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Methusalem-Familien und die dramatisch wachsende Alterskluft in Beziehungen

Titelgeschichte. Angelika Hager über Methusalem-Familien und die dramatisch wachsende Alterskluft in Beziehungen

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Endlich bekam der langweiligste Staatspräsident aller Zeiten einmal richtig Farbe. Als François Hollande am Dienstag der Vorwoche im dicht besetzten Pressesaal des Elysée-Palasts politische Muskeln zeigen wollte, kam er nicht weit. Denn bereits die erste Frage bezog sich auf das von der Spur geratene Liebesleben des politisch so glücklosen 59-jährigen Sozialisten. Hollandes Bäckchen röteten sich unter dem Make-up-Kleister, er versuchte vergeblich seiner Stimme Festigkeit zu verleihen. In jedem Privatleben gäbe es für die Menschen Prüfungen, lautete die Antwort, was durchaus auch zu schmerzhaften Momenten führen könne. Die „première dame“, Hollandes Lebensgefährtin Valerie Trierweiler, 48, wollte zu diesem Zeitpunkt keine Schmerzen mehr. Mit dem Gefühl, „von einem TGV überrollt werden zu sein“, hatte sie sich in der Klinik ihres Vertrauens in einen mehrtägigen Tiefschlaf versetzen lassen. Man versteht sie. Keine Frau möchte per Liveticker dabei sein, wenn sie zugunsten einer jüngeren Konkurrentin entsorgt wird. Wobei der Altersunterschied von achtzehn Jahren zwischen Hollande und seiner 41-jährigen „amour fou“, der Schauspielerin Julie Guyet, sich sogar noch innerhalb der geschmacklichen Vertretbarkeit befindet. Und man sich im Elysée-Palast nach Mitterrand, Chirac und Sarkozy ohnehin längst an seitenspringende Regierungschefs gewöhnt hat. Zu französischen Staatsmännern gehört Polygamie wie Trinkfestigkeit zu österreichischen Politikern.

„Was für ein lächerlicher Präsident“, lästerte Sarkozy zufrieden angesichts der Eskapaden seines Amtsvorgängers. Denn auch Hollande war mit vollem Karacho in die Jugendwahn-Falle gerast, in die Männer beim Herbsterwachen ihrer Hormone gerne schlittern. Und da ist die Gefahrenzone, zur Lachnummer zu werden, selten weit. Monsieur Le Président ließ sich nämlich regelmäßig mit wehenden Schößen auf einem Motorroller von seinem Bodyguard ins Liebesnest chauffieren.
„Das größte Übel an der Jugend ist, dass man nicht mehr dazu gehört“, klagte Salvador Dalí. Doch im Jagdfieber auf junge Frauen ist altersadäquates Verhalten bei Männern ein zu vernachlässigendes Kriterium und das Sensorium für die eigene Peinlichkeit oft ausgehebelt.
Der Ankauf von roten Vespas und Autos ohne Dach, sowie spontane Haartönungen und das plötzliche Tragen von zu engen Designer-Jeans, bunten Freundschaftsarmbändchen, Sportmützchen, die den schwindenden Haaransatz kaschieren, und allzu flotten Lederjacken sind generell Indizien, die langjährige Gefährtinnen von Mid- und Thirdlife-Krisenten aufhorchen lassen sollten. Mit hochprozentiger Wahrscheinlichkeit haben derartige Lifestyle-Frischzellenkuren einen Grund, der gut aussieht und wesentlich jünger ist. Das klingt nach Klischee. Natürlich! Aber in jener prekären Lebensphase, in der sich bei Männern der Verdacht auf ihre Sterblichkeit zur schmerzlichen Gewissheit verdichtet und sie sich dieexistentielle Frage „Das kann doch jetzt noch nicht alles gewesen sein?!“ stellen, sprengen solche Peter Paniks gerne ihr bisheriges Lebenskonstrukt in die Luft – ungeachtet der „casualities of war“ in Form von lang gedienten Ehefrauen und Kindern. In der Hitze des frisch entfachten Testosteron-Feuers werden solche emotionalen Verluste egal. Solche Dramen kennt jeder aus seinem Bekanntenkreis. Salz-&-Pfeffer-Wölfe, die mit unverhohlenem Besitzerstolz ihre „Zitronentörtchen“, wie der amerikanische Schriftsteller Tom Wolfe die unverbrauchten Zweit- und Drittfrauen gut situierter Herren bezeichnete, durch den gesellschaftlichen Parcours paradieren, sieht man auf jeder Theaterpremiere, Vernissage und in den gehobenen Restaurants und Wellness-Oasen.

Was den erheblichen Lebensvorsprung des Mannes in solchen Beziehungen betrifft, häufen sich in den Gefilden von Macht, Politik, Geld und Glamour immer heftiger auseinanderklaffende Beispiele.

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