Moderne Olympische Spiele: Mord und Poesie

Moderne Olympische Spiele: Mord und Poesie

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Tot. Der Kämpfer liegt regungslos am Boden. Neben ihm steht der neue Olympiasieger, mit schweißgebadetem Körper und blutverschmierten Händen. Was klingt wie eine besonders pathetische Szene aus "Gladiator", gehörte einmal genauso zu den Olympischen Spielen wie heutzutage das 100-Meter-Sprintfinale. Pankrateon hieß der Wettkampf, der im antiken Griechenland überaus populär war und schließlich zur olympischen Disziplin erhoben wurde. Pankrateon war eine Art Ringkampf, bei dem alles erlaubt war und der oft mit dem Tod des Unterlegenen endete. Andere Wettbewerbe in Olympia waren der Waffenlauf - Soldaten liefen in voller Montur um die Wette - oder Eselrennen.

Gute Einfälle: Pierre de Coubertin

Mehr als 2000 Jahre später erhob Pierre de Coubertin, Begründer der modernen Olympischen Spiele, Todeskampf und Eselrennen zwar nicht mehr zur olympischen Disziplin, dafür hatte er einige andere gute Einfälle: 1912 fand etwa der erste olympische Literaturwettbewerb statt, den Baron Coubertin prompt selbst gewann. Auch in den Bereichen Malerei, Bildhauerei, Architektur und Musik wurden Olympiasieger erkoren. Einzige Einschränkung: Die Künstler durften sich nur vom Sport inspirieren lassen. Nach 1948 wurden die Künste allerdings von den Olympischen Spielen verbannt, "weil das Urteil der Wettkampfrichter gänzlich subjektiv war", so Nikolai Gueorguiev, Historiker des IOC.

Tabakweitspucken

Zu dieser Zeit gehörten auch andere olympische Sportarten längst wieder der Geschichte an. Anfang des 20. Jahrhunderts gab es etwa Wettbewerbe im Tauziehen, Längentauchen und im Weit-, Hoch- und Dreisprung aus dem Stand. Wurfspieß bzw. Diskus mussten mit beiden Händen geworfen werden. 1904 boxten Frauen vor dem überwiegend männlichen Publikum, allerdings nur bei Schauwettkämpfen. Im selben Jahr wurden auch Medaillen in der Kategorie Tabakweitspucken vergeben. Besonders bedauernswert ist das Verschwinden der originellen Disziplin 200-Meter-Schwimmen mit Hindernissen. Dabei mussten die Athleten eine Stange überklettern, eine Bootsreihe übersteigen und unter einer weiteren durchtauchen.

Exotische Disziplinen

"Es war immer ein Problem zu definieren, welche Disziplin olympisch ist und welche nicht", meint Gueorguiev. Seit den ersten modernen Spielen 1896 hat sich die Zahl der Sportarten fast verdreifacht, die Anzahl der Bewerbe ist von 43 auf 300 gestiegen. Einige Bewerbe wie etwa Tennis verschwanden, wurden aber später wieder eingeführt. Wer weiß, vielleicht gibt es ja in einigen Jahren ein Revival der Disziplin Hindernisschwimmen oder Malen. Für Österreich wäre das durchaus wünschenswert. Denn gerade bei den exotischen Disziplinen errangen unsere Sportler überproportional viele Medaillen.