ZDF-Moderator und Satiriker Jan Böhmermann.

Wer ist Jan Böhmermann?

Der ZDF-Moderator sorgte bereits mit dem Varoufakis-Stinkefinger-Fake und dem Erdogan-Schmähgedicht politisch für Furore. Nun soll er auch beim Ibiza-Video von Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus eingeweiht gewesen sein.

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"Ignoranz, Ungerechtigkeit und grundlose Angst" bringen Jan Böhmermann auf die Palme. Mit seinem von Wut getriebenem Humor ist der Satiriker wohl der legitime Nachfolger von Harald Schmidt.

Mit seinem Beitrag, das umstrittene Stinkefinger-Video mit Griechenlands Finanzminister Yanis Varoufakis sei ein Fake seiner ZDF-Sendung "Neo Magazin Royale", hat Jan Böhmermann (38) 2015 einen Coup gelandet, über den Millionen Menschen sprachen. Doch wer ist dieser schmalschultrige, schlaksige Satiriker eigentlich, der virtuos wie sonst wohl keiner in Deutschland TV und soziale Netzwerke bespielt?

Für manchen ist er ein arrogant-zynischer Yuppie-Journalist oder karrieregeiler Klugscheißer, für andere ein Ironie-Genie und die womöglich beste Rechtfertigung für den Rundfunkbeitrag.

Seine Fans bewundern ihn für seinen spöttisch-wütenden Humor, der sich schon gegen die "Bild"-Zeitung, Pegida-Anhänger, prominente YouTuber oder Sänger Campino und dessen Kollegen beim sozialen Projekt "Band Aid 30" als Musiker-Werbung gerichtet hat.

"Mehrfacher Vater mit einem unerschütterlichen Wertekompass"

Wenn man Böhmermann fragt, was ihn aufregt, dann sagt er laut "Zeit Magazin": "Ignoranz, Ungerechtigkeit und grundlose Angst." Er spreche von sich als "mehrfacher Vater mit einem unerschütterlichen Wertekompass". Nach der Arbeit wolle er schnell nach Hause, um sich auf dem Sofa an der "eigenen Spießigkeit zu erfreuen". Was Details zu seinem Privatleben angeht, hält sich der Spaßmacher aber stets bedeckt.

Für seinen Rundfunkbeitrag will der überzeugte Öffentlich-Rechtliche "nicht nur folkloristische Lokalberichterstattung" oder "die singende Sagrotan-Flasche Helene Fischer sehen". Sein Ansatz: "zur Not muss man das Programm, das man sich wünscht, eben selber machen."

In einem TV-Interview brachte er einmal die Linke-Politikerin Sahra Wagenknecht in Bedrängnis, als er verliebt tuend ein gemeinsames Date vorschlug. ProSieben-Altmeister Stefan Raab führte er einmal vor, indem er etwas produzierte, was so aussah wie eine chinesische Kopie des "TV total"-Quiz' "Blamieren oder Kassieren". Raab zeigte das in seiner Show und machte sich über das Fake ernsthaft lustig.

Harald Schmidt als Vorbild

Während er Günther Jauch und Stefan Raab weniger schätzt, ist Böhmermann ein Bewunderer von Harald Schmidt, wie er in einem "Zeit"-Interview belegte: "Er ist ein Pionier für intelligentes Fernsehen. Damit hat er Klaas Heufer-Umlauf, Olli Schulz und mir den Weg geebnet. Bevor Schmidt kam, war alles andere Klamauk."

Jan Böhmermann wurde am 23. Februar 1981 in Bremen geboren. Als er 17 war, starb sein Vater an Leukämie, wie es in Biografien heißt. Nach der Matura war er Reporter bei der Lokalzeitung und bei Radio Bremen. In Köln studierte er Geschichte, Soziologie und Theater-, Film- und Fernsehwissenschaften, brach nach wenigen Semestern jedoch ab. Er kam zum WDR-Radiosender 1Live, wo er vor zehn Jahren "Lukas' Tagebuch" erfand. Fußball-Star Lukas Podolski missfielen diese Parodien, weshalb er der ARD bei der WM 2006 Interviews verweigerte.

Ab 2009 war Böhmermann Mitarbeiter bei der Late-Night-Show "Harald Schmidt" im Ersten, später machte er mit Charlotte Roche die provokante ZDFkultur-Talkshow "Roche & Böhmermann", in der geraucht und Whisky getrunken wurde. Es folgte das Grimme-Preis-ausgezeichnete "Neo Magazin" (ZDFneo), das nun "Neo Magazin Royale" heißt und in Zweitausstrahlung auch im Hauptprogramm des ZDF läuft.

