Terroranschlag auf Moscheen in Christchurch: Was bisher bekannt ist

In Neuseeland sind zahlreiche Menschen bei Attacken auf zwei Moscheen getötet worden. Premierministerin Jacinda Ardern spricht von einem offenbar gut geplanten Terrorakt.

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Was ist geschehen?

Während des Freitagsgebets eröffnet ein Angreifer in der Al-Noor-Moschee im Zentrum von Christchurch das Feuer auf die muslimischen Gläubigen, 41 Menschen sterben. In fünf Kilometern Entfernung werden bei einem weiteren Angriff auf eine kleine Vorortsmoschee sieben weitere Menschen getötet, davon drei vor dem Gebäude. Insgesamt werden 49 Menschen getötet.

Augenzeugen berichteten, dass einige der Opfer in der Hauptmoschee aus nächster Nähe erschossen wurden und unter den Toten auch Kinder sind. Ein Palästinenser, der dem Angriff entkommen konnte, sprach von mehreren in rascher Folge abgegebenen Schüssen, wie dies nur mit einer automatischen Waffe möglich sei. In der Moschee brach Panik aus, blutverschmierte Menschen versuchten, hinaus zu gelangen.

Wie haben Polizei und Behörden reagiert?

Die Polizei riegelte die Innenstadt von Christchurch ab und entsandte bewaffnete Beamte an mehrere Schauplätze in der Stadt. An einem verdächtigen Auto wurden zwei selbst gebaute Sprengsätze entdeckt und entschärft. Drei Männer und eine Frau wurden festgenommen. Einer der Männer wurde später des Mordes beschuldigt. Die beiden anderen Männer blieben in Gewahrsam, in welcher Verbindung sie zu den Anschlägen standen, war zunächst unklar.

Im Zentrum von Christchurch fand zum Zeitpunkt des Anschlags gerade eine Schülerdemo für den Klimaschutz statt. Der Stadtrat richtete eine Hotline für besorgte Eltern ein, die nach ihren Kindern suchten. Die Polizei rief Muslime im ganzen Land auf, vorsichtshalber keine Moscheen zu besuchen. In der angespannten Lage sprengte das Militär zwei herrenlose Taschen im Zentrum von Auckland. Ihr Inhalt erwies sich als harmlos.

Wer sind die Opfer?

Bisher ist keiner der Toten identifiziert. Aber drei Bürger von Bangladesch sollen unter den Getöteten sein, einer Bangladeschi gilt laut dem Konsulat des Landes in Neuseeland als vermisst. In der Al-Noor-Moschee waren zum Zeitpunkt des Anschlags Muslime aus aller Welt zum Gebet versammelt. Unter ihnen waren nach Angaben des indonesischen Außenministers Retno Marsudi sechs Indonesier. Drei von ihnen waren demnach in Sicherheit, nach den anderen wurde noch gesucht. Unter den Verletzten waren auch ein Saudi-Araber, zwei Malaysier sowie mehrere Jordanier.

Insgesamt 48 Verletzte wurden im Krankenhaus von Christchurch behandelt, darunter auch kleine Kinder. Andere Gläubige entkamen knapp dem Angriff. Unter ihnen waren Mitglieder des pakistanischen Kricket-Teams, deren Mannschaftsbus gerade bei der Moschee ankam, als die Schüsse fielen. Seine Spieler hätten gesehen, wie "blutende Menschen aus der Moschee kamen", berichtete Manager Khaled Mashud. Vorsichtshalber seien alle dann im Bus in Deckung gegangen.

Nach dem tödlichen Anschlag steht die muslimische Gemeinde von Neuseeland unter Schock. In dem Land machen Muslime nur einen kleinen Teil der Bevölkerung von rund 4,8 Millionen aus. Sie gelten als gut integriert.

Was ist über den Angreifer bekannt?

Sein Name wurde offiziell noch nicht bekanntgegeben, doch bestätigte Australiens Premierminister Scott Morrison, dass es sich um einen australischen Staatsbürger handle. Er beschrieb den Mann (28) als "extremistischen, rechtsgerichteten, gewalttätigen Terroristen".

Vor seinem Anschlag veröffentlichte der Mann ein umfangreiches Hass-Manifest, aus dem deutlich wird, dass der Angriff Muslimen galt. Überschrieben ist das Hass-Manifest mit "The Great Replacement" (Der große Austausch). Der Titel geht auf eine aus Frankreich stammende rechtsextreme Verschwörungstheorie zurück, wonach die Bevölkerung in Europa durch Zuwanderer ersetzt werden soll, deren Geburtenrate deutlich höher sei.

Auf Bildern von den Waffen des Täters sind darauf handgeschriebene Namen von mehreren historischen Militärvertretern zu erkennen, von denen viele an der Tötung von Muslimen beteiligt waren.

Hintergrund: Schwere rechtsextreme Anschläge

1993 bis 1996: Der österreichische "Briefbomber" Franz Fuchs versetzt das Land in Angst und Schrecken. Eine am Rande einer Roma-Siedlung in der burgenländischen Stadt Oberwart angebrachte Sprengfalle kostet 1995 vier Roma das Leben. Weitere Ziele von Fuchs sind neben dem ehemaligen verstorbenen Wiener Bürgermeister Helmut Zilk, die TV-Moderatorinnen Silvana Meixner und Arabella Kiesbauer, die Schriftstellerin Lotte Ingrisch und Flüchtlingshelferin Ute Bock.

19. April 1995: Vor dem Alfred P. Murrah Federal Building in der Innenstadt von Oklahoma City, der Hauptstadt des gleichnamigen US-Staats, explodiert eine mächtige Bombe. Die Front des Behörden-Gebäudes stürzt ein. Die Szene gleicht einem Kriegsschauplatz. 168 Menschen kommen ums Leben, mehr als 500 werden verletzt. Es dauert Tage, die Opfer zu bergen. Unter ihnen sind 15 Kinder, die sich in einem Kindergarten im zweiten Stock befanden.

1998 bis 2011: NSU-Terror in Deutschland: Der rechtsextreme "Nationalsozialistische Untergrund" verübt Morde, Anschläge und Raubüberfälle. Zehn Menschen werden getötet. Nach mehr als fünf Jahren Prozess wird Zschäpe im Juli 2018 wegen der Mordserie und der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung zu lebenslanger Haft verurteilt.

12. Oktober 1999: Der schwedische Gewerkschafter Björn Söderberg wird in seiner Wohnung aufgesucht und an der Haustür aus nächster Nähe erschossen. Als Motiv gelten Bemühungen des Gewerkschafters, rechtsextremistische Aktivitäten von Arbeitskollegen bekannt zu machen und den Ausschluss der Betreffenden aus seiner Gewerkschaft zu erreichen.

22. Juli 2011: Im Nicht-EU-Land Norwegen tötet der Rechtsextremist Anders Behring Breivik bei einem Bombenanschlag auf das Regierungsgebäude in Oslo aus Fremdenhass und Islamfeindlichkeit acht Menschen. Anschließend tötet er auf der Insel Utöya 69 Teilnehmer eines Jugendlagers der Arbeiterpartei. Er verbüßt inzwischen eine Haftstrafe von 21 Jahren, die verlängert werden kann.

12. August 2017: Bei rechtsextremen Demonstrationen in Charlottesville fuhr James Alex Fields, der zuvor an der Neonazi-Demonstration teilgenommen hatte, vorsätzlich sein Auto in eine Gruppe von Gegendemonstranten. Eine Frau wird getötet. 19 Menschen verletzt.