Staatsanwaltschaft: Copilot brachte Airbus vorsätzlich zum Absturz

Der Copilot der verunglückten Germanwings-Maschine hat nach Erkenntnissen der Ermittler den Sinkflug selbst ausgelöst und so den Airbus absichtlich zum Absturz gebracht.

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Der Kopilot der in den französischen Alpen zerschellten Germanwings-Maschine hat den Airbus mit 150 Menschen an Bord mit Absicht auf Todeskurs gebracht. "Es sieht so aus, als ob der Kopilot das Flugzeug vorsätzlich zum Absturz gebracht und so zerstört hat", sagte Staatsanwalt Brice Robin am Donnerstag in Marseille.

Der 28-Jährige sei zu dem Zeitpunkt allein im Cockpit und der Pilot aus der Kabine ausgesperrt gewesen, sagte Robin. Warum der Mann die Maschine in die Katastrophe steuerte, ist unklar. Hinweise auf einen Terrorakt gibt es laut Ermittlern und deutschem Innenministerium nicht. Lufthansa-Chef Carsten Spohr sprach in Köln vom "furchtbarsten Ereignis in unserer Unternehmensgeschichte". Germanwings ist ein Tochterunternehmen des Konzerns.

Die Ermittler hatten seit Mittwoch die Aufnahmen des Stimmenrekorders ausgewertet. Schreie von Passagieren sind erst in den letzten Sekunden vor dem Aufprall zu hören. An der Absturzstelle bargen Rettungskräfte die ersten Opfer. Vielerorts in Deutschland versammelten sich Menschen zu einer Schweigeminute für die 150 Insassen, von denen 72 Deutsche waren.

Ermittlungen wegen eines Tötungsdeliktes

Die Staatsanwälte erwägen nun Ermittlungen wegen eines Tötungsdeliktes gegen den 28-Jährigen, der aus Montabaur in Rheinland-Pfalz stammte. Der Pilot hatte nach den neuesten Erkenntnissen das Cockpit verlassen, um auf die Toilette zu gehen, und das Kommando seinem Kollegen übergeben. Als er zurück ans Steuer wollte, habe er die automatisch verriegelte Kabinentür nicht mehr öffnen können, schilderte der Staatsanwalt.

Die plausibelste Deutung gehe dahin, dass der Kopilot vorsätzlich verhindert habe, dass die Tür geöffnet werde. Auf Ansprache des Towers habe der Mann nicht reagiert. Ein Notruf sei nicht abgesetzt worden. Lufthansa-Chef Spohr erläuterte, dass es für den Notfall einen Sicherheitsmechanismus in der Kabinentür gebe: Dafür ist von außen ein spezieller Code einzugeben - kommt keine Antwort, öffnet sich die Tür. Der Kollege im Cockpit könne dies aber blockieren.

Der Name des Kopiloten wurde mit Andreas Lubitz angegeben. Bekannt war bereits, dass der Mann seit 2013 Kopilot bei Germanwings war. Davor hatte er laut Spohr aber schon seit etlichen Jahren für den Konzern gearbeitet, auch als Flugbegleiter. Vor sechs Jahren habe es eine mehrmonatige Unterbrechung der Pilotenausbildung gegeben, danach sei die Eignung des Mannes nach allen Standards überprüft worden. "Er war 100 Prozent flugtauglich. Ohne jede Auffälligkeit", sagte Spohr.

Pilot habe "vorbildlich gehandelt"

Dem Piloten selbst sei kein Fehlverhalten vorzuwerfen, er habe "vorbildlich gehandelt". Spohr betonte: "Wir haben volles Vertrauen in unsere Piloten. Sie sind und bleiben die besten der Welt." Er sagte auch: "Wenn ein Mensch 149 Menschen mit in den Tod nimmt, ist das ein anderes Wort als Selbstmord."

Der Stimmenrekorder hatte laut Robin bis zuletzt schweres Atmen aus dem Cockpit aufgezeichnet, gesagt habe der Kopilot nichts mehr. In den letzten Minuten, bevor der A320 an einer Felswand zerschellte, hätten der ausgesperrte Kapitän und die Crew von außen gegen die Cockpit-Tür gehämmert. In den ersten 20 Minuten nach dem Start haben sich Pilot und Kopilot demnach ganz normal unterhalten.

Der zweite Flugschreiber sei noch nicht gefunden, sagte Robin. Die Bergung und Identifizierung der Opfer könne in dem unwegsamen Gelände mehrere Wochen dauern. Die aus Düsseldorf und Barcelona angereisten Hinterbliebenen hatte er vor der Pressekonferenz informiert. Die Erkenntnisse lösten Bestürzung aus. Der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy schrieb auf Twitter: "Ich bin erschüttert."

Der Airbus mit der Flugnummer 4U9525 war am Dienstag auf dem Weg von Barcelona nach Düsseldorf, als er über Südfrankreich minutenlang an Flughöhe verlor und am Bergmassiv Les Trois Eveches zerschellte.

Angehörige der Opfer landeten am Donnerstag auf dem südfranzösischen Flughafen Marseille-Provence. Die rund 50 Angehörigen waren in der Früh von Düsseldorf aus gestartet, um in die Nähe des Absturzortes zu gelangen. Mit an Bord des Airbus A321 reiste auch ein Betreuer-Team aus Seelsorgern, Ärzten und Psychologen. Auch aus Barcelona wurde ein Flieger mit Angehörigen spanischer Opfer erwartet.

Nach Angaben des Marseiller Staatsanwalts sind auch die Angehörigen von Pilot und Kopilot an den Absturzort gereist. "Aber wir haben sie nicht mit den anderen Familien zusammengebracht."

Die Bergung der weiteren Leichen könnte nach Angaben der Gendarmerie zehn oder 15 Tage dauern. Das sagte ein Sprecher in Seyne-les-Alpes. Die geborgenen Leichen würden in einem in der Nähe provisorisch eingerichteten Labor auf ihre Identität untersucht. Mehr als 30 DNA-Spezialisten und Rechtsmediziner arbeiten an der Identifizierung.