Ab 2016 wurde "Schulz & Böhmermann" (gemeinsam mit Olli Schulz) bei ZDFneo ausgestrahlt. Die Sendung wurde allerdings Ende 2017 aufgrund zu niedriger Zuschauerzahlen eingestellt. Einen Podcast mit den beiden gibt es nach wie vor.

Olli Schulz und Jan Böhmermann

Böhmermann und das Erdogan-Schmähgedicht

2016 löste Jan Böhmermann mit dem satirischen Gedicht "Schmähkritik" einen weiteren diplomatischen Eklat aus, diesmal zwischen der Türkei und Deutschland. Merkel nannte das Gedicht damals "bewusst verletzend", wie Regierungssprecher Steffen Seibert nach einem Telefonat der deutschen Kanzlerin mit dem damaligen türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu berichtete. Später bezeichnete die Kanzlerin diese Aussage als Fehler. Böhmermann klagte Merkel wegen der Kritik, die Klage wurde aber abgewiesen.

Erdogan selbst hatte Böhmermann zuvor wegen Beleidigung verklagt. Das Landgericht Hamburg gab der Klage teilweise statt. Böhmermann darf "ehrverletzende" Verse des Gedichts gegen Erdogan nicht wiederholen. Der türkische Präsident hatte den Beitrag komplett verbieten lassen wollen.

Im April 2017 war Böhmermann als erster deutscher Comedian zu Gast in der US-Talkshow "Late Night with Seth Meyers".

Aufregung nach Interview im "ORF-Kulturmontag"

Böhmermann gilt als scharfer Kritiker der schwarz-blauen Regierung in Österreich. Zuletzt hatte er im ORF-"Kulturmontag" mit einer Weiterentwicklung eines Zitats aus Thomas Bernhards "Heldenplatz" für Aufregung gesorgt. Angesprochen auf den dortigen Befund, Österreich bestehe aus "sechseinhalb Millionen Debilen und Tobsüchtigen" merkte der deutsche Satiriker an, dass sich das Rad der Zeit ja weiterdrehe – es somit jetzt "acht Millionen Debile" wären, und der Ruf nach autoritärer Führung sei immer noch sehr laut. Der ORF distanzierte sich von den Aussagen, was wiederum lautstark kritisiert wurde.

Böhmermann kannte Strache-Video schon lange

Die heimlichen Aufnahmen des nun zurückgetretenen Vizekanzlers Heinz-Christian Strache soll Böhmermann bereits seit Wochen gekannt haben. Das bestätigte sein Manager Peter Burtz am Samstag der Nachrichtenagentur dpa.

Burtz dementierte aber, dass die Aufnahmen Böhmermann angeboten worden seien. Da sie ihm nicht angeboten worden seien, habe er sie auch nicht abgelehnt. Woher Böhmermann die Aufnahmen kannte, wisse er nicht, sagte Burtz.

Böhmermann hatte bereits im April bei der Verleihung der Romy-Akademiepreise in einer Video-Botschaft Andeutungen zu dem Fall gemacht. Den Preis könne er nicht persönlich abholen, weil er "gerade ziemlich zugekokst und Red-Bull-betankt mit ein paar FPÖ-Geschäftsfreunden in einer russischen Oligarchen-Villa auf Ibiza rumhänge", hatte Böhmermann gesagt. Er verhandle gerade, wie er die "Kronen Zeitung" übernehmen könne, dürfe darüber aber nicht reden. In seiner Botschaft übte er zudem heftige Kritik an der Bundesregierung.

Jan Böhmermann bei der Romy-Gala 2018

Bei seiner ZDF-Sendung "Neo Magazin Royale" wurde Böhmermann am vergangenen Donnerstag von seinem Talk-Gast gefragt, ob er wieder etwas vorbereitet habe, wofür man ihn hassen werde. Daraufhin sagte der Satiriker: "Das weiß man oft erst hinterher. Für mich ist es eine normale Sendung. Kann sein, dass morgen Österreich brennt. Lassen Sie sich einfach überraschen."

Am Montag postete Böhmermann einen Link auf seinem Twitter-Account, der zu einem Countdown führt. Bis auf die Linkbezeichnung dotheyknowitseurope.eu findet sich kein konkreter Hinweis auf der Seite, worum es sich handeln könnte. Der Countdown läuft zudem auch unter der Adresse comediansforworldpeace.eu.

Im CSS-Code der Website steckt allerdings das Wort "Ibiza" , was darauf hindeuten könnte, dass weitere Informationen zur Affäre rund um das Video folgen könnten.

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