Flüchtlinge in Patras

Eine neue Mittelmeerroute

Seit der Weg über den Balkan schwierig geworden ist, versuchen immer mehr Flüchtlinge und Migranten, von Griechenland mit Fähren nach Italien zu gelangen.

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Rachid sitzt im Schatten unter einer Palme, wie jeden Tag um die Mittagszeit. Etwas weiter die Strandpromenade hinunter liegt der Grund dafür, dass er hier ist: der Hafen der griechischen Stadt Patras. Seit drei Monaten ist der 25-jährige Algerier schon in Griechenland - und seither will er weg.

Während die Balkanroute als nahezu geschlossen gilt, versuchen Männer wie Rachid, auf anderen Wegen nach Norden zu kommen. Rund 500 dürften es sein, die in Patras an der griechischen Westküste ausharren. Sie versuchen, sich in einem der Lkw zu verstecken, die hier hinter hohen Metallzäunen darauf warten, auf Schiffe nach Italien verladen zu werden. "Lieber sterbe ich im Mittelmeer, als dass ich nach Algerien zurückgehe“, sagt Rachid, der seinen echten Namen nicht in der Zeitung lesen will: "Wir stecken hier fest. Wir finden keine Arbeit, es gibt viele Probleme, auch mit der Polizei.“

Keine NGOs

Vor etwas mehr als einer Woche brach eines der aufgelassenen Lagerhäuser am Rande des alten Hafens, in denen Flüchtlinge und Migranten Unterschlupf suchen, zusammen und begrub einen Algerier unter sich. Rachid sagt, er sei gerade auf dem Weg zu dem Haus gewesen, als es einstürzte. Er habe den Mann gekannt. In den baufälligen Hallen sind die Männer auf sich gestellt. Sie fallen nur auf, wenn es Raufereien gibt. NGOs gibt es hier keine; die griechischen Anrainer versuchen, die Gegend in der Dunkelheit zu meiden.

Rund 50.000 Menschen harren in Griechenland aus, seit die Balkanroute geschlossen wurde und der Deal mit der Türkei in Kraft tat. In den vergangenen Monaten ist die Zahl der Asylsuchenden, die über die Ionische See nach Italien zu gelangen versuchen, stark gestiegen, bestätigt Dimitrios Kyriakoulopoulos, der lokale Chef der Küstenwache. Im April entdeckten seine Mitarbeiter 135 Menschen, die sich in Lkw gezwängt hatten. Im Juli waren es 327, also mehr als doppelt so viele: alles Männer, darunter viele unbegleitete Minderjährige, die meisten aus Afghanistan, Pakistan und dem Irak.

Rachid hat es bereits fünf Mal probiert. Genauso oft erwischte ihn die Küstenwache. Er fuhr mit einem Schlepperboot über die Türkei nach Griechenland, aber eigentlich will er nach Frankreich. Allmählich kommen ihm aber Zweifel, ob es noch mit einem Schiff aus Griechenland nach Bari, Triest oder Venedig klappen wird, sagt er: "Vielleicht versuche ich es dann über Albanien.“