Peter Hackmair

Peter Hackmair: "Es ist unsere Pflicht, Flüchtlingen eine Chance zu bieten"

Ex-Bundesliga-Profi und derzeitiger ORF-Fußball-Experte Peter Hackmair im Interview über soziales Engagement, Selbstbestimmtheit und das Fehlen eines politischen Diskurses im heimischen Sport.

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INTERVIEW: CLEMENS ENGERT

profil: In Österreich gibt es so gut wie keine Sportler, die sich öffentlich zu politischen Themen äußern wollen. Woran liegt das? Peter Hackmair: Mir fällt grundsätzlich auf, dass Leute, die in der Öffentlichkeit stehen, immer vorsichtiger werden, wenn es darum geht, ihre Meinung zu äußern. Speziell, wenn diese polarisieren könnte. In Zeiten von Social Media ist natürlich auch die Angst vor einem Shitstorm groß.

profil: Sind Fußballer prinzipiell eher unpolitisch oder redet man einfach öffentlich nicht gerne über diese Dinge? Hackmair: Die meisten sind tatsächlich politisch einfach wenig interessiert. Ich war während meiner Karriere selbst eher unpolitisch. Die spannende Frage ist halt, wo Politik beginnt. Ich denke, dass wir in einer Zeit leben, wo der Einzelne gefordert ist, selbst Politik zu machen. Der erste Schritt in dieser Hinsicht muss sein, dass man ein selbstbestimmtes Leben führt und sich nicht von anderen Meinungen beeinflussen lässt. Ich selbst engagiere mich stark in der Sozialpolitik und vertrete meine Standpunkte - auch, wenn ich weiß, dass das viele nicht so gerne hören.

profil: In welchen Bereichen engagierst du dich? Hackmair: Speziell zum Thema „Flüchtlinge“ habe ich eine ganz klare Meinung, für die ich auch persönlich eintrete. Ich bin schockiert darüber, dass wir Menschen hinter Zäune sperren und im Mittelmeer ertrinken lassen. Es ist unsere Pflicht, diesen Leuten eine Chance zu bieten. Wir leben hier schließlich im Paradies und es ist eine Frechheit, so zu tun, als ob uns diese Menschen nichts angehen würden.

profil: Hast du im Zuge dieses sozialpolitischen Engagements auch Gegenwind bekommen? Hackmair: Ja. Ich wollte zum Beispiel im Innviertel ein Training für Flüchtlinge organisieren. Es war wirklich extrem schwierig, dafür überhaupt einen Fußballplatz zur Verfügung gestellt zu bekommen, weil sich die einzelnen Vereine nicht getraut haben.

profil: Fußball hat ja nicht zuletzt eine integrative, verbindende Funktion. Im österreichischen Nationalteam finden sich etwa zahlreiche Spieler mit Migrationshintergrund. Warum hört man da nicht öfter Stellungnahmen von Fußballern, die sich gegen Politiker richten, die Ängste schüren? Hackmair: Ja, das ist schade. Man spricht in diesem Zusammenhang viel zu selten aus, wofür der Fußballsport eben eigentlich steht: Nämlich für das Verbindende und nicht für Ausgrenzung.

Ich verstehe die Ängste der Profis. Als Fußballer versucht man primär einmal, in seiner Karriere voranzukommen und alles, was einen daran hindern könnte, auszublenden.

profil: Spielt bei aktiven Fußballern auch bisweilen die Angst mit, bei den diversen Fangruppen politisch nicht anecken zu wollen? Hackmair: Ja, das war auch bei mir so. Gerade am Anfang wollte ich es allen recht machen und niemanden verstimmen. Erst im Zuge meiner Persönlichkeitsentwicklung habe ich gemerkt, dass es viel besser ist, authentisch zu sein und auch mal anzuecken. Ich denke, dass man nur so im Leben wirklich weiterkommen kann. Trotzdem verstehe ich die Ängste der Profis. Als Fußballer versucht man primär einmal, in seiner Karriere voranzukommen und alles, was einen daran hindern könnte, auszublenden. Es ist halt immer ein Risiko, seine Meinung öffentlich zu vertreten.

profil: In den USA haben sich während des Präsidentschaftswahlkampfes allerdings sogar sehr viele Sportler für einen der Kandidaten der stark gemacht. Hackmair: Ich glaube, dass das eine Frage der Mentalität ist. Ich war in den letzten Jahren oft in den USA und mir ist aufgefallen, dass die Leute dort prinzipiell viel klarer und selbstbewusster ihre Meinung vertreten. Das gilt dann natürlich auch für politisches Engagement. Wir Österreicher warten in dieser Hinsicht ja gerne mal ab und ziehen uns in unseren Kokon zurück.

profil: In Österreich steht bekanntlich am 4. Dezember eine Richtungswahl an. Wäre das nicht auch für Sportler eine Gelegenheit, sich ein bisschen mehr zu trauen, was politische Statements betrifft? Hackmair: Ich denke, es müsste einfach irgendein sehr populärer Sportler den ersten Schritt machen und sich dazu äußern. Dann würden sich das sicher auch viele andere trauen. Ich glaube, dass es einige Sportler gibt, die eine klare Meinung dazu hätten, aber nur darauf warten, dass jemand voranschreitet, der sich das aufgrund seines Status erlauben kann. Vielleicht gäbe es dann auch bei uns eine ähnliche Entwicklung wie in den USA – dass man sich daran gewöhnt, dass sich auch Sportler zu politischen Themen äußern.

profil: Wen wirst du bei der Präsidentschaftswahl wählen? Hackmair: Ich werde Van der Bellen meine Stimme geben und stehe natürlich auch dazu.

Zur Person

Peter Hackmair, 1987 in Vöcklabruck geboren, spielte in allen Nachwuchsnationalteams Österreichs, wobei er mit der Bronzemedaille bei der U19-EM und dem 4. Platz bei der U20-WM seine größten Erfolge feiern konnte. Für die SV Ried und Wacker Innsbruck absolvierte er insgesamt 120 Bundesliga-Spiele. Nach seinem Rücktritt als Aktiver im Jahr 2012 veröffentlichte Hackmair mit „Träume verändern“ und "FREIGerEIST" zwei Bücher. Seit Saisonbeginn 2015/16 arbeitet er für den ORF bei Live-Spielen als Analytiker.