George Simion am 8. Mai in Bukarest

Bekommt Rumänien am Sonntag einen Mini-Trump?

Am Sonntag könnte in Rumänien erstmals ein Rechtsradikaler bei den Präsidentschaftswahlen siegen. Dazu beitragen wird die weit verzweigte Diaspora – auch in Österreich.

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George Simion sitzt in einem prunkvollen Saal im rumänischen Parlament, dem größten Gebäude Europas. Nach dem Pentagon, dem Verteidigungsministerium der USA, ist es sogar das Zweitgrößte der Welt, erzählt der 38-Jährige stolz. Sein Besucher, der australische Podcaster und Crypto-Unternehmer Mario Nawfal, ist sichtlich beeindruckt. 

Er vergleicht die EU mit der Sowjetunion 

Nawfal, ein Protegé des US-Milliardärs Elon-Musk, hat auf dem Kurznachrichtendienst „X“ über zwei Millionen Follower. Für seine Talkshow hat er schon den belarussischen Diktator Alexander Lukaschenko, den rechtsnationalistischen russischen Philosophen Alexander Dugin und zuletzt auch den serbischen Präsidenten Aleksandar Vučić interviewt. Kritische Nachfragen stellt Nawfal selten. In seiner Show können Diktatoren oder Verschwörungstheoretiker ungefiltert sagen, was sie glauben. So auch Simion, ein ehemaliger Fußball-Hooligan und Gründer einer rechtsextremen Partei, der gute Chancen hat, an diesem Sonntag zum Präsidenten von Rumänien, dem sechsgrößten Staat der EU, gewählt zu werden. 

Rumänien wolle keine „Kolonie“ mehr sein, sagt Simion in dem Talk mit Nawfal. Europa drohe ein „Krieg“ mit den USA. Simion spricht über den Deep State, angeblich gesteuert vom US-Milliardär George Soros. Dieser hätte auch Zugriff auf die Gerichte in Rumänien, Bulgarien und anderen Staaten. 

„Hitler hat verloren. Stalin hat verloren. Auch die EU, die eine neue Sowjetunion ist, wird zerbrechen“, sagt er. Und: „Wir wollen das Feuer, das in unseren Herzen ist, in jedes Parlament der 27 Mitgliedsstaaten in Europa tragen. Und dann, am Ende, die Macht von den Globalisten und von George Soros übernehmen.“ 

Politisch gesehen ist Simion ein Newcomer. 2019 gründete er die rechtsextreme Allianz für die Vereinigung der Rumänen (AUR). Der Name ist Programm, denn bis heute strebt die AUR eine Vereinigung mit dem Nachbarn Moldau an. Vor wenigen Monaten hätte sich wohl niemand ausgemalt, dass es der Vorsitzende einer solchen Partei in die Stichwahl zum Präsidenten schafft. Dass es so weit kam, hat mit der Festnahme eines noch radikaleren Kandidaten im November zu tun – und mit der Kurzvideo-App TikTok. Aber der Reihe nach. 

Franziska Tschinderle

Franziska Tschinderle

schreibt seit 2021 im Außenpolitik-Ressort. Studium Zeitgeschichte und Journalismus in Wien. Schwerpunkt Südosteuropa / Balkan.