Schumachers Zukunft weiter ungewiss

Michael Schumacher: Wie geht es nach dem Schädel-Hirn-Trauma weiter?

Aktuell. Wie geht es nach dem Schädel-Hirn-Trauma weiter?

Drucken

Schriftgröße

Seit mehr als drei Wochen liegt der siebenfache Formel 1 Weltmeister Michael Schumacher in der Universitätsklinik in Grenoble im künstlichen Koma. Er wird dort mit Sonden ernährt, täglich gewaschen und immer wieder umgebettet, um ein Wundliegen zu vermeiden. Sein Zustand ist weiterhin stabil, mit der Zeit schwinden allerdings die Hoffnungen, dass der populäre Sportler wieder völlig gesund wird.

Wie es tatsächlich um seine Gesundheit steht, kann noch niemand wirklich einschätzen, vermutlich auch die Ärzte nicht, die Spezialisten in ihrem Fach sind, denn Schädel-Hirn-Verletzungen gehören zu den langwierigsten und am schwersten behandelbaren und prognostizierbaren Verletzungen. Für die Familie, die Freunde und die Fans hat das auch gute Seiten: Es lebt nach wie vor die Hoffnung, dass Schumacher, der in seiner Karriere als Rennfahrer etliche schwere Unfälle ohne Spätfolgen überstanden hat, wieder völlig gesund wird.

Apallisches Syndrom
Die andere Seite der Medaille ist allerdings ein Zustand, den alle zu verdrängen versuchen: Das apallische Syndrom (AS); ein in der Neurologie bekanntes Krankheitsbild, das durch eine schwere Schädigung des Gehirns hervorgerufen wird. Dabei kommt es zu einem Ausfall größerer Teile oder sogar des gesamten Großhirns, während gleichzeitig die Funktion des Rückenmarks, des Zwischenhirns und des Hirnstamms erhalten bleiben. Die Betroffenen - in Deutschland rechnet man mit mindestens 10.000 Fällen - sind in einer Art Wachkoma. Sie wirken wach, haben aber kein Bewusstsein und kaum eine Möglichkeit zu kommunizieren.

+++ Medizin: Die wundersame Regenerationsfähigkeit des Gehirns +++

Zuletzt hatten sich Managerin Kehm und die Ärzte in Grenoble, wo Schumacher seit seinem Skiunfall am 29. Dezember in Meribel mit einem schweren Schädel-Hirn-Trauma im künstlichen Koma liegt, am 6. Jänner zu seinem Gesundheitszustand geäußert. Damals hatte es noch geheißen, der Zustand des 45-Jährigen sei "stabil", aber weiterhin "kritisch".

In ihrer Erklärung sprach Kehm diesmal nicht mehr davon, dass Schumacher in Lebensgefahr schwebe. Nähere Einzelheiten zum Gesundheitszustand des siebenfachen Champions wollte sie auf Nachfrage aber nicht mitteilen.

Ob Schumacher von dem apallischen Syndrom betroffen ist, wird man erst sagen können, wann er aus dem künstlichen Koma geholt wird. Sein Zustand wäre in dem Fall der schicksalhaften Diagnose AS-Syndrom jedoch kaum anders als im künstlichen Koma: Für AS-Patienten wurde der Begriff "persistent vegetative state"; andauernder vegetativer Zustand definiert. Sie reagieren weder auf Ansprechen, noch auf Anfassen oder Gegenstände und zeigen auch sonst keine Reaktionen. Im schlimmsten Fall muss den Patienten selbst der Schluckreflex wieder angelernt werden.

Apallische Syndrome sind immer die Folge einer schweren Hirnschädigung, die durch ein Schädel-Hirn-Trauma - das durch den Unfall Schumachers möglich wäre - ausgelöst und durch einen darauf folgenden Kreislaufstillstand verursacht werden. Die Therapie nach der Akutbehandlung ist langwierig und aufwändig. Sie kann ein Jahr oder länger dauern. Falls der Patient nicht anspricht - die Chance einer Erholung aus einem AS-Zustand liegt weit unter 50 Prozent - mündet die Therapie in eine dauerhafte Pflege. Diese bleibt dem großen Sportler Michael Schumacher hoffentlich erspart.

„Forza Michael”
Das Ferrari-Herz schlägt für Michael Schumacher. Sein Ex-Team nimmt weiterhin großen Anteil am Schicksal des schwer verletzten Formel-1-Rekordweltmeisters. Erst organisierte die Scuderia Busse, damit Fans zur Klinik nach Grenoble reisen konnten. Seit dieser Woche wird unter dem Stichwort "Forza Michael" täglich ein neuer Genesungswunsch aus der Ferrari-Familie veröffentlicht.

