Benin: Der Voodoo-Priester mit 22 Frauen und über 160 Kindern
Devi Zinsou Ehoun, 68, wurde als Bauer in Benin geboren. Heute ist er eine nationale Berühmtheit, mit 22 Frauen über 160 Kindern. Ein Gespräch über Macht, Mord und Familie mit einem überzeugten Patriarchen und mächtigen Voodoo-Priester.
25.09.25
Drucken
Schriftgröße
Text und Fotos: Thomas Bruckner
Unser Gespräch findet in Loko-Atoui, dem Heimatdorf Devis, statt, einem kleinen afrikanischen Ort im Süden Benins, zu dem nur eine einzige, mit Gräben, Furchen und Schlaglöchern übersäte Piste führt. Devi erwartet uns in einem kleinen Häuschen, das lediglich aus einem schmalen Raum besteht. Allerlei Unrat liegt auf dem Boden, an den verblassten Wänden hängen eingerahmte, verstaubte Bilder. Zwei Kühlschränke stehen wie ausgemustert nebeneinander. Im Eingangsbereich tummelt sich ein Dutzend Kinder und Jugendliche. Auf Anweisung Devis wird einer von ihnen den Beginn unseres Gesprächs mit einem Smartphone filmen. Als wir das Häuschen betreten und auf den hölzernen Stühlen direkt vor Devi Platz nehmen, bleibt dieser völlig regungslos auf seiner verschlissenen Couch sitzen. In traditionelle Kleidung gehüllt und mit Gold behangen, thront er stoisch ruhig und mit aufrechter Körperhaltung. Nach einigen Minuten Stille eröffnet er das Gespräch. Während der gesamten Konversation sitzt ein Mann neben Devi, der jede seiner Aussagen kopfnickend untermauert. Anfangs erzählt Devi von den 1990er-Jahren, in denen er eine bewaffnete Bürgerwehr gründete und Banditen auf teils bestialische Weise tötete, um seine Region von ihrem Unwesen zu befreien. Nach rund einer Stunde kommen wir auf jene Themen zu sprechen, die uns ursprünglich zu diesem Besuch bewogen haben – Frauen, Kinder, Familie. Wie erwartet, widersprechen viele Antworten Devis unseren europäischen Werten. Da er in der Region als ehemaliger Milizführer bekannt ist, sprechen wir ihn mit „Oberst“ an.
Oberst Devi, Sie haben in den 1990er-Jahren eine bewaffnete Bürgerwehr gegründet. Wie waren damals die Zustände in der Region?
Devi
Es hat lange gedauert, bis wir dazu entschlossen waren, uns zu wehren. Jahrelang haben uns Rebellen und Banditen tyrannisiert. Es war damals üblich, dass die Banditen eine Uhrzeit auf die Hausmauern schrieben und dann pünktlich zur angegebenen Zeit an der Tür klopften. Sie standen dann da mit ihren Gewehren und Macheten, und wir mussten ihnen alles aushändigen, was sie haben wollten.
Gab es keine Polizei, die die Bevölkerung schützen konnte?
Devi
Die gab es, allerdings hatten nur wenige der Polizisten Waffen. Außerdem kamen die Banditen stets wenige Tage nach ihrer Festnahme wieder frei. Ihre Anführer hatten gute Kontakte zu wichtigen Personen in der Region.
Also beschlossen Sie, sich selbst zu wehren?
Devi
Ja. Die Banditen wurden immer extremer. Sie folterten und vergewaltigten unsere Frauen und zwangen ihre Männer mit vorgehaltener Waffe, dabei zuzusehen. Gemeinsam beschlossen wir, jene Banditen, die wir gefangen nehmen konnten, hart zu bestrafen.
Jene, die wir festnehmen konnten, übergossen wir mit Benzin und zündeten sie danach an. Dies sollte als Abschreckung dienen.
Für diese Morde kamen Sie im Jahr 2002 in der Hauptstadt Porto Novo ins Gefängnis. Aufgrund großen Drucks aus der Bevölkerung und nach der Zahlung einer Kaution wurden Sie eineinhalb Jahre später wieder freigelassen. Damals mussten Sie auch versprechen, die Selbstjustiz zu beenden. Bereuen Sie die Morde?
Devi
Wir haben unser Vorgehen damals gemeinsam entschieden. Es gab keine andere Lösung. Diese Maßnahmen waren die einzige Möglichkeit, die Banditen davon abzuhalten, uns weiterhin zu tyrannisieren.
Seit damals sind Sie eine nationale Berühmtheit in Benin. In Ihrem Dorf steht eine Statue zu Ihren Ehren. Sie mit nacktem Oberkörper, mit Voodoo-Amuletten behangen, Patronengurt und Gewehr in den Händen. Ein martialischer Krieger, der an Rambo erinnert. Sehen Sie sich selbst so?
Devi
Ich sehe mich als starken Mann. So stark, dass selbst Kugeln von Banditen mich nicht töten können. (Im Jahr 2011 wurde Oberst Devi von rachsüchtigen Banditen in einen Hinterhalt gelockt und von zahlreichen Kugeln getroffen, aber überlebte, angeblich nahezu unverletzt, Anm.)
