"Gewiß nicht unproblematisch"

Anna Freud: Schlüsselfigur der Kinderanalyse wurde vor 119 Jahren geboren

Aktuell. Anna Freud: Schlüsselfigur der Kinderanalyse wurde vor 119 Jahren geboren

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Anna Freud hat ihr ganzes Leben dem Vermächtnis ihres berühmten Vaters gewidmet und gilt als Schlüsselfigur der Kinderanalyse: Am 3. Dezemeber 1895 kam Anna Freud, die Tochter des Vaters der Psychoanalyse, Sigmund Freud, zur Welt. Sie selbst beschrieb ihr Leben folgendermaßen: "Ich begann als Volksschullehrer. Von diesem Gebiet bewegte ich mich zur Psychoanalyse und Kinderanalyse. Von da an habe ich mich ständig von der theoretischen Erforschung dieser Probleme zu deren praktischer Anwendung und wieder zurück bewegt. Ich gebe zu, daß man besonders viel Glück haben muß, um dies tun zu können, und daß die meisten Leute nicht so glücklich sind."

Als Volksschullehrerin tätig
Anna Freud wurde am 3. Dezember 1895 als das jüngste von sechs Kindern Sigmund Freuds in Wien geboren. Die Psychoanalyse wurde ihr quasi in die Wiege gelegt: 1895 war auch jenes Jahr, in dem Freud gemeinsam mit Josef Breuer die "Studien über Hysterie" veröffentlichte und damit die Psychoanalyse begründete. Nachdem Anna 1911 die Matura abgelegt hatte, ließ sie sich privat zur Lehrerin ausbilden und war von 1917 bis 1920 als Volksschullehrerin tätig.

Interesse für psychoanalytische Tätigkeit
Schon während ihrer pädagogischen Ausbildung zeigte die junge Frau bereits Interesse für eine psychoanalytische Tätigkeit. Sie war zwischen 1915 und 1918 an der Psychiatrischen Klinik Wagner-Jaureggs bei Visiten anwesend und hörte bereits 1914 Vorlesungen ihres Vaters zur "Einführung in die Psychoanalyse".

"Gewiß nicht unproblematisch"
Ihre Lehranalyse machte Anna Freud bei ihrem Vater, eine Tatsache, die Leupold-Löwenthal als "gewiß nicht unproblematisch" bezeichnet. Begründet werden könne dadurch aber sicher die enge Bindung Annas an ihren Vater, "in dessen Dienst sie eigentlich ihr ganzes Leben gestellt hat". Das erste Auftreten Anna Freuds im psychoanalytischen Kreis erfolgte 1918 auf einem Internationalen Kongreß in Budapest.

Mitglied der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung
Nachdem sie die Lehrtätigkeit aufgegeben hatte, arbeitete Anna Freud als Lektorin in der englischen Abteilung des Internationalen Psychoanalytischen Verlages. 1922 hielt sie ihren Probevortrag in der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung mit dem Titel "Schlagephantasie und Tagtraum". Daraufhin wurde sie zum Mitglied der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung gewählt.

Kinderseminar
Im gleichen Jahr begann die Freud-Tochter ihre analytische Tätigkeit und eröffnete ihre eigene Praxis. Gemeinsam mit Marianne und Ernst Kris, Anni Katan, Robert Wälder, Wilhelm Reich und Jeanne Lampl-de-Groot gehörte sie dem sogenannten Kinderseminar an, wie die jungen Mitglieder der Vereinigung genannt wurden.

Technik der Kinderanalyse
1923 veröffentlichte Anna Freud ihre erste kinderanalytische Arbeit mit dem Titel "Ein hysterisches Symptom bei einem zweieinvierteljährigen Kinde". Drei Jahre später begann sie an dem "Lehrkurs für Pädagogen" mitzuarbeiten, in dem man Werbung für die Psychoanalyse zu machen versuchte. 1927 veröffentlichte sie ihre "Einführung in die Technik der Kinderanalyse".

Verbindung von Psychoanalyse und Pädagogik
Auf Kritik stießen ihre Theorien bei den britischen Analytikern rund um Melanie Klein. Bei der Auseinandersetzung ging es vor allem um die Frage der Übertragungsneurose in der Kinderanalyse. Während Anna Freud der Meinung war, daß eine Übertragungsneurose sich beim Kind nicht im vollem Umfang ausbilden könne, beschuldigte Klein die Freud-Tochter einer fehlerhaften Technik. Besonders angegriffen wurde Anna Freud von den "Kleinianern" auch wegen der von ihr propagierten Verbindung von Psychoanalyse und Pädagogik.

Diese enge Zusammenarbeit zwischen den beiden Fachbereichen manifestierte sich auch in der 1926 von Heinrich Meng gegründeten "Zeitschrift für psychoanalytische Pädagogik", in der Anna Freud wiederholt Artikel veröffentlichte. 1930 erschien ihr Buch "Psychoanalyse für Pädagogen", 1936 ihr Werk "Das Ich und die Abwehrmechanismen". Immer wieder vertrat sie in dieser Zeit ihren bereits kränkelnden Vater bei psychoanalytischen Kongressen.

Anna-Freud-Tribute der US-Band The National

(APA/Red.)