Israel holte Hunderte Weißhelme und deren Familien aus Syrien

Kanada, Deutschland und andere Staaten wollen mit Friedensnobelpreis ausgezeichnete Ersthelfer aufnehmen.

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In einer ungewöhnlichen Rettungsaktion hat Israel mehrere hundert syrische Weißhelme und ihre Familien vor den heranrückenden Regierungstruppen im Süden des Landes in Sicherheit gebracht.

Wie Israel und Jordanien am Sonntag mitteilten, wurden rund 800 Mitglieder der syrischen Hilfsorganisation und ihre Angehörigen nach Israel geholt und dann nach Jordanien gebracht. Später schrieb der jordanische Außenminister Ayman Safadi auf Twitter jedoch, dass die Zahl 422 betrage.

Während Kanada die Aufnahme von 50 Ersthelfern zusagte, will der deutsche Innenminister Horst Seehofer nur acht samt Familien aufnehmen. Die jordanische Nachrichtenagentur "Petra" hatte zunächst berichtet, es seien 800 syrische Zivilisten gerettet worden. Jordanien habe ihre Durchreise genehmigt.

Die Weißhelme seien durch das Vorrücken der Truppen von Machthaber Bashar al-Assad im Süden Syriens bedroht gewesen, berichtete der israelische Armeerundfunk. Die Evakuierungsaktion sei auf Bitten der USA, Kanadas und europäischer Staaten erfolgt. Die Regierungstruppen hatten in den vergangenen Wochen große Teile der an Jordanien und die israelisch besetzten Golan-Höhen grenzenden Provinzen Deraa (Daraa) und Quneitra (Kunaitra) erobert.

In einer Erklärung des jordanischen Außenministeriums hieß es, Jordanien habe die Aufnahme der Menschen aus "humanitären Gründen" bewilligt, da ihr Leben in Gefahr gewesen sei. Der Einsatz sei von der UNO organisiert worden und auf Bitten Deutschlands, Großbritanniens und Kanadas erfolgt, die "rechtlich verbindliche" Zusagen gemacht hätten, die Syrer binnen drei Monaten aufzunehmen, erklärte die Regierung.

"Gefahr für Leib und Leben"

Der deutsche Außenminister Heiko Maas bestätigte die geplante Aufnahme der Weißhelme. "Es ist ein Gebot der Menschlichkeit, dass viele dieser mutigen Ersthelfer nun Schutz und Zuflucht finden, einige davon auch in Deutschland", sagte Maas der "Bild"-Zeitung. Mit dem Vormarsch der Truppen Assads drohe vielen Weißhelmen "Gefahr für Leib und Leben". Deutschland hat die Weißhelme seit 2016 mit zwölf Millionen Euro unterstützt.

Die kanadische Außenministerin Chrystia Freeland erklärte, ihr Land bemühe sich in Abstimmung mit Deutschland und Großbritannien darum, die Weißhelme und ihre Familien in Sicherheit zu bringen. Kanada empfinde eine "tiefe moralische Verpflichtung" gegenüber diesen Menschen, die "Tapferkeit und Selbstlosigkeit" bewiesen. Der Sender CBC berichtete, Kanada wolle bis zu 50 Weißhelme und deren Familien aufnehmen, das seien etwa 250 Menschen.

Seehofer sagte der "Bild", er habe entschieden, dass Deutschland acht Weißhelme und ihre Familien aufnehmen werde. "Ihnen Schutz zu gewähren ist für mich eine humanitäre Verpflichtung und Ausdruck meiner Politik, für Humanität und Ordnung in der Migrationspolitik zu sorgen", sagte der CSU-Politiker, der seit Wochen für die Begrenzung der Aufnahme von Flüchtlingen eintritt.

Der britische Außenminister Jeremy Hunt und Entwicklungsministerin Penny Mordaunt erklärten, die Weißhelme hätten "umgehend Schutz" benötigt, da sie das "Ziel von Angriffen" gewesen seien. Auch der Leiter der Weißhelme, Raed Saleh, sagte, seine Mitarbeiter seien wegen der "wiederholten Drohungen Russlands und des Regimes" in Gefahr gewesen. Teils seien sie an den Golan-Höhen von der Armee umzingelt gewesen.

Die Weißhelme bergen im syrischen Bürgerkrieg in den Gebieten unter Kontrolle der Opposition Menschen aus zerstörten Gebäuden und leisten Erste Hilfe. Für ihre Arbeit wurde die 2013 gegründete Hilfsorganisation vor zwei Jahren mit dem alternativen Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Die syrische Regierung und Russland werfen ihr vor, die Rebellen zu unterstützen. Die Organisation betont dagegen ihre Neutralität.

"Ausnahmsweise erfolgte humanitäre Geste"

Die israelische Armee betonte, der Hilfseinsatz bedeute keine Änderung der Politik Israels, keine syrischen Flüchtlinge aufzunehmen. "Es handelt sich um eine ausnahmsweise erfolgte humanitäre Geste" und Israel behalte seine "Politik der Nichteinmischung" bei, erklärte die Armee. Trotz dieser Politik bombardiert Israel seit Jahren in Syrien immer wieder iranische Stellungen und Waffenlieferungen für die libanesische Hisbollah-Miliz.

Israel und Syrien sind verfeindete Länder. Während des Sechstagekriegs 1967 hatte Israel den syrischen Golan erobert und später annektiert. Im Syrien-Krieg verfolgt Israel eine Politik der Nichteinmischung. Israels Luftwaffe hat jedoch immer wieder Ziele in Syrien angegriffen. Die Bombardierungen richten sich Beobachtern zufolge gegen iranische Truppen und andere Kräfte, die wie die schiitische Hisbollah von Teheran unterstützt werden.