Drei Lehren aus Fukushima

Jahrestag. Unbequeme Wahrheiten haben in der Öffentlichkeit nichts zu suchen

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Von Felix Lill, Tokio

Am 11. März jährt sich Japans Jahrhundertkatastrophe zum dritten Mal. An diesem Tag im Jahr 2011 bebte zuerst die Erde mit der extrem seltenen Stärke neun, danach brachen mehr als 20 Meter hohe Wellen über die Ostküste herein. Dabei wurde auch das am Wasser gelegene Atomkraftwerk Fukushima Daiichi beschädigt, vier von sechs Reaktoren wurden zerstört, es kam zu Kernschmelzen. Seitdem ringt Japan mit dem Vermächtnis der schwersten atomaren Katastrophe seit Tschernobyl. Drei Thesen zum dritten Jahrestag des Super-GAUs in Fukushima:

1. Unbequeme Wahrheiten haben in der Öffentlichkeit nichts zu suchen.

Nicht nur der Kraftwerksbetreiber Tepco, auch die japanische Regierung - Mehrheitseigentümerin von Tepco - hat die Öffentlichkeit mehrmals getäuscht, wenn es um Pannen in der Atomruine ging, bei denen Radioaktivität austrat. Rund 300.000 Menschen verließen damals das Katastrophengebiet, 15.000 Betroffene reichten eine Klage gegen Tepco ein. Vergangenen September entschied die Staatsanwaltschaft jedoch, keine Anklage zu erheben.

2. Der Wille der Bürger zählt auch dann nicht, wenn er klar formuliert ist.

In Umfragen spricht sich die Mehrheit der Japaner seit Beginn der Nuklearkatastrophe gegen die Atomkraft aus. Die regierende liberaldemokratische Partei, erklärte Atom-Befürworterin, tut dies mit folgendem Argument ab: Atomkraft sei zwar unbeliebt, höhere Strompreise wolle aber schließlich auch niemand bezahlen. Um mögliche Misserfolge zu vermeiden, konzentriert sich die Regierung lieber auf Außen- und Wirtschaftspolitik, in der Energiepolitik bleibt sie eher kleinlaut.

3. Wie unsicher bestimmte Gebiete Japans sind, ist kaum bekannt - und soll geheim bleiben.

Tepco, die Regierung und auch die Weltgesundheitsorganisation betonen, dass die Kernschmelzen von Fukushima keinen einzigen Strahlentod verursacht hätten. Aber: "Wir sind noch in der Latenzzeit für entsprechende Krankheiten“, sagt der US-Historiker Robert Jacobs, der an der Hiroshima City University zu den Auswirkungen von Atomtests forscht. Die radioaktive Strahlendosis, die auf Grundlage der Atombombe von Hiroshima 1945 als gesundheitlich unbedenklich gilt, wird mittlerweile wissenschaftlich angezweifelt. Die internationale Ärzteorganisation Ippnw warf der japanischen Regierung vor, die Untersuchung möglicher strahlenbedingter Erkrankungen zu unterbinden.

Link: Nuklearkatastrophe von Fukushima auf Wikipedia.de