Der Kärntner FPK-Landesparteichef Uwe Scheuch stand 2012 wegen der "Part-of-the-game"-Affäre vor Gericht.

Land der Pässe

Auch Österreich spielt seit Jahren im Staatsbürgerschaftsgeschäft mit. Das Prozedere bleibt trotz Kritik eher ungewöhnlich und vergleichsweise intransparent.

Drucken

Schriftgröße

Er ist milliardenschwer und will eine neue Staatsbürgerschaft. Also zückt er die Brieftasche, stellt ein paar Betriebe auf die grüne Wiese, und die Regierung dankt es mit einem österreichischen Reisepass. Weil er kann, beschließt der Superreiche, dass er nun Bundeskanzler werden will - das geht, weil er mit dem Pass ja auch politische Rechte bekommen hat. Die neu gegründete und mit Millionen ausgestattete Partei schafft es auf Anhieb ins Parlament.

Der Mann, der genau das getan hat, heißt Frank Stronach. Das Land, das ihm für sein Geld die Staatsbürgerschaft gab, ist Österreich. Zwar wurde Stronach in der Steiermark geboren, doch er wanderte aus, tauschte seinen Pass gegen den kanadischen und wurde als Ausländer zum Milliardär. Als er zurückkam, verlieh ihm die österreichische Regierung für seine "außerordentliche wirtschaftliche Leistung" die Doppelstaatsbürgerschaft. Das erlaubt Paragraf 10, Absatz 6 des Staatsbürgerschaftsgesetzes.

Vage formuliertes Gesetz

Es ist ein seit Jahrzehnten umstrittener Passus. Denn auf dieser Basis kann die Regierung hinter verschlossenen Türen zum Staatsbürger machen, wen sie will. Das Gesetz ist vage formuliert; es betrifft außergewöhnliche wissenschaftliche, wirtschaftliche, sportliche oder künstlerische Leistungen. Wer eine solche erbracht haben soll und wie die Regierung darauf kommt, bleibt geheim. "Wenn man sich die Länder ansieht, die ihre Staatsbürgerschaft für ein Investment verleihen, dann ist Malta am einen Ende der Skala und Österreich am anderen", sagt Dimitry Kochenov, der in den Niederlanden über Staatsbürgerschaften forscht und die Interessensvertretung Investment Migration Council mitgegründet hat. Er meint: Malta macht es gut, Österreich eher katastrophal.

Fest steht: Das österreichische System hat immer wieder mit Korruption zu kämpfen. Der bekannteste Fall ist die "No na net part of the game"-Affäre, bei der das Kärntner FPÖ-Mitglied Uwe Scheuch einem russischen Geschäftsmann gegen eine Parteispende den Reisepass versprach. Geändert haben die Skandale wenig: Aus dem Innenministerium wurde zwar eine sechs Punkte umfassende Kriterienliste an Journalisten weitergespielt, die beschreiben soll, wer für eine Verleihung aufgrund wirtschaftlicher Leistungen infrage kommt. Namen, Unternehmen, Summen: Das alles bleibt aber weiterhin streng geheim.

ÖVP und SPÖ nicht reformwillig

Sowohl ÖVP als auch SPÖ reicht das, sie möchten das Gesetz nicht ändern, sagen die verantwortlichen Sprecher gegenüber profil. Sowohl die Grünen wie auch die NEOS fordern, das Staatsbürgerschaftsgesetz in einigen Punkten zu reformieren, ganz abschaffen wollen sie Paragraf 10, Absatz 6, aber nicht - das verlangt nur die FPÖ. Alle Parteien sind sich einig, dass ein Staat seine Pässe nicht verkaufen sollte (das Team Stronach antwortete bis Redaktionsschluss nicht auf die Anfrage von profil).

Als Produkt sieht die Staatsbürgerschaft naturgemäß die kleine Branche von Anwälten, die mit diesem Geschäftsmodell ihre Honorare verdient: Die Kanzlei Henley & Partners hat die österreichische Staatsbürgerschaft nicht nur in ihrem Beratungsangebot, sie eröffnet auch ein Büro in Wien. Es soll sich zwar vorrangig um technische Belange kümmern, mit ein paar Investoren im Jahr, die sich einbürgern lassen wollen, rechne man aber schon, sagt Christian Kälin, der im Vorstand von Henley & Partners sitzt.

Das ganze Interview mit Dimitry Kochenov finden Sie in dieser Woche auf: profil.at/ausland