Paul McCartney oder Billy Shears?

Verschwörungstheorien: Ist Paul McCartney seit 1966 tot?

Serie. In regelmäßigen Abständen nimmt profil gängige Verschwörungstheorien genauer unter die Lupe. Teil 3: Starb der "echte" Paul McCartney 1966 bei einem Autounfall und wurde durch einen Doppelgänger ersetzt?

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Eine der beliebtesten Verschwörungstheorien der Popgeschichte und ein wunderbares Beispiel dafür, wie man mit einer großen Portion Fantasie einen regelrechten Konspirations-Hype kreieren kann: Willkommen in der kunterbunten Welt des "Paul is dead"-Mythos.

These:

Paul McCartney kam 1966 bei einem Autounfall ums Leben und wurde - auf Drängen des Managements - durch einen Doppelgänger namens William Campbell (oder auch Billy Shears) ersetzt. In der Folge versuchten die übriggebliebene Beatles, ihre Fans durch versteckte Hinweise ("Clues") auf den Vorfall aufmerksam zu machen.

Hier eine Auflistung der wichtigsten dieser sogenannten "Paul is Dead-Clues":

- Das "Sgt. Pepper's"-Cover: Der üppige Blumenschmuck und die vielen Personen (Trauergemeinde) werden als Beerdigung aufgefasst. Es sieht so aus, als müsse McCartney von Ringo Starr und George Harrison gestützt werden. Über seinem Kopf ist außerdem eine offene Hand zu sehen, was in manchen Kulturkreisen als Symbol des Todes gilt. Der Blumen-Bass im Vordergrund soll für den Tod seines Besitzers stehen. Manche glauben auch, das Wort „PAUL?“ im Blumenmuster erkennen zu können. Der Bass als ganzes sieht aus wie ein großes „P“. Im Inneren der Plattenhülle ist ein weiteres Bild der Beatles, auf dem Paul McCartney eine Armbinde mit der Aufschrift “O.P.D.” trägt. Die Abkürzung steht angeblich für Officially Pronounced Dead (übersetzt: Offiziell für tot erklärt).

Eine weitere versteckte Botschaft auf dem legendären Albumcover scheint sich zu offenbaren, wenn man die obere Hälfte der Wörter "LONELY HEARTS" horizontal spiegelt: Die Zeichen "I ONE I X HE () DIE" erscheinen. Die populärste Interpretation hierzu lautet: I (+) ONE (+) I (=3) X (steht für Paul) HE () (der Pfeil zeigt direkt auf Paul) DIE → 3 (Beatles) X (Paul) HE () DIE - drei sind also noch übrig, einer ist tot. Wem dies spontan zu kompliziert klingt und das Album zufällig sein eigen nennt, kann den "Trick" leicht zuhause nachstellen.

- Das "Abbey Road"-Cover: Die Plattenhülle von Abbey Road zeigt, wie die Beatles von links nach rechts über einen Zebrastreifen gehen. John Lennon trägt weiße, Ringo Starr und Paul McCartney dunkle und George Harrison blaue Kleidung - die Vier werden als Trauerzug aufgefasst: Lennon ist der Priester und läuft voraus, Starr ist der Sargträger, McCartney ist der Verstorbene und Harrison in Arbeitskleidung ist der Totengräber. McCartney ist als einziger barfuß (in Großbritannien werden die Menschen barfuß beerdigt, außerdem ist in Italien Barfüßigkeit ein Symbol für den Tod). Im Hintergrund parkt ein weißer VW-Käfer, dessen Nummernschild "LMW 28IF" lautet. "LMW" wird zu "Linda McCartney Weeps" oder "Linda McCartney Widow" entziffert. 28IF soll bedeuten, dass McCartney 28 Jahre alt wäre, wenn (if) er nicht gestorben wäre.

