Matteo Salvini und Viktor Orbán
Die Zukunftspläne der Neuen Rechten

Populismus: Die Zukunftspläne der Neuen Rechten

Die Disruption durch den Einbruch des Populismus in die politische Realität war gestern. Wir befinden uns längst in der nächsten Phase: der Etablierung einer neuen Ordnung. Martin Staudinger und Robert Treichler über die hochfliegenden Zukunftspläne der Neuen Rechten.

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Beim ersten Mal hätte man noch an einen Irrtum, einen bedauerlichen Ausrutscher, einen Einzelfall glauben können. "Schock" stand am Morgen des 24. Juni 2016 auf den Titelseiten britischer und internationaler Zeitungen. "Referendum Schock", "globaler Schock" und ähnlich alarmierende Coverzeilen sollten die Wucht des sensationellen - und für viele bestürzenden - Ergebnisses der Brexit-Abstimmung einfangen. Knapp fünf Monate später, bei der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten, wurde das Entsetzen noch einmal gesteigert. Headlines wie "Trumps Triumph schockt die Welt" oder "Haus des Horrors", illustriert mit einem Foto des Weißen Hauses, versinnbildlichten vor allem eines: die Fassungslosigkeit des bis dahin meinungsbildenden Teils der Öffentlichkeit, der Eliten - Feindbild der strahlenden Sieger.

Auf den Schock folgte eine erste, noch sehr vorsichtige Einordnung. Eine "Disruption" habe stattgefunden, ein Bruch mit der etablierten Politik, ihren Werten, ihrem Stil und ihren ungeschriebenen Gesetzen. Doch man las in dem Begriff Disruption gern auch "Unterbrechung" mit, die Hoffnung also, sie bleibe von eher kurzer Dauer. Die Ereignisse schienen in ihrer Unbegreiflichkeit nahezulegen, dass sie unmöglich der Beginn einer nachhaltigen Umwälzung oder gar einer neuen Ära sein könnten. Zwei Jahre später wissen wir mehr. In den USA konnte Donald Trump im zweiten Jahr seiner Amtszeit bei den Midterm-Wahlen das Gesicht wahren und hält derzeit bei einer Zustimmungsrate von 42,4 Prozent. Zum Vergleich: Trumps Vorgänger Barack Obama kam zum selben Zeitpunkt auf 45 Prozent.

In Italien regiert seit den Parlamentswahlen im vergangenen März eine Koalition aus der rechtsextremen Lega und der populistischen Partei Fünf Sterne. Ihre Beliebtheit ist seit der Wahl von 50 auf über 57 Prozent gestiegen.

Von Orbán bis Bolsonaro

In Ungarn lässt die Regierung trotz aller Proteste der EU nicht davon ab, den Rechtsstaat zu demolieren und auf dem Weg hin zur Etablierung "illiberaler" Demokratien entschlossen voranzuschreiten.

In Deutschland ist die rechtspopulistische, ausländerfeindliche Partei Alternative für Deutschland mittlerweile in allen Landtagen und im Bundestag vertreten.

In Frankreich unterlag die Rechtspopulistin Marine Le Pen bei den Präsidentschaftswahlen 2017 zwar dem proeuropäischen Liberalen Emmanuel Macron, doch inzwischen hat sich ihre Partei Rassemblement National (vormals Front National) in Umfragen wieder auf Platz eins hochgearbeitet.

In Brasilien tritt am 1. Jänner mit Jair Bolsonaro ein rabiater Nationalist mit stark rassistischen, homophoben und antidemokratischen Zügen das Amt als Präsident an.

Sie alle sind zweifellos legitimiert: von Wählerinnen und Wählern, die seit langem keine Vertretung in der etablierten Politik und Öffentlichkeit gehabt, und die sich aus Frust und Ohnmacht aus dem demokratischen Prozess verabschiedet hatten. Aber auch von den - einer abschätzigen Bemerkung von Hillary Clinton folgend -"deplorables" (in etwa: Erbärmliche): Sexisten, Rassisten, Ausländerfeinden.

