Devi Zinsou Ehoun vor einer Wand mit Bildern
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Benin: Der Voodoo-Priester mit 22 Frauen und über 160 Kindern

Devi Zinsou Ehoun, 68, wurde als Bauer in Benin geboren. Heute ist er eine nationale Berühmtheit, mit 22 Frauen über 160 Kindern. Ein Gespräch über Macht, Mord und Familie mit einem überzeugten Patriarchen und mächtigen Voodoo-Priester.

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Text und Fotos: Thomas Bruckner

Unser Gespräch findet in Loko-Atoui, dem Heimatdorf Devis, statt, einem kleinen afrikanischen Ort im Süden Benins, zu dem nur eine einzige, mit Gräben, Furchen und Schlaglöchern übersäte Piste führt. Devi erwartet uns in einem kleinen Häuschen, das lediglich aus einem schmalen Raum besteht. Allerlei Unrat liegt auf dem Boden, an den verblassten Wänden hängen eingerahmte, verstaubte Bilder. Zwei Kühlschränke stehen wie ausgemustert nebeneinander. Im Eingangsbereich tummelt sich ein Dutzend Kinder und Jugendliche. Auf Anweisung Devis wird einer von ihnen den Beginn unseres Gesprächs mit einem Smartphone filmen. Als wir das Häuschen betreten und auf den hölzernen Stühlen direkt vor Devi Platz nehmen, bleibt dieser völlig regungslos auf seiner verschlissenen Couch sitzen. In traditionelle Kleidung gehüllt und mit Gold behangen, thront er stoisch ruhig und mit aufrechter Körperhaltung. Nach einigen Minuten Stille eröffnet er das Gespräch. Während der gesamten Konversation sitzt ein Mann neben Devi, der jede seiner Aussagen kopfnickend untermauert. Anfangs erzählt Devi von den 1990er-Jahren, in denen er eine bewaffnete Bürgerwehr gründete und Banditen auf teils bestialische Weise tötete, um seine Region von ihrem Unwesen zu befreien. Nach rund einer Stunde kommen wir auf jene Themen zu sprechen, die uns ursprünglich zu diesem Besuch bewogen haben – Frauen, Kinder, Familie. Wie erwartet, widersprechen viele Antworten Devis unseren europäischen Werten. Da er in der Region als ehemaliger Milizführer bekannt ist, sprechen wir ihn mit „Oberst“ an.

Oberst Devi, Sie haben in den 1990er-Jahren eine bewaffnete Bürgerwehr gegründet. Wie waren damals die Zustände in der Region?

Devi

Es hat lange gedauert, bis wir dazu entschlossen waren, uns zu wehren. Jahrelang haben uns Rebellen und Banditen tyrannisiert. Es war damals üblich, dass die Banditen eine Uhrzeit auf die Hausmauern schrieben und dann pünktlich zur angegebenen Zeit an der Tür klopften. Sie standen dann da mit ihren Gewehren und Macheten, und wir mussten ihnen alles aushändigen, was sie haben wollten.

Gab es keine Polizei, die die Bevölkerung schützen konnte?

Devi

Die gab es, allerdings hatten nur wenige der Polizisten Waffen. Außerdem kamen die Banditen stets wenige Tage nach ihrer Festnahme wieder frei. Ihre Anführer hatten gute Kontakte zu wichtigen Personen in der Region.

Also beschlossen Sie, sich selbst zu wehren?

Devi

Ja. Die Banditen wurden immer extremer. Sie folterten und vergewaltigten unsere Frauen und zwangen ihre Männer mit vorgehaltener Waffe, dabei zuzusehen. Gemeinsam beschlossen wir, jene Banditen, die wir gefangen nehmen konnten, hart zu bestrafen.

Überlebensgroße Statue des beninischen Oberst Devi vor einem Steinhaus
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Wie haben diese harten Strafen ausgesehen?

Devi

Jene, die wir festnehmen konnten, übergossen wir mit Benzin und zündeten sie danach an. Dies sollte als Abschreckung dienen.

Für diese Morde kamen Sie im Jahr 2002 in der Hauptstadt Porto Novo ins Gefängnis. Aufgrund großen Drucks aus der Bevölkerung und nach der Zahlung einer Kaution wurden Sie eineinhalb Jahre später wieder freigelassen. Damals mussten Sie auch versprechen, die Selbstjustiz zu beenden. Bereuen Sie die Morde?

Devi

Wir haben unser Vorgehen damals gemeinsam entschieden. Es gab keine andere Lösung. Diese Maßnahmen waren die einzige Möglichkeit, die Banditen davon abzuhalten, uns weiterhin zu tyrannisieren.

Seit damals sind Sie eine nationale Berühmtheit in Benin. In Ihrem Dorf steht eine Statue zu Ihren Ehren. Sie mit nacktem Oberkörper, mit Voodoo-Amuletten behangen, Patronengurt und Gewehr in den Händen. Ein martialischer Krieger, der an Rambo erinnert. Sehen Sie sich selbst so?

Devi

Ich sehe mich als starken Mann. So stark, dass selbst Kugeln von Banditen mich nicht töten können. (Im Jahr 2011 wurde Oberst Devi von rachsüchtigen Banditen in einen Hinterhalt gelockt und von zahlreichen Kugeln getroffen, aber überlebte, angeblich nahezu unverletzt, Anm.)

Sie gelten auch als mächtiger Voodoo- Priester mit besonderen Kräften. Woher stammen diese?

Devi

Ich habe diese Kräfte von meinem Vater bekommen. Schon viele mächtige Politiker haben sich vor ihrem Amtsantritt Kraft von mir geholt. Sie sind da gesessen, wo du gerade sitzt, und haben mich um Kraft gebeten. (Tatsächlich stehen am Boden einige eingerahmte Bilder, auf denen Devi offensichtlich in diesem Raum mit sehr einflussreichen Staatsmännern posiert, auch ehemalige Staatspräsidenten sind darunter, Anm.)

Wie können Sie anderen Menschen Kraft geben?

Devi

Ich besitze diese Kraft einfach. Zudem habe ich Wissen über besondere Pflanzen und Wurzeln. Auch Zaubersprüche helfen.

Was meinen Sie damit?

Devi

Darüber rede ich nicht.

Sie sind mit 21 Frauen verheiratet. War es immer ein Ziel von Ihnen, mit möglichst vielen Frauen verheiratet zu sein?