Sie gelten auch als mächtiger Voodoo- Priester mit besonderen Kräften. Woher stammen diese?
Devi
Ich habe diese Kräfte von meinem Vater bekommen. Schon viele mächtige Politiker haben sich vor ihrem Amtsantritt Kraft von mir geholt. Sie sind da gesessen, wo du gerade sitzt, und haben mich um Kraft gebeten. (Tatsächlich stehen am Boden einige eingerahmte Bilder, auf denen Devi offensichtlich in diesem Raum mit sehr einflussreichen Staatsmännern posiert, auch ehemalige Staatspräsidenten sind darunter, Anm.)
Wie können Sie anderen Menschen Kraft geben?
Devi
Ich besitze diese Kraft einfach. Zudem habe ich Wissen über besondere Pflanzen und Wurzeln. Auch Zaubersprüche helfen.
Was meinen Sie damit?
Devi
Darüber rede ich nicht.
Sie sind mit 21 Frauen verheiratet. War es immer ein Ziel von Ihnen, mit möglichst vielen Frauen verheiratet zu sein?
Devi
Darüber habe ich nicht nachgedacht. Ursprünglich hatte ich nur eine Frau, diese sogar relativ spät geheiratet. Über fünf Jahre hinweg haben wir uns regelmäßig getroffen, viel miteinander geredet, uns gut verstanden, erst dann habe ich entschieden, dass ich sie heiraten möchte. Da ich einiges an Land besitze und dadurch immer viel Arbeit zu erledigen ist, meinte meine Frau, dass eine zweite Frau eine große Hilfe wäre. Die zweite Frau haben wir dann gemeinsam ausgesucht.
Kann man also sagen, dass es sich bei der ersten Ehe um eine Liebesbeziehung und bei den anderen Ehen um Zweckgemeinschaften handelt?
Devi
Ich liebe alle meine Frauen. Erst vor drei Monaten habe ich meine letzte Frau geheiratet, sie ist noch jung, 19 Jahre alt. Einige meiner älteren Frauen haben gemeint, dass mir eine junge Frau sicher guttun würde. Ich habe somit jetzt 22 Frauen.
Was verstehen Sie unter Liebe?
Devi
Meinen Frauen geht es gut bei mir. Sie haben alles, was sie brauchen. Sie wohnen in meinen Häusern. Und jede meiner Frauen hat mehrere Kinder von mir.
Wie und wo haben Sie Ihre jüngste Frau kennengelernt?
Devi
Sie kommt aus einem der Nachbardörfer. Ich hatte sie schon einige Male gesehen und mit ihr gesprochen. Ich bin zu ihren Eltern gegangen und habe ihnen gesagt, dass ich ihre Tochter zur Frau haben möchte. Ich hatte guten Stoff mit dabei und ein paar andere Geschenke. Nachdem der Vater mit seiner Tochter gesprochen hat, teilte er mir mit, dass seine Tochter einverstanden damit ist.
Und was schätzen Sie an Ihrer jüngsten Frau?
Devi
Sie wird viele Kinder von mir bekommen. Sie muss nichts arbeiten, sie muss nur für mich da sein.
Wenig später führen einige Burschen eine junge Frau zur Tür herein. Sie hat langes, geflochtenes Haar, trägt Festkleidung und wirkt wie eine Schönheitskönigin bei einem Auftritt. Devi schlingt sogleich einen Arm um sie, sagt ein paar Worte zu ihr und posiert für ein Foto. „Ich will sie in meiner Nähe wissen“, sagt er dann und lacht. Nach rund einer Minute ist sie trotzdem wieder verschwunden. Später entdecken wir sie vor dem Eingang, in Rufweite, auf der Holzterrasse sitzend. Anders als ein Bursche, der neben ihr am Boden sitzt, schaut sie in kein Smartphone hinein, sondern hinaus auf die staubige Piste. Devi selbst besitzt zwei Smartphones, während unseres Gesprächs nimmt er einige Anrufe entgegen.
Sie müssen anständig sein. Und sollten möglichst viele Kinder bekommen.
Was heißt „anständig sein“?
Devi
Alle meine Frauen waren noch Jungfrau, als ich sie geheiratet habe.
Zählen auch Frauen aus einer größeren Stadt und gebildete Frauen zu Ihren Partnerinnen?
Devi
Viele meiner Frauen sind nur ein oder zwei Jahre zur Schule gegangen, nur einige können lesen und schreiben.
Und wie wichtig ist Ihnen das Äußere, das Aussehen bei einer Frau?
Devi
Ich mag bei einer Frau ein schönes Gesicht und einen guten Körper.
Gibt es bei so vielen Frauen auch Eifersucht oder Rivalität untereinander?