Ihre Rückkehr in die Politik ist gleichzeitig Grund und Folge des Aufstiegs des Rechtspopulismus.

Der Erfolg von Parteien und Bewegungen, die dieser Ideologie folgen, ist in jedem Fall frappierend. Die Disruption beschränkte sich nicht auf zwei, drei isolierte Erdbeben, sie hat die tektonischen Platten der Politik in der gesamten westlichen Welt verschoben. Und seit die oben Genannten im Amt sind, werfen sie munter über den Haufen, was sie für überkommenen, elitären Ballast halten.

Die Etablierung einer neuen Ordnung

Die Disruption war gestern, wir befinden uns bereits in der nächsten Phase: der Etablierung einer neuen Ordnung. Sie manifestiert sich durch eine Politik, die ganz offen viele jener Grundwerte infrage stellt oder gar abschafft, die bislang das Wesen gerade der europäischen Demokratie definiert haben: Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschen- und Minderheitenrechte. Sie betreibt eine Politik, der Mitleid als naiv und Humanität als gefährlich gilt; die ethnisch und kulturell reine Gesellschaften zum Idealbild erhebt; die humanitäres Handeln von Faktoren wie der Herkunft und Religion ihres Gegenübers abhängig macht. Was das bedeutet, zeigt sich mittlerweile ganz konkret im Alltag: Italien schließt seine Häfen für alle Boote, die Flüchtlinge an Bord haben - selbst wenn es sich um Schiffe der eigenen Küstenwache handelt. Ungarn übernimmt mit einer staatlichen Medienstiftung die Kontrolle über den Großteil der Sender, Zeitungen, Zeitschriften und Internetportale des Landes und verpflichtet sie dazu, sich zur Linie der Regierung zu bekennen. Die USA trennen die Kinder von illegalen Einwanderern von ihren Eltern und sperren sie in spezielle Gefängnisse. In Österreich macht das Innenministerium Druck auf die Polizeibehörden, besonders ausführlich über politisch instrumentalisierbare, weil von Ausländern begangene Straftaten zu informieren.

Gleichzeitig verschieben Politiker durch Reden und Wortmeldungen die Grenzen des öffentlich Sagbaren konsequent. Das geht so weit, dass in Deutschland eine AfD-Spitzenpolitikerin den Schusswaffengebrauch gegen Flüchtlinge befürwortet. Die Zahl derer, die das gutheißen, steigt stetig. Man fühlt sich an Eugène Ionescos Theaterstück "Die Nashörner" erinnert, in dem sich die Angehörigen einer fiktiven Gesellschaft nach und nach in Rhinozerosse verwandeln, ohne das selbst zu bemerken.

Für den angestrebten Kulturwandel brauchen die neuen Rechten aber nicht nur Wähler und Parteien, sondern auch ihnen wohlgesonnene Intellektuelle, Medien und schließlich eine neue Elite. Wo findet man sie?

Zum Beispiel in der Rue Saint-Lazare 28 im 9. Pariser Arrondissement. Hier ist die Redaktion des im vergangenen Jahr gegründeten Monatsmagazins "L'Incorrect" (Das Unkorrekte) untergekommen. Arthur de Watrigant, Leiter des Web-Auftritts und kaufmännischer Direktor, öffnet die Tür. Er ist Mitte 30, trägt Jeans und Pullover und einen hippen Bart. Er entschuldigt sich für das Durcheinander. "Wir teilen uns die Räumlichkeiten mit einer Theatergruppe", sagt de Watrigant und zeigt auf herumliegende Kostüme und Requisiten.

Schmeichelhaftes Kurz-Porträt

Ein rechtes Garagenmagazin also: das Layout modern, die Illustrationen keck, keine Spur von altmodischer Frakturtümelei. "L'Incorrect" ist alles andere als ein plumpes Hetzblatt; es bietet intellektuellen Anspruch, Auslandsreportagen und ein üppiges Feuilleton. Die ideologische Ausrichtung erschließt sich erst bei genauer Lektüre. In einer Coverstory wird die zeitgenössische Kunst als "intellektuelle und finanzielle Spekulation" und "Internationale des Einheitsdenkens" verhöhnt; Österreichs Kanzler Sebastian Kurz wird in einem äußerst schmeichelhaften Porträt als "einer der wenigen Unterstützer von Viktor Orbán" gelobt, und in einem Text über den französischen Autor Louis-Ferdinand Céline (1894-1961) fehlt jeglicher Hinweis auf dessen wüsten Antisemitismus.

