Werner Kogler (Grüne), Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) und NEOS-Parteichefin Beate Meinl-Reisinger
Faktencheck

Kurz-Affäre: Die Suppe ist nicht so dünn, wie Schallenberg behauptet

Bundeskanzler Schallenberg spielte die juristische Verantwortung von Sebastian Kurz mit Verweis auf den Strafrechtsprofessor Robert Kert herunter. Dieser sieht das freilich anders.

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(...) die Message war ganz klar, dass hier, was Sebastian Kurz betrifft, die strafrechtliche Verantwortung, die Suppe sehr dünn ist."

Alexander Schallenberg (ÖVP) in der "ZIB2"

Ein Strafrechtsprofessor als "Entlastungszeuge" für Ex-Kanzler Sebastian Kurz? Bundeskanzler Alexander Schallenberg bezog sich in seinem Interview in der "ZIB2" am Mittwoch auf die Sendung des Vortags, in der sich Professor Robert Kert von der Wirtschaftsuniversität Wien zu den Vorwürfen der Untreue und Bestechung bzw. Bestechlichkeit gegen Kurz und andere, sowie zum Inhalt der Anordnung der Hausdurchsuchung der WKStA, die Sie hier im Ganzen lesen können, geäußert hatte. Schallenberg schloss aus Kerts Aussagen, die Suppe sei "dünn", was die strafrechtliche Verantwortung Sebastian Kurz' betreffe. Auf profil-Nachfrage widerspricht Kert dieser Interpretation: "Ich würde das nicht generell so sehen und das habe ich auch nicht gesagt. Persönlich bin ich der Meinung, es gibt einige Indizien, dass er in diesem System drin war. Die Strafverfolgungsbehörden stehen nun vor der Aufgabe, Beweise zu finden, die für oder gegen diesen Verdacht sprechen."

"Bestimmungstäterschaft" des Ex-Kanzlers?

Auch das ÖVP-Medium "Zur Sache" zitiert Kerts Interview breit, vor allem mit seiner Einschätzung zu einer möglichen "Bestimmungstäterschaft" des Ex-Kanzlers. Dazu Kert gegenüber der "ZIB2": "Alleine der Umstand, dass es zu seinem (Anm.: Sebastian Kurz) Nutzen ist, ist sicherlich nicht ausreichend für eine Bestimmungstäterschaft."

Kurz wird zu allen Punkten von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft als sogenannter Bestimmungstäter geführt. Das ist eine Person, die eine andere dazu anstiftet, eine Straftat zu begehen (es gilt die Unschuldsvermutung). Ob eine Bestimmungstäterschaft von Kurz tatsächlich gegeben sei, werde sich in den Ermittlungen herausstellen, erklärt Kert gegenüber faktiv. Das ist schließlich auch der Sinn und das Ziel von Ermittlungen: Indizien und Fakten zusammenzutragen, die in einem allfälligen Prozess die Schuld oder Unschuld eines Beschuldigen belegen können. Um eine Bestimmungstäterschaft von Kurz zu beweisen, würde es aber nicht ausreichen, dass Handlungen (etwa das "Frisieren" von Umfragen) zu Kurz' Vorteil gesetzt wurden, so der Strafrechtsprofessor: "Strafrechtlich gesehen bräuchte man dafür irgendeine Einflussnahme durch Sebastian Kurz, zum Beispiel im Zusammenhang mit dem Missbrauch der Finanzen des Finanzministeriums."

Allerdings käme auch eine sogenannte Beitragstäterschaft in Betracht, so Kert. Dafür würde es reichen, dass Kurz die gesetzten strafbaren Handlungen gutgeheißen habe. Es müsse aber bewiesen werden, dass er über die Vorgänge Bescheid gewusst habe. Die bekannten Chats sind Indizien dafür. Man stehe zwar noch am Anfang des Ermittlungsverfahrens, so Kert, für dieses Stadium gäbe es aber schon eine sehr umfangreiche Grundlage: "Eine 104-seitige Anordnung einer Hausdurchsuchung gibt es auch nicht oft, das ist nicht nichts."

Fazit

Eine "dünne Suppe" sieht Experte Kert bei den Ermittlungen gegen Kurz nicht und fühlt sich von Kanzler Schallenberg falsch wiedergegeben. Dessen Aussage ist also als irreführend einzustufen.