Myanmar

PR-Lobbyist für Junta in Myanmar: „Darauf bin ich sehr stolz“

Die Junta in Myanmar zahlt dem Lobbyisten Ari Ben-Menashe zwei Millionen Dollar, um ihr Image im Westen aufzupolieren. Der israelisch-kanadische Ex-Spion über Aung San Suu Kyi und seine früheren Deals mit Robert Mugabe und dem Militär im Sudan.

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Die Militärjunta in Myanmar hat sich an die Macht geputscht und schlägt Proteste blutig nieder. Jetzt soll der PR-Berater Ari Ben-Menashe ihr Image verbessern. profil erreichte den ehemaligen israelischen Spion zu Hause in Montreal. Ein Porträt über ihn lesen Sie hier.

Aufgrund der internationalen Relevanz des Interviews können Sie es auch im englischen Original lesen.

profil: Die Junta in Myanmar hat Ihre Beratungsfirma Dickens & Madson Canada angeheuert, um der Welt ihren Standpunkt zu erklären. Wie sind Sie überhaupt mit ihnen in Kontakt gekommen?
Ben-Menashe: Wir waren schon in den 1990er Jahren ihre Berater. Seitdem waren wir immer wieder in Kontakt.

profil: Könnten Sie die Hintergründe des Putsches aus Ihrer Sicht näher erläutern, insbesondere Ihre Behauptung, die Wahlen im November wären manipuliert worden?
Ben-Menashe: Der Betrug ist sehr einfach. Das ist nicht meine Ansicht, sondern das, was passiert ist. Die Wahlkommission wurde von der NLP (National League for Democracy), der Partei von Aung San Suu Kyi, kontrolliert. Sie erlaubte den Minderheiten nicht, an den Wahlen teilzunehmen. Die Stimmen, die ausgezählt wurden, kamen hauptsächlich aus Mandalay und Rangun.

profil: Wahlbeobachter haben keine groben Unregelmäßigkeiten festgestellt. Können Sie Beweise für Ihre Behauptungen vorlegen?
Ben-Menashe: Es gibt eine ganze Reihe von Beweisen. Die Regierung hat das sehr öffentlich gemacht. Wenn Sie nach Rangun fahren, können Sie es im Fernsehen sehen, sie waren ziemlich offen darüber. Mindestens zehn Millionen Menschen haben nicht gewählt. Das Problem war einfach: Sie sagten, dass dies gefährliche Gebiete seien, dass es Sicherheitsrisiken gebe und so weiter. Das ist es, was wirklich passiert ist. Es war ein echter Wahlbetrug.

profil: Sie sagen, das Militär in Myanmar hätte kein Interesse daran, an der Macht zu bleiben. Was ist dann der Plan?
Ben-Menashe: Sie werden zu einer zivilen Regierung übergehen, es wird Wahlen geben - diesmal richtige: Wer gewinnt, gewinnt.

profil: Wird Aung San Suu Kyi kandidieren dürfen?
Ben-Menashe: Ich bezweifle es. Sie hat den Ärger mit den Rohingyas (muslimische Minderheit, Anm.) verursacht. Jetzt wird versucht, die Rohingyas in ihre Heimat zurückzubringen. Wir werden so viele rehabilitieren, wie wir können. Wir bemühen uns um Gelder aus Saudi Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten, damit die Rohingyas zurückkehren können.

profil: Wie wollen Sie verhindern, dass Aung San Suu Kyi wieder kandidiert?
Ben-Menashe: Sie wird nicht kandidieren. Sie wird disqualifiziert werden, besonders nach dem, was sie mit den Rohingyas gemacht hat.

profil: Es war doch das Militär, jene Leute, für die Sie jetzt arbeiten, das für die Massaker seit 2017 verantwortlich ist.
Ben-Menashe: Nein, nein, nein, nein - bitte! Jeder sagt, dass es das Militär war, aber das ist nicht wahr. Bevor Aung San Suu Kyi an die Macht kam, gab es keine Probleme mit den Rohingyas. Sie war das Staatsoberhaupt, als das mit den Rohingyas begann. Sie war diejenige, die nach Den Haag ging, um die Fragen zu beantworten.