An der Party zum Start von "L'Incorrect" nahm auch Marion Maréchal teil, die Nichte von Marine Le Pen. Das will de Watrigant aber keinesfalls als Parteinahme für die Rechtsextremen verstanden wissen. Die Ausrichtung des Magazins sei "konservativ", beteuert er. Unter dieser Bezeichnung verfolgt "L'Incorrect" aber ganz offensichtlich zwei Ziele: erstens die Zusammenführung von allen rechten (bis hin zu rechtsextremen) Strömungen und zweitens eine von dem marxistischen Denker Antonio Gramsci (1891-1937) inspirierte Vision: die Entwicklung einer hegemonialen Strategie. Dazu gehören Medien, die im gesellschaftspolitischen Diskurs eine gewichtige Rolle spielen. "L'Incorrect" ist eine Publikation von vielen, die der Neuen Rechten den Weg bereiten. Überall im Westen schießen solche Medien aus dem Boden: Online-Plattformen wie "Breitbart News" in den USA, Magazine wie "Compact" in Deutschland oder -deutlich provinzieller -der "Wochenblick" in Österreich.

Sie gerieren sich als die Stimme jener, die von den Eliten stets übergangen wurden, und als Gegenpol zu den etablierten Medien, welche sie gern als "Lügenpresse" verunglimpfen.

Die erklärte Feindschaft der Neuen Rechten zu den Eliten endet jedoch dort, wo sie erkennen, dass sie selbst eine Elite benötigen. Da sie den existierenden Institutionen misstrauen, müssen sie selbst welche erfinden.

Marion Maréchal war mit 22 die jüngste Parlamentsabgeordnete der Fünften Republik. 2017 zog sie sich, 27-jährig, aus der aktiven Politik zurück und gründete eine Hochschule, das Institut der Sozial-, Wirtschafts- und Politikwissenschaften (Issep) in Lyon. Hier soll die kommende Generation von Denkern und Führungskräften ausgebildet werden, deren ideologischer Background "konservativ" ist - gemeint ist wiederum: rechts respektive weit rechts der traditionellen Konservativen. Die Neue Rechte tritt auf ihre Weise den Marsch durch die Institutionen an. Weil sie von den etablierten Eliteschmieden geächtet wird, erschafft sie sich eben ihre eigenen.

Umdeutung des Begriffs "konservativ"

Konservative Medien, konservative Hochschulen, konservative Intellektuelle: Die Umdeutung des Begriffs "konservativ" vollzieht sich durch Aneignung. Aber ist die Umetikettierung aus Sicht der Neuen Rechten sinnvoll? Ja, denn sie erweitert die Bündnismöglichkeiten und lässt die Grenze zum politisch Anrüchigen verschwimmen. Sogar die "Identitäre Bewegung", eine in mehreren Ländern - auch in Österreich - existierende Gruppierung, die durch öffentliche Provokationen Aufsehen erregt und von ihren Gegnern als rechtsextrem eingestuft wird, nennt sich selbst "konservativ".

In der Agitation gegen den UN-Migrationspakt zeigte sich kürzlich, wie breit die neuen Allianzen sein können. Die Ablehnung des "Marrakesch-Pakts", wie das Migrationsabkommen von seinen Gegnern wegen der Gründungskonferenz in der marokkanischen Stadt genannt wird, verband die Identitären mit rechtspopulistischen und rechtsextremen Parteien wie der FPÖ, dem belgischen Vlaams Belang oder der deutschen AfD - aber auch mit Parteien, die der Europäischen Volkspartei angehören, etwa der ÖVP, Viktor Orbáns Fidesz oder Les Républicains in Frankreich.

