Der Landeshauptmann von Burgenland, Hans-Peter Doskozil setzt sich für einen Mindestlohn ein.

Wo Doskozil seinen Mindestlohn umsetzen konnte – und wo nicht

Der Mindestlohn im Burgenland ist Hans Peter Doskozils größter Erfolg. Aber: Wird er wirklich überall im Bundesland umgesetzt? Ein Faktencheck.

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Es ist vielleicht der größte politische Erfolg, mit dem sich Hans Peter Doskozil brüstet: Unter ihm als Landeshauptmann wurde im Burgenland ein Mindestlohn eingeführt. Waren es im Jahr 2020 zunächst 1700 Euro, beläuft sich das Mindestentgelt inzwischen auf 2000 Euro netto, die jede und jeder Bedienstete monatlich erhält. Wirklich jeder und jede? profil hat recherchiert. 

Wenn wir – und das haben wir schon gemacht – weitergehen in die Pflege, … dann wird der (Mindestlohn, Anm.) kollektivvertraglich durch Aufzahlungen umgesetzt.

Hans Peter Doskozil

Landeshauptmann Burgenland (SPÖ), ZIB2, 30.03.2023

Fakt

Wer in den landeseigenen Kliniken oder bei den Sozialen Diensten Burgenland als Pflegekraft beschäftigt ist, erhält tatsächlich den versprochenen Mindestlohn. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterliegen seit 2020 dem Dienstrecht für Landesbedienstete und damit der gleichen Entgeltbestimmung.

Wir haben den Mindestlohn nicht nur im Landesdienst, sondern auch in der Holding umgesetzt. Wenn Sie in die Holding schauen, haben wir auch Tourismusbetriebe.

Hans Peter Doskozil

Landeshauptmann Burgenland (SPÖ), ORF-Report, 25.04.2023

Größtenteils richtig

Damit ein Bundesland wie das Burgenland geschäftlich tätig sein, gründet sie Gesellschaften, die unter einer Landesholding verwaltet werden. Neben Kliniken werden in der Dachgesellschaft öffentliche Einrichtungen wie Universitäten oder Theater verwaltet, auch Tourismusbetriebe wie Hotels, Kurbäder oder Gastwirtschaften werden durch die Holding betrieben. 

profil-Recherchen zeigen jedoch, dass nicht alle Beschäftigten 2000 Euro netto verdienen. Das Kurbad Tatzmannsdorf sucht beispielsweise aktuell eine Köchin oder einen Koch – die Stelle wird mit 1800 Euro netto ausgeschrieben. Für eine ähnliche Stelle im Hotel Schlaining werden 1700 netto geboten. 

profil hat im Burgenland nachgefragt, warum nicht alle Holding-Gesellschaften den versprochenen Mindestlohn ausbezahlen. Im Büro des Landeshauptmanns verweist man auf die Vereinbarung von 2020, dernach der Mindestlohn 1700 Euro beträgt. Einige Bereiche der Landesholding, darunter Tourismus, würden Branchen-Kollektivverträgen unterliegen, wodurch sich die unterschiedlichen Lohnniveaus erklären. Da für 2024 noch Lohnabschlüsse für einige Branchen ausstehen, warte man die Anpassung ab. „Es gibt jedoch die klare Vorgabe, dass umgehend noch in diesem Jahr die Harmonisierung eingeleitet wird, sobald alle Abschlüsse vorliegen”, so die Büroleitung. Heißt: Für die Beschäftigten der Holding-Sparte Tourismus gilt noch der alte Mindestlohn, der im Laufe des Jahre erhöht werden soll.

Wem nützt ein Mindestlohn?

Am Institut für höhere Studien (IHS) wurden die Auswirkungen eines Mindestlohns in Österreich untersucht. Referenzen konnten bisher aus Deutschland gezogen werden, denn hierzulande werden 98 Prozent der Löhne und Gehälter bereits über Kollektivverträge ausverhandelt. Laut den Studienautoren würden immerhin 16 Prozent der Beschäftigten von einem österreichweiten Mindestlohn profitieren. „Wenn Niedrigverdiener etwas mehr bekommen, geht es unmittelbar in den Konsum”, meint Ko-Autor Martin Ertl vom IHS. Soll heißen: Der Mehrverdienst belebt vorübergehend die heimische Wirtschaft.  

