Viktor Orbán

Orban zu Premier Ungarns gewählt: "Liberale Demokratie ist zu Ende"

EU müsse "wahnhafte Albträume von den Vereinigten Staaten von Europa aufgeben".

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Viktor Orban ist am Donnerstag vom Parlament in Budapest mit großer Mehrheit erneut zum Ministerpräsidenten gewählt worden. 134 der 199 Abgeordneten stimmten für und 28 gegen ihn. Die sozialliberale Opposition blieb der Wahl fern. In seiner Rede vor dem Parlament erklärte Orban: "Die Epoche der liberalen Demokratie ist zu Ende."

Der 54-Jährige betonte darin weiter: "Ich stehe vor Ihnen mit Optimismus, Zuversicht und Tatbereitschaft." Dabei beteuerte er, seine Pflichten im Interesse des Landes und eines jeden Bürgers zu erfüllen. "Ritterlichkeit" versprach er seinen Gegnern in Debatten. Seine Regierung habe auf jeden Fall Großes vor, erklärte Orban mit Verweis auf den Kampf gegen sinkende Bevölkerungszahlen, den Bau von Schnellstraßen und Autobahnen, den Ausbau des Kernkraftwerkes Paks 2 sowie den Aufbau einer neuen ungarischen Armee.

Anstelle des Herumbastelns an der liberalen Demokratie eher die Christdemokratie des 21. Jahrhunderts aufbauen

Die Regierung müsse in einer zwölfjährigen Perspektive denken, betonte Orban und erinnerte an das derzeit zur Debatte stehende EU-Budget (2021 bis 2027). Bis dahin soll Ungarn zu den ersten fünf EU-Ländern gehören, in denen die Bürger am besten leben, wohnen und arbeiten. Der bisherige "Erfolg Ungarns" sei darauf zurückzuführen, dass "wir offen erklärten: die Epoche der liberalen Demokratie ist zu Ende". Die Antwort der Ungarn auf die veränderte Welt bestünde darin, dass "wir anstelle des Herumbastelns an der liberalen Demokratie eher die Christdemokratie des 21. Jahrhunderts aufbauen".

In seiner Rede bekannte sich der Regierungschef zur Europäischen Union. Allerdings, so Orban weiter, bedeute das nicht, dass Brüssel nicht kritisiert werden dürfe. Die EU müsse auf den Boden der Realität zurückkehren und die "wahnhaften Albträume von den Vereinigten Staaten von Europa aufgeben", forderte er weiter und warnte gleichzeitig vor einer offenen Gesellschaft in Europa.

Ungarn bleibe ein Teil des westlichen Bündnissystems, so Orban weiter. Einmischungen von Außen in nationale Angelegenheiten werde er aber entschieden zurückweisen. Auch gegen die Aufnahme von Flüchtlingen und für den Schutz der Außengrenzen werde er sich weiter einsetzen. Er möchte sich zudem mit den Nachbarländern zusammenschließen, um das Karpaten-Becken zur sichersten, sich am schnellsten entwickelnden Region auszubauen. Orban und seine Regierung hätten in den vergangenen Jahren oftmals bewiesen, dass man die Ungarn nicht fürchten müsse. "Wer mit uns kooperiert, der schneidet gut ab."

Auch ließ Orban durchblicken, dass dies nicht seine letzte Amtszeit sein werde. Er sei 16 Jahre in der Opposition und zwölf in der Regierung gewesen, wobei die kommenden vier Jahre einen Gleichstand bringen würden. Doch ein wahrer Sportsmann gebe sich "nicht zufrieden mit einem Unentschieden", so Orban. Der rechtskonservative Ministerpräsident amtierte von 1998 bis 2002 und seit 2010 in ununterbrochener Folge.

Orbans Fidesz-Partei hatte bei der Wahl am 8. April eine verfassungsändernde Zweidrittelmehrheit im neuen Parlament errungen. Kritiker werfen dem machtbewussten Regierungschef den Abbau von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit vor.

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