Devi
Nein. Jede Frau hat andere Aufgaben. Schwer arbeiten muss aber keine. Eine von meinen Frauen ist aktuell nur damit beschäftigt, sich um meine neueste Frau zu kümmern. Sie wäscht die Wäsche für sie, sie putzt und kocht für sie, sie hilft ihr bei der Körperpflege, holt Wasser für sie und so weiter.
Und das tut sie gerne?
Devi steht auf, deutet uns, mitzukommen, und wir gehen über die staubige Piste zum Nachbarhaus hinüber, wo eine Frau schmutzige Kleidungsstücke in einer Wanne wäscht. Noch einmal erklärt er, dass sie das gerne macht. Wie erwartet, bestätigt die Frau die Aussagen Devis.
Wie schaffen Sie es, den Frauen genügend Aufmerksamkeit zu schenken? Und warum glauben Sie, dass Ihre Frauen glücklich mit Ihnen sind?
Devi
Ich kümmere mich um jede meiner Frauen. Sie wohnen mit ihren Kindern in meinen fünf Häusern, die ich hier im Dorf besitze. Jede hat ihren eigenen Bereich. Alle haben mehrere Kinder von mir. Je nachdem, wo es mich in der Nacht hinzieht, übernachte ich.
Sie sind 68 Jahre alt. Wie lange, glauben Sie, werden Sie noch Kinder zeugen können?
Devi
Ich habe nahezu unendliche Kraft. Ich hatte noch nie Probleme, eine Frau glücklich zu machen. Mein Vater hatte auch 18 Frauen, er hat mir eine Mixtur aus Kräutern und Wurzeln verraten, davon trinke ich täglich einige Liter. Ich kann noch viele weitere Kinder zeugen. Ich schlafe oft mit vier oder fünf Frauen gleichzeitig. Wenn eine nicht mehr kann, lasse ich eine neue holen. Ich besitze Kraft ohne Ende.
Seitensprünge sind kein Thema mehr für Sie, oder?
Devi
Es gibt Frauen, die wollen nur meine Kraft spüren und mich nicht heiraten. Das kommt oft vor, ich habe kein Problem damit.
Haben Sie auch schon Ablehnungen erfahren? Frauen, die Sie nicht heiraten wollten?
Devi
Ja. Das kam öfter vor. Manche Frauen wollen keinen Mann mit so vielen Frauen. Aber auch bevor ich meine erste Frau geheiratet habe, haben mich einige abgelehnt.
Schmerzt es Sie, wenn eine Frau Sie ablehnt?
Devi
Nein. Das macht nichts, ich frage dann einfach eine andere.
Und wenn eine Ihrer Frauen Sie betrügen würde?
Devi
Dann würde sie sterben.
Was heißt das?
Devi
Sie würde krank werden und sterben. Eine höhere Macht würde dafür sorgen.
Ist das bei einer Ihrer Frauen schon passiert?
Devi
Nein.
Würden Sie darunter leiden?
Devi
Nein.
Wo sehen Sie den Unterschied zwischen Männern und Frauen?
Devi
Männer sind Frauen überlegen. Wir sind ihnen körperlich überlegen und klarer in unseren Entscheidungen. Männer sind auch intelligenter als Frauen.
Aber es gibt doch sicher Dinge, die Frauen besser können als Männer, oder?
Devi
Ja, die Dinge, die sie eben tun. Versorgen, sich kümmern, Wäsche waschen, kochen. Einfache Tätigkeiten halt.
Wie viele Kinder haben Sie?
Devi
Um die 160, und einige meiner Frauen sind gerade schwanger.
Glauben Sie, dass Sie ein guter Vater sind?
Devi
Ja, ich kümmere mich um meine Kinder. Ich bezahle das Schulgeld und sorge für Ordnung.
Sogleich steht auch schon ein Sack voll mit Baguettes vor Oberst Devi, und wir bekommen demonstriert, was es heißt, ein guter Vater zu sein. Rund 20 bis30 Kinder treten im Gänsemarsch ins Zimmer ein. Devi reißt ein Baguette nach dem anderen auseinander und gibt jedem Kind ein Stück in die Hand. Nach fünf Minuten ist das Schauspiel vorbei, und wir führen unser Gespräch weiter.
Wenn es tut, was man von ihm verlangt, in die Schule geht und bei der Arbeit hilft. Ich besitze viele Felder, diese versorgen uns mit Nahrung. Jeder muss mithelfen.
Kennen Sie alle Namen Ihrer 160 Kinder?
Devi
Ja. Wenn ein Kind vor mir steht, fällt mir der Name immer ein.
Wie viele Ihrer Kinder gehen aktuell in die Schule?
Devi
Alle meiner Kinder gehen oder gingen in die Schule. Das älteste meiner Kinder ist schon um die 40 und lebt in Porto Novo (der beninischen Hauptstadt, Anm.). Allein die hier ansässige Dorfschule besuchen ungefähr 30 meiner Kinder. Es ist sehr schwierig, das viele Schulgeld aufzutreiben.
Haben Sie ein Lieblingskind?
Devi
Nein.
Und wenn Sie sterben, welcher Nachkomme wird Ihre Position übernehmen?