profil: Sie verteidigte das Militär vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag...
Ben-Menashe: Das alles ist unter ihrer Aufsicht passiert! Sie war Staatsoberhaupt, sie hat die Befehle gegeben.

profil: Sie behaupten ernsthaft, sie persönlich hätte die Befehle erteilt?
Ben-Menashe: Ja. Sie hat befohlen, was sie befohlen hat. Es war nicht das Militär, es war die Polizei. Sie hatten Milizen dort oben, es war nicht das reguläre Militär. Ich weiß, alle sagen, es war das Militär, aber das stimmt nicht. Die Leute waren deswegen sehr verärgert. Sie wollten ihr den Friedensnobelpreis aberkennen. Kanada, das ihr die Staatsbürgerschaft gab, wollte sie ihr wegnehmen und so weiter und so fort. Sie hat versucht, das Land in die Hände der Chinesen zu legen, doch das wollen die Generäle und das Volk nicht. Deshalb müssen wir helfen, eine Art von Ordnung in Myanmar wiederherzustellen - um es zu einer stabilen Demokratie zu führen.

profil: Wird Aung San Suu Kyis Partei, die NLD, bei den nächsten Wahlen antreten dürfen?
Ben-Menashe: Ich weiß es nicht, das hängt von der zivilen Regierung ab, die vor den Wahlen gebildet werden wird.

profil: Sie haben für viele verschiedene Politiker, Regierungen und Diktatoren gearbeitet. Was sind Ihre Prinzipien? Haben Sie eine rote Linie, gibt es Leute, für die Sie nie arbeiten würden?
Ben-Menashe: Natürlich habe ich eine rote Linie. Lassen Sie mich das erklären. Jeder spricht über unsere Arbeit mit Robert Mugabe in Simbabwe. Meine Antwort darauf ist: Darauf bin ich am meisten stolz.

profil: Wie kommt das?
Ben-Menashe: Bevor wir dort waren, besaßen 4000 weiße Rhodesier (Rhodesien war der Name des Landes, als es britische Kolonie war, Anm.) das gesamte Land in Simbabwe. Als Ergebnis unserer Arbeit haben wir eine Landreform durchgeführt. Drei Millionen schwarze Familien bekamen kleine Parzellen Land. Darauf bin ich stolz.

profil: Die Farmen wurden gewaltsam beschlagnahmt, die Reform führte zu Hungersnöten, wirtschaftlichem Niedergang und Sanktionen.
Ben-Menashe: Die Farmen wurden nicht gewaltsam übernommen. Die Regierung hat sie in geordneter Weise übernommen - so weit wie möglich, denn es gab einige Leute, die damit nicht sehr glücklich waren. Im Allgemeinen war es nicht gewaltsam.

profil: Es gab Kritik, weil das Land hauptsächlich an Leute vergeben wurde, die Mugabe nahestanden.
Ben-Menashe: Ja, es gab Berichte, dass einige Leute, die Mugabe nahestehen, Land bekommen haben. Drei Millionen Menschen bekamen Land. Einige von ihnen mögen Mugabe nahegestanden haben, einige nicht.

profil: Sie werden auch wegen Ihrer Arbeit im Sudan kritisiert...
Ben-Menashe: Da bin ich auch sehr stolz drauf. Jeder hat versucht Omar al-Bashir (Anm.: den damaligen sudanesischen Präsidenten) abzusetzen. Wir waren diejenigen, die den Deal mit dem Militär gemacht haben und Bashir losgeworden sind. Jetzt arbeiten wir auf eine Demokratie hin. Darauf sind wir wirklich stolz.

profil: Einige der Waffen, die Sie zu beschaffen halfen, wurden bei dem Massaker in Khartum eingesetzt, bei dem mehr als 100 Demonstranten getötet wurden...
Ben-Menashe: Welche Waffen? Wovon reden Sie denn da? Das ist doch Unsinn! Was für Waffen?