Von Boss Luca di Montezemolo über Pilot Fernando Alonso bis hin zu weiteren Weggefährten von Schumacher - sie alle wünschen dem im Koma liegenden Champion nur das Beste. Schumacher und Ferrari verbindet eine einzigartige Beziehung und Erfolgsgeschichte. Von 2000 bis 2004 gewann der Deutsche mit dem Rennstall aus Maranello fünfmal hintereinander die Formel-1-WM.

„Reine Spekulation”
"Michaels Zustand wird weiterhin als stabil angesehen", erklärte Kehm. Sie erinnerte daran, "dass jegliche Information über Michaels Gesundheitszustand, die nicht von seinem behandelnden Ärzteteam oder seinem Management stammt, als reine Spekulation betrachtet werden muss". Sie hob zudem hervor, "dass Michaels Familie sehr zufrieden ist mit der Arbeit des behandelnden Ärzteteams und dass sie ihnen absolut vertraut".

Anstieg der Skihelmverkäufe nach Schumacher-Unfall
Der schwere Skiunfall von Michael Schumacher hat die Skihelmverkäufe in Österreich und Deutschland stark angekurbelt. "Händler schätzen den Anstieg auf 20 bis 30 Prozent bei Helmverkäufen gegenüber dem Vorjahr", so Sport-2000-Vorstand Holger Schwarting. Auch Intersport konnte seine Verkaufszahlen um 20 Prozent steigern.

Gesteigertes Sicherheitsbewusstsein
Als Folge dieser schweren Unfälle liege der Fokus bei den Freizeitsportlern immer mehr auf Sicherheit, bestätigte WKÖ-Sporthandels-Obmann Ernst Aichinger. Sowohl die Produzenten als auch die Skifahrer haben sich dem gesteigerten Sicherheitsbewusstsein angepasst. Auch bei Rückenprotektoren sei die Industrie bemüht Aufklärungsarbeit zu leisten. Die Verkäufe haben sich allerdings noch nicht so stark erhöht wie bei Skihelmen.

Geringe Geschwindigkeit
Schumacher soll bei seinem schweren Skiunfall in den französischen Alpen mit geringer Geschwindigkeit unterwegs gewesen sein. Das belegt nach einem französischen TV-Bericht das Video von Schumachers Helmkamera, das von der Gendarmerie Chambery untersucht worden war.

"Verlassen Sie die Klinik"
Corinna Schumacher hat sich mit einem eindringlichen Appell an die Medien gewandt. Die Frau des schwer verletzten Michael Schumacher mahnte in unmissverständlicher Klarheit an, die Ärzte und ihre Familie in Ruhe zu lassen.

"Es ist mir wichtig, dass Sie die Ärzte und das Krankenhaus entlasten, damit diese in Ruhe arbeiten können - vertrauen Sie bitte deren Statements und verlassen Sie die Klinik. Bitte lassen Sie auch unsere Familie in Ruhe", hieß es in der Mitteilung.

In dem Statement, dass Schumachers Managerin Sabine Kehm verbreitete, bat die Ehefrau des ehemaligen Formel-1-Piloten: "Bitte unterstützen Sie uns in unserem gemeinsamen Kampf mit Michael."

Der Wintersportort Méribel in den französischen Alpen


Größere Kartenansicht

Der Deutsche hatte sich am 29. Dezember beim Skifahren in Meribel schwere Kopfverletzungen zugezogen, wurde bisher zweimal operiert und liegt im Krankenhaus in Grenoble weiter im künstlichen Koma.

Schumacher wird in einem Krankenhaus in Grenoble, Frankreich, behandelt


Größere Kartenansicht

Steckbrief:

Michael Schumacher
Geb.: 3. Jänner 1969, Deutschland
Geburtsort: Hürth-Hermühlheim; aufgewachsen in Kerpen
Wohnort: Gland (Schweiz)
Familienstand: verheiratet mit Corinna seit 1. August 1995
Kinder: Gina Maria (16), Mick (14)
Bruder: Ralf Schumacher (38/ebenfalls früherer Formel-1-Pilot)

Größte Erfolge:
* Siebenfacher Formel-1-Weltmeister (1994, 1995 und 2000 bis 2004)
* 91 Grand-Prix-Siege (zuletzt 2006)

Erster GP: 25. August 1991 GP von Belgien
Letzter GP: 25. November 2012 GP von Brasilien
Erster GP-Sieg: 30. August 1992 GP von Belgien
Letzter GP-Sieg: 1. Oktober 2006 GP von China
GP-Starts: 307
GP-Siege: 91
GP-Podestplätze: 155
Pole Positions: 68
Teams: 1991 Jordan, Benetton
1992 bis 1995 Benetton
1996 bis 2006 Ferrari
2010 bis 2012 Mercedes

Wichtigste Rekorde: Meiste WM-Titel (7), meiste GP-Siege (91),
meiste Pole Positions (68), meiste Podestplätze (155)

(APA/Red)