Republikanischer oder unabhängiger Kandidat?

US-Präsidentschaft-Wahlkampf: Republikanischer Bügerkrieg

Wie Donald Trump für die amerikanischen Konservativen die Präsidentschaftswahl verliert.

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Die Republikaner wussten bereits vergangenen Sommer, dass der Baulöwe und TV-Showman Donald Trump ein schräger und unberechenbarer Typ ist. Viel Chance, als offizieller Präsidentschaftskandidat aus den parteiinternen Vorwahlen herauszugehen, gaben sie ihm zwar nicht, sie fürchteten aber, dass er im Fall einer Ablehnung als unabhängiger Kandidat ins Rennen gehen würde.

Das galt es zu verhindern. Deshalb verpflichteten sich bei der ersten TV-Debatte alle republikanischen Kandidatur-Anwärter feierlich, den letztendlich vom Parteitag Nominierten rückhaltlos zu unterstützen.

Und dann waren alle Augen auf Trump gerichtet. Theatralisch hielt der Mann mit den orangen Haaren seine schriftliche Loyalitäts-Erklärung in die Kamera. In der Grand Old Party (GOP), wie die Partei des amerikanischen Konservativismus genannt wird, atmete man auf.

Kein Treuegelöbnis

Seit Dienstag vergangener Woche ist alles anders. Da widerrief Trump sein republikanisches Treuegelöbnis. Auf die Frage, ob er sich an dieses noch gebunden fühle, antwortete er schlicht: "Nicht mehr. Nein.“ Das GOP-Establishment habe ihn einfach zu schlecht behandelt. Seine noch übrig gebliebenen Kontrahenten taten desgleichen: Ted Cruz, der erzreaktionäre Senator aus Texas, versicherte, er werde sicher niemanden unterstützen, der seine Frau und seine Familie attackiere. Trump hatte erst kürzlich in einem seiner Wahlkampf-Spots ein unvorteilhaftes Foto von Heidi Cruz dem Bild seiner schönen Model-Frau Melanie gegenübergestellt und angedeutet, etwas über die Gattin seines Kontrahenten enthüllen zu wollen.

Auch John Kasich, der moderat-konservative Gouverneur von Ohio, ist sich nicht mehr so sicher: Wenn der Nominierte jemand wäre, "der dem Land schadet und das Land spaltet“, dann gelte sein Versprechen vom vorigen Jahr nicht.

Schon in den vergangenen Wochen und Monaten wurde angesichts des Trump-Siegeszugs und des immer vulgärer und aggressiver werdenden GOP-Vorwahlkampes über einen bevorstehenden Kollaps der Republikanischen Partei spekuliert. Nach den jüngsten Äußerungen von Trump, Cruz und Kasich mehren sich nun die Analysen und Kommentare, die einen innerparteilichen "Bürgerkrieg“ geradezu an die Wand malen. Und das ist durchaus nicht nur metaphorisch gemeint.

"Riots" in Cleveland?

Tatsächlich hat Trump bereits verkündet, es werde "riots“ seiner mobilisierten Wutbürger-Basis geben, sollte er am Parteitag im kommenden Juli nicht gekürt werden. Großkonzerne, die üblicherweise Nominierungs-Conventions sponsern, überlegen sich bereits, mit dieser Tradition zu brechen. Und Cleveland, Ohio, - die Stadt, in der die Republikaner im Juli zusammentreffen - rüstet seine Polizei auf: Man holt bereits Angebote für Wasserwerfer, Tränengas-Pistolen und Einsatzschilder ein.

Dass "The Donald“ - der immer häufiger mit Hitler und Mussolini verglichen wird - in Cleveland die meisten Delegierten aus den Bundesstaaten stellen wird, scheint gewiss. Aber aus heutiger Sicht wird er die notwendige Absolute eher nicht erreichen. Bei einer ersten Abstimmung müssen die Delegierten gemäß der Geschäftsordnung jenem Kandidaten die Stimme geben, in dessen Namen sie zum Parteitag entsendet wurden. Bei allen folgenden aber sind sie nicht mehr gebunden. Dann ist die Stunde des großen Taktierens und Feilschens gekommen.

Große Turbulenzen sind jedenfalls angesagt. Auch eine veritable Spaltung der Grand Old Party rückt inzwischen in den Bereich des Wahrscheinlichen.

Szenario eins: Dem Parteiestablishment - also den konservativen und moderaten Republikanern - gelingt nicht, Trump zu blockieren, sie können sich aber nicht damit abfinden, den wüsten Populisten ins Rennen zu schicken. Sie ziehen mit einem eigenen allgemein akzeptableren Kandidaten aus dem Parteitag aus.

Szenario zwei: Donald Trump wird die Kandidatur verweigert, Cleveland erlebt seinen Auszug. Er präsentiert sich als Unabhängiger. In beiden Fällen können sich die Demokraten freuen: Bei einem derartigen "Dreierwahlkampf“ wäre Hillary Clinton, der wahrscheinlichen demokratischen Kandidatin, der Sieg kaum mehr zu nehmen.

Aber selbst wenn sich die Delegierten doch noch mit Naserümpfen hinter Trump stellen: Die Eroberung des Weißen Hauses können die Republikaner wohl bis auf Weiteres vergessen. Hillary schlägt Donald - das ergeben bisher ausnahmslos alle Umfragen.

Georg Hoffmann-Ostenhof