Grünes Containergebäude mit Solarpanelen auf dem Dach, davor eine Person auf einem Motorrad mit orangefarbenem Helm und Weste, zwei Frauen tragen Behälter auf dem Kopf, ländliche Umgebung mit Gras und Bäumen.
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Mut und Partnerschaft: Was Transformation wirklich braucht

Dr. Nina Smidt leitet seit April 2020 als Geschäftsführende Vorständin und Sprecherin die gemeinnützige Siemens Stiftung. Diese will als Brückenbauerin zwischen globalen Perspektiven und lokalen Bedürfnissen, zwischen Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft fungieren.

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Frau Smidt, wie würden Sie den Auftrag der Stiftung beschreiben?

Smidt: Wir verstehen uns als Do-Tank. Wir setzen um, evaluieren, passen an – und haben den Mut, Neues auszuprobieren. Mit einem Kapitalstock von 390 Millionen Euro sind wir für die Ewigkeit angelegt. Unser Ziel ist es, gesellschaftliche Transformation nicht nur zu begleiten, sondern aktiv voranzutreiben.

Ihre Handlungsfelder sind Grundversorgung, Digitalität und Klima. Warum gerade diese drei Themenfelder?

Smidt: Weil sie untrennbar miteinander verbunden sind. Ohne Zugang zu Wasser, Energie oder Gesundheitsversorgung gibt es keine Teilhabe. Der Klimawandel gefährdet den sozialen Zusammenhalt und die Stabilität von Versorgungssystemen. Und Digitalität kann Bildungschancen und Innovation eröffnen. Wer diese Felder isoliert betrachtet, verliert den Blick für das Ganze. Die Stiftung orientiert sich dabei an den UN-Nachhaltigkeitszielen.

Eine Frau (Nina Smidt) steht vor einem weißen Hintergrund und lacht in die Kamera. Sie trägt einen gelben Hosenanzug.
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Zur Person: Dr. Nina Smidt

Die promovierte Linguistin und Kulturtheoretikerin ist eine Weltbürgerin. Aufgewachsen in Indonesien und Australien, führte sie ihr Studium auch in die USA und Israel. Sie verfügt über 20 Jahre internationale Erfahrung als Führungskraft in Bildungsinstitutionen, Wissenschaftseinrichtungen, Think Tanks und Stiftungen.  

Was bedeutet das konkret in Ihrer Arbeit? Können Sie mir Projekte nennen?

Smidt: Ein Beispiel ist unser Sozialunternehmen WeTu am Victoriasee in Kenia, das wir gemeinsam mit der Community vor Ort gegründet haben. Dort betreiben wir Wasser- ATMs für sauberes Trinkwasser, Solar-Hubs für Energie und Kühlung sowie E-Mobilitätslösungen für die Fischerei. In Mexiko wiederum entwickeln wir gemeinsam mit Lehrkräften, Lernenden und Eltern Unterrichtsmaterialien zur Klimawandelbildung. Über unser Netzwerk Red STEM Latinoamérica, das 200 Institutionen in 14 Ländern verbindet, finden diese Konzepte Eingang in ganze Schulsysteme – und werden inzwischen auch in weiteren Ländern eingesetzt. In Berlin haben wir den MINT-Hub in Siemensstadt Square aufgebaut – einen Raum für innovative und chancengerechte MINT-Bildung. Grundlage ist dabei unser MINTplus-Ansatz: Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik werden mit Kreativität, kritischem Denken, Kollaboration und Kommunikation verknüpft. So stärken wir junge Menschen, ihre Zukunft aktiv mitzugestalten und chancengerecht an einer digitalen und nachhaltigen Gesellschaft teilzuhaben.

Junge Frau mit langem braunem Haar und blauem Langarmshirt hält ein weißes VR-Headset vor ihr Gesicht in einem modernen Klassenraum mit mehreren Personen und bunten Stühlen.
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Wie stellen Sie sicher, dass solche Projekte wirklich Wirkung entfalten?

Smidt: Indem wir flexibel bleiben. Wir überprüfen Programme regelmäßig, passen sie an oder beenden sie, wenn sie nicht mehr tragen. Wirkung entsteht nicht durch das Festhalten an Strukturen, sondern durch die Fähigkeit, erfolgreiche Modelle zu skalieren und in nachhaltige Strukturen zu überführen. Es kann dabei durchaus auch passieren, dass wir aus einem Projekt aussteigen, wenn es läuft.

Sie sprechen oft von Partnerschaften. Warum sind diese so entscheidend?

Smidt: Weil Transformation nur gemeinsam gelingt. Globale Verantwortung heißt für mich, Lösungen nicht überzustülpen, sondern sie mit lokalen Akteuren zu entwickeln und an die Bedürfnisse vor Ort anzupassen. Internationale Partnerschaften sind dabei zentral: Sie ermöglichen Wissenstransfer, Synergien und eine Verantwortungsgemeinschaft, die über Grenzen hinweg trägt.

Welche Herausforderungen sehen Sie für die kommenden Jahre?

Smidt: Die großen Themen bleiben: Klimakrise, soziale Ungleichheit, Umsetzung der Agenda 2030. Gleichzeitig eröffnen Technologien wie künstliche Intelligenz neue Möglichkeiten – etwa Wissen zugänglich zu machen, Partner*innen zu vernetzen oder Wirkung sichtbar zu machen. Entscheidend ist, dass solche Technologien verantwortungsvoll und inklusiv eingesetzt werden. Sonst verstärken sie Ungleichheiten, statt sie zu überwinden.

Wo möchten Sie die Siemens Stiftung in einigen Jahren sehen?

Smidt: Als Brückenbauerin – zwischen globalen Perspektiven und lokalen Bedürfnissen, zwischen Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Transformation gelingt nur, wenn wir den Mut haben, Neues zu wagen – und die richtigen Partnerinnen und Partner an unserer Seite haben.