Das ist eine klare Verschiebung nach rechts, die andeutet, was auf die Disruption folgt -und wie dauerhaft die Konsequenzen sein werden.

Dass sich die Dynamik in ihrem Sinne überall beschleunigt hat, nährt bei den Rechten die Hoffnung auf eine gemeinsame internationale Front - was lange Zeit unmöglich, weil paradox erschien: Wie sollen dezidiert nationalistische Parteien international zusammenarbeiten?

Längst aber steht außer Zweifel, dass auch das gelingen kann. Die Gemeinsamkeiten der Neuen Rechten sind offensichtlich: Sie sind ausländerfeindlich und lehnen so gut wie jede Form der Migration ab. Sie halten den Islam für eine Bedrohung des christlich-jüdischen Europas. Sie sind Souveränisten und wenden sich gegen die politische Integration der Europäischen Union. Sie verachten die Eliten und reden dem "kleinen Mann" das Wort. Sie halten Klimaschutzpolitik für eine bösartige Drangsalierung der Bevölkerung. Mit diesem Programm lässt sich angesichts des herrschenden Zeitgeists eine stattliche internationale Koalition schmieden.

"Alternative Plattform für Souveränisten"

Zwei Männer verfolgen einen konkreten Plan, dies zu bewerkstelligen: Steve Bannon, einst Donald Trumps Chefstratege im Weißen Haus, und Mischaël Modrikamen, der Vorsitzende der rechtspopulistischen belgischen Kleinpartei Parti Populaire. Die beiden haben "Die Bewegung" gegründet, eine Plattform, die Parteien und Ideen der Neuen Rechten befördern soll. Was darunter zu verstehen ist? Modrikamen erklärt es so: "Die Globalisierer haben ihr Weltwirtschaftsforum in Davos, ihre jährliche Bilderberg-Konferenz und die Europäische Union. Die 'Bewegung' soll eine alternative Plattform für Souveränisten sein." Steve Bannon sieht darin "eine lose Vereinigung mit Konferenzen, Ökonomen, Weißbüchern, Treffen, Dinners." Im Jänner soll in Brüssel der Gründungsgipfel stattfinden. Wer daran teilnehmen wird, wird noch geheim gehalten. Sicher ist, dass Matteo Salvini anreisen wird. In den italienischen Innenminister und Chef der Partei Lega (früher Lega Nord) setzt Bannon besonders große Hoffnungen. Wenn das Experiment der Koalitionsregierung, bestehend aus der rechten Lega und der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung, Erfolg habe, tauge es als "Modell für Demokratien in Industriestaaten von den USA bis Asien" und werde die Politik weltweit verändern, erklärte Bannon gegenüber dem Portal "Politico".

Das erste große politische Ziel sind die Wahlen zum Europäischen Parlament im Mai 2019. Aber "Die Bewegung" soll ihre Aktivitäten keineswegs auf Europa beschränken. Modrikamen will auch internationale Bande knüpfen, etwa zu Brasiliens Präsident Bolsonaro und zur israelischen Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu.

Moment mal, Israel? Stehen die Rechtspopulisten in Europa nicht allesamt im Verdacht, antisemitisch grundiert zu sein oder zumindest keine Berührungsängste gegenüber Parteien zu hegen, die Antisemiten in ihren Reihen haben? Mag sein, doch die Regierung Netanjahu steht den europäischen Rechtspopulisten ideologisch näher, als man in Europa wahrnimmt. Beide lehnen den UN-Migrationspakt ab, beide behandeln Flüchtlinge miserabel, beide forcieren einen ethnisch-religiösen Nationalismus, beide haben ein Problem mit der Arbeitsweise von NGOs, und beide üben scharfe Kritik an George Soros. Die israelische Regierung wirft dem Milliardär und Betreiber der "Open Society"-Stiftung vor, Organisationen zu finanzieren, die den jüdischen Staat verunglimpfen.

