspartei einen Denkzettel verpasst. Da geht es jetzt Obama nicht viel anders als seinen Vorgängern George W. Bush oder Bill Clinton. Hinzu kommt, dass Obama mittlerweile beim Volk sehr unbeliebt ist. Viele trauen ihm nicht mehr zu, noch irgendetwas bewegen zu können.

Was bedeutet das Resultat konkret?

Die Partei von US-Präsident Barack Obama, die Demokraten, haben im Kongress nichts mehr zu sagen. Damit können nur noch die Republikaner Gesetze durch das Parlament bringen. Für den Präsidenten bedeutet, er muss Kompromisse eingehen oder mit einer Totalblockade rechnen.

Herrschte vorher nicht auch schon politischer Stillstand?

Im Kern ja. Weil die Republikaner seit 2010 das Repräsentantenhaus beherrschten, konnten sie bereits nahezu alle Initiativen der Demokraten blockieren. Gesetze müssen stets wortgleich in beiden Kammern verabschiedet werden. Doch die Senatsmehrheit verschaffte Obama einige Freiräume, die er nun auch verloren hat.

Was ändert sich im Detail?

Der Senat ist für Personalentscheidungen verantwortlich. Wenn Obama einen Minister, Bundesrichter oder Botschafter ernennt, muss er vom Oberhaus bestätigt werden. Dabei kommt er nun nicht mehr an den Republikanern vorbei. Die erste Nagelprobe kommt schon bald, da ein Nachfolger für Justizminister Eric Holder gefunden werden muss.

Worauf muss sich Obama noch gefasst machen?

Der Kongress legt den Staatshaushalt fest, den der Präsident zum Regieren braucht. Auch da ist er jetzt weitgehend von der Opposition abhängig. Will er zudem Herzensanliegen wie eine Einwanderungsreform umsetzen, wird er Abstriche von seinen Vorstellungen machen müssen.

Hat das auch außenpolitische Folgen?

Nicht direkt, da die Außen- und Verteidigungspolitik die Domäne des Weißen Hauses ist. Doch Obama wird nicht einfach am Parlament vorbei handeln können. Internationale Abkommen müssen im Kapitol bestätigt werden. Auch Kriege kann offiziell nur der Kongress erklären. Zudem werden einflussreiche Ausschüsse künftig von Republikanern geleitet.

Haben die Republikaner denn jetzt freie Fahrt?

So einfach ist das nicht. Erstens haben die Demokraten im Senat immer noch mehr als 40 der 100 Sitze - und damit eine Sperrminorität. Gesetze können wegen der Geschäftsordnung nur mit Zustimmung von 60 Senatoren verabschiedet werden. Zweitens kann Obama gegen jeden Vorstoß aus dem Kongress ein Veto einlegen. Die Frage ist, ob er seine letzten zwei Jahre im Amt als Blockierer fristen will.

Ist damit ein politischer Stillstand unausweichlich?

Viel schlimmer, als es wegen der Machtverteilung im Kongress ohnehin schon war, kann es kaum kommen. Obama könnte sich weiter darauf versteifen, mithilfe von Erlassen zu regieren. Die haben zwar nicht die Bindekraft von Gesetzen, können aber dennoch viel ausrichten. Vor allem in der Umwelt-, Bildungs- und Einwanderungspolitik setzte er sie bisher häufiger ein. Der große Wurf wird ihm damit aber nicht mehr gelingen.

(APA/Red.)