profil: Sie haben einen Sechs-Millionen-Dollar-Deal mit General Mohamed Hamdan Dagalo abgeschlossen...
Ben-Menashe: Ja, das ist richtig. Er hat uns angeheuert. Er war der Einzige, der in der Lage war, Omar al-Baschir loszuwerden. Und er war derjenige, der die Demokratie brachte. Über welche Waffen reden wir? Es gab eine Untersuchung im Sicherheitsrat, ich habe die Ermittler getroffen. Sogar die Royal Canadian Mounted Police (Anm.: die nationale Polizei Kanadas) hat den Fall untersucht. Wir haben einen Brief, der bezeugt, dass wir nicht gegen Sanktionen verstoßen haben. Jemand schreibt eine Lüge und alle anderen benutzen sie als Beweis. Der Grund, warum wegen des Sudans alle verärgert sind, ist folgender. Die kanadische Regierung, Amnesty International, George Clooney und alle anderen haben versucht, den Job zu machen. Sie waren nicht erfolgreich. Wir waren es. Als privates Unternehmen. Und wir haben es richtig gemacht.

profil: Der Deal, den Sie mit Dagalo gemacht haben…
Ben-Menashe: Sein Spitzname ist übrigens "Hemeti"...

profil: Okay. Seine Truppen haben in Khartum ein Massaker angerichtet, bei dem mehr als 100 Demonstranten getötet wurden. Fühlen Sie sich dafür verantwortlich?
Ben-Menashe: Ich habe deswegen mit ihm gestritten. Wir haben den Deal gemacht und danach.... Es war nicht so schlimm, aber... Zunächst einmal behauptet er, dass er es nicht war, okay? Ich urteile da nicht. Mit den Amerikanern wurde entschieden, dass er der Einzige ist, der dem Sudan Veränderung bringen kann. Und das hat er getan. Wie Sie sicher bemerkt haben, gibt es keine Sanktionen mehr.

profil: Aber Sie haben sich mit ihm darüber gestritten...
Ben-Menashe: Wir haben uns immer wieder mit ihm gestritten. Wir haben ihn in die richtige Richtung gedrängt. Das war keine einfache Beziehung, in der wir tun, was er will. Wir versuchen, ihn zu pushen, das Richtige zu tun, und das hat er getan.

profil: Wie geht es in Myanmar weiter? Wird Aung San Suu Kyi unter Hausarrest bleiben?
Ben-Menashe: Das glaube ich nicht. Sie sollte alle politischen Ambitionen fallenlassen und ein ziviles Leben beginnen.

profil: Das kann ich mir nicht vorstellen, immerhin haben Millionen Menschen sie gewählt. Wie viel Geld zahlt Ihnen die Junta eigentlich insgesamt? Stimmt es, dass Sie einen Bonus von zwei Millionen Dollar bekommen, wenn die Sanktionen aufgehoben werden?
Ben-Menashe: Lassen Sie mich das richtigstellen: Wegen der Sanktionen können wir im Moment nicht bezahlt werden. Wenn es legal wird, Geld zu überweisen, werden wir zwei Millionen Dollar bekommen.

profil: Wofür stehen Sie eigentlich? Woran glauben Sie?
Ben-Menashe: Ich möchte helfen, stabile Demokratien und Wohlstand für die Menschen zu schaffen.

profil: Und das war tatsächlich Ihr Ziel bei allen, für die Sie gearbeitet haben?
Ben-Menashe: Ja, ich gebe Ihnen ein Beispiel: Simbabwe. Ich will nicht sagen, dass das Land jetzt sehr wohlhabend ist, aber immerhin haben die Schwarzen ihr Land zurückbekommen. Es ist ihr Land. Das ist etwas, auf das ich wirklich stolz bin. Niemand sonst hat das für die Menschen getan. Wir haben es getan.


profil: Wie viel haben Sie bisher insgesamt als Lobbyist verdient?
Ben-Menashe: Wir melden alles an die US-Steuerbehörde. Alles ist öffentlich einsehbar.

Siobhán Geets

Siobhán Geets

ist seit 2020 im Außenpolitik-Ressort.