"Großer Freund Israels"

Matteo Salvini wurde bei einem Besuch in Jerusalem unlängst herzlich von Netanjahu begrüßt: "Ich möchte Herrn Salvini willkommen heißen, er ist ein großer Freund Israels." Ohne historisch belastete Parteien wie FPÖ oder Rassemblement National stünde einer engen Zusammenarbeit der Rechtspopulisten mit der israelischen Regierung kaum etwas im Wege.

Die Welt ist zwei Jahre nach Beginn der populistischen Disruption ein spürbar anderer Ort. Die Neue Rechte arbeitet an einer kulturellen Hegemonie. Zwischen der rechtsextremen Splittergruppe der Identitären und Regierungskanzleien in Wien, Rom, Budapest, Warschau bestehen gemeinsame Interessen; ideologische Symmetrien verbinden wiederum europäische Rechtspopulisten mit den Regierungen in Tel Aviv, Brasilia und Washington.

Gleichzeitig zeigen die traditionellen Institutionen Anzeichen von Schwäche. Etablierte Medien geraten in ökonomische Schieflage, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Europa müssen schwere Schläge von den Regierungen in Ungarn und Polen einstecken.

Zudem erweisen sich die Proponenten der Neuen Rechten als durchaus langlebige Stars. Salvini, Orbán, Le Pen oder Strache sind seit Jahren fixe Größen in ihren Heimatländern und entfalten gemeinsam auch Wirkung innerhalb der EU. Währenddessen sind starke Figuren auf der Seite der liberalen politischen Elite Mangelware: Angela Merkel schleppt sich über die letzten Meter ihrer politischen Karriere, Macron strauchelt, die sozialistische Minderheitsregierung von Pedro Sánchez in Spanien ist instabil.

Folgt auf die Phase der Disruption nun also eine Phase der Verfestigung der Neuen Rechten? Es sieht ganz danach aus. Die Dynamik hält an, die Anstrengungen sind allerorten spürbar, die Erfolge auch.

Weiterer Aufstieg oder Einbruch?

Vor wenigen Jahren wäre es noch undenkbar gewesen, eine Protestbewegung wie die französischen Gelbwesten, die den Rücktritt eines "Präsidenten der Reichen" fordert und für die Wiedereinführung der Vermögenssteuer eintritt, nicht eindeutig dem linken Parteienspektrum zuzuordnen. Heute rittern Marine Le Pen und ihre publizistischen Helfer - darunter "L'Incorrect" - um die Gunst der wütenden Demonstranten, und Daniel Cohn-Bendit, der ehemalige Europa-Abgeordnete der Grünen, diagnostiziert, die Gelbwesten hätten "die Rechtsextremen gestärkt".

In allen Debatten um Migration und Islam schaffen es Rechtsextreme und Rechtspopulisten, ihr Denken und ihre Diktion europaweit in der Debatte zu verankern, und zwar meist als eine von zwei Optionen inmitten einer gespaltenen Gesellschaft.

Die Gretchenfrage lautet: Wie lange wird der Aufstieg der Neuen Rechten anhalten, wann kommt der Einbruch bei Wahlen und im Zeitgeist? Kann die westliche Welt nach den nächsten US-Präsidentschaftswahlen 2020 wieder aufatmen, wird der Brexit doch noch abgesagt, und landen die Rechtspopulisten bei den Wahlen zum EU-Parlament mangels Einigkeit auf Platz sieben unter den Fraktionen?

Kann sein. Allen, denen die EU, die Vereinten Nationen, der Multilateralismus, die Liberalität der Gesellschaft, eine hysteriefreie Migrationspolitik, ein sachlich fundierter Umgang mit dem Klimawandel und vieles mehr ein Anliegen sind, würde wohl ein Stein in der Größe von Donald Trumps geplantem Grenzwall zu Mexiko vom Herzen fallen.

Hoffnung erleichtert das Leben und ist deshalb selten falsch. Doch es wäre politisch fahrlässig, zu übersehen, dass die Disruption nicht nur einen Mann ins Weiße Haus und einen Staat (bald) aus der EU katapultiert hat. Die Erde bebt noch, die tektonischen Platten sind weiterhin in Bewegung - und zwar in eine Richtung: nach rechts.