Ein Mindestlohn würde vor allem Schichten mit niedrigem Haushaltseinkommen betreffen, die oft in Dienstleistungsbranchen wie Tourismus oder der Pflege tätig sind. Langfristig werde Österreich noch mehr Pflegekräfte benötigen, die heute schon fehlen, so Ertl, „das wird in den nächsten Jahren nicht besser und das ist ein positiver Anreiz, um Menschen in den Sektor zu bekommen.” Probleme sieht der IHS-Ökonom hingegen im Dienstleistungssektor wie der Gastronomie: höhere Arbeitskosten können sich in den Preisen widerspiegeln. Zudem stehen Tourismusbetriebe im internationalen Wettbewerb. Die Folge: Kann ein Betrieb die Kosten nicht weitergeben, ist mit Beschäftigungsrückgang zu rechnen.

… Dann kommen die Ausschreibungen dran. Schritt für Schritt muss der Mindestlohn umgesetzt werden.

Hans Peter Doskozil

Landeshauptmann Burgenland (SPÖ), Der Standard, 29.11.2021

Falsch

Um den Mindestlohn auch in der Privatwirtschaft auszurollen, schlug die Landesregierung vor, das Mindestentgelt als Vergabekriterium für öffentliche Ausschreibungen vorauszusetzen. Sei es der Bau der neuen Feuerwache in Eisenstadt oder ein Reinigungsdienst für die Seefestspiele in Mörbisch: Firmen sollen den Zuschlag des Landes nur erhalten, wenn sie ihren Beschäftigten mindestens 2000 Euro bezahlen – so zumindest die Ankündigung.

Ein Blick ins Vergabegesetz  zeigt aber: Seit der Ankündigung haben sich die Vergabe-Richtlinien nicht geändert. 

„Vergaberechtlich ist der Vorschlag heikel”, sagt Claudia Fuchs, Professorin für öffentliches Recht an der Wirtschaftsuniversität Wien. Österreichisches Vergaberecht sei inzwischen zum Großteil mit dem Europäischen harmonisiert. Die Rechtsexpertin verweist auf Erkenntnisse des Europäischen Gerichtshofs, die ähnliche Fälle aus Deutschland behandelten. Das Problem läge in der Ungleichbehandlung von Beschäftigten, die in Betrieben tätig sind, die nicht an Ausschreibungen teilnehmen. Soll heißen: Einen Mindestlohn über öffentliche Vergaben zu steuern, ist rechtlich schwierig. 

Auf profil-Nachfrage, warum der Mindestlohn bisher nicht in den Vergaberichtlinien berücksichtigt wurde, teilt das Büro des Landeshauptmanns mit: „Nach interner Prüfung wäre die Vorschreibung eines Mindestlohnes nur zulässig, wenn der Mindestlohn allgemein und branchenunabhängig für die Vergabe aller öffentlichen Aufträge zumindest eines Gebietes gelten würde.” Das Land Burgenland legt daher keinen Mindestlohn in ihren Ausschreibungskriterien fest – Doskozil konnte seine Ankündigung nicht umsetzen, die Aussage ist somit falsch.

Fazit

Das Burgenland bezahlt  seinen Bediensteten tatsächlich den angekündigten Mindestlohn von 2000 Euro netto. In einzelnen Gesellschaften der Landesholding, wie in der Sparte Tourismus, wird allerdings noch der Mindestlohn von 1700 Euro bezahlt – eine Anpassung wird von Seiten der Landesregierung noch für heuer versprochen.

Zwar konnte Landeshauptmann Doskozil damit größtenteils den Mindestlohn in allen Betrieben umsetzen, die sich im Besitz des Burgenlands befinden. Den Mindestlohn in die Privatwirtschaft mittels Ausschreibungen auszuweiten, ist ihm aber nicht gelungen. 

Kevin Yang

schreibt im Rahmen des 360° JournalistInnen-Traineeship für profil.