- Versteckte Botschaften in Aufnahmen: 1) Die Worte "Number Nine" im Song "Revolution #9" werden - rückwärts abgespielt - oft als "Turn me on dead man" ("Mach mich an, toter Mann") interpretiert. 2) In "Strawberry Fields Forever" soll John Lennon am Ende die Worte "I buried Paul" ("Ich habe Paul begraben") sprechen - Lennon selbst beharrte stets darauf, "Cranberry Sauce" (Preiselbeer-Sauce) gesagt zu haben. 3) Am Ende des Songs "I‘m So Tired" murmelt Lennon irgendetwas, was - wenn man es rückwärts abspielt - als “Paul is a dead man. Miss him! Miss him! Miss him!” interpretiert werden könnte.

- Versteckte Botschaften in Texten: 1) Die Textzeilen aus "A Day In The Life": “He blew his mind out in a car. He didn’t notice that the lights had changed. A crowd of people stood and stared. They’d seen his face before. Nobody was really sure if he was from the house of Lords” sollen eine genaue Beschreibung des Unfalls sein. Zudem kann das Wort "Lords" phonetisch durchaus als "Paul" interpretiert werden. 2) Auch der Song "Don‘t Pass Me By" soll direkt auf den Unfall anspielen: "You were in a car crash and you lost your hair. You said that you would be late about an hour or two I said that’s alright I’m waiting here, just waiting to hear from you”. 3) Im Titelsong von "Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band" wird angeblich McCartneys Nachfolger vorgestellt: “So may I introduce to you the one and only Billy Shears.”

Eine populäre Abwandlung der Theorie besagt, dass Paul McCartney zwar nie gestorben sei, die Beatles jedoch ab einem gewissen Zeitpunkt bewusst begonnen hätten, versteckte Hinweise auf ein mögliches Ableben McCartneys als "Running Gag" in ihre Kunst einzubauen. Die Band sei also quasi selbst der Auslöser der Verschwörungstheorie gewesen und habe sich einen Spaß aus der ganzen Sache gemacht.

Hintergrund/Herkunft:

Ins Laufen gebracht wurde die ganze Theorie durch einen eigentlich scherzhaft gedachten Artikel, der in der Campuszeitung der University of Michigan veröffentlicht wurde. Darin wurde behauptet, McCartney sei 1966 bei einem Autounfall ums Leben gekommen und der Unfallhergang beschrieben. Kurz darauf griff der Detroiter Radio-Moderator Russel Gibb die Theorie auf. In der Folge begannen immer mehr Beatles-Fans, die die Geschichte ernst nahmen, das Gesamtwerk der Band nach versteckten Hinweisen zu durchforsten. Im Jahr 2000 erschien übrigens ein deutscher Spielfilm mit dem Titel "Paul Is Dead", in dem ein 13-jähriger dem Mythos persönlich auf den Grund geht.

Wahrheitsgehalt:

"Pros":

- Die Beatles waren die größte Band aller Zeiten, 1966 am absoluten Höhepunkt ihrer Karriere und nicht zuletzt ein Millionengeschäft. Die Installierung eines Doppelgängers für einen möglicherweise verstorbenen Paul McCartney hätte ein Weiterleben der Band garantiert.

- Die "Paul is Dead-Clues" sind dermaßen reich an Anzahl und so gewieft konstruiert, dass die Behauptung, alles basiere auf reinen Zufällen, nicht ganz schlüssig erscheint. Ergo: Die Beatles könnten möglicherweise tatsächlich bewusst diese versteckten Hinweise als "Running Gag" eingebaut haben - auch, wenn McCartney in Wahrheit nie gestorben ist.

"Contras":

- Die Beatles waren die vielleicht berühmtesten Menschen ihrer Zeit und wurden nahezu rund um die Uhr von der Presse verfolgt. Ein tödlicher Autounfall inklusive Casting und Installierung eines Doppelgängers wäre wohl unmöglich zu vertuschen gewesen.

- Die "Fab Four" haben sich selbst wiederholt zu der Verschwörungstheorie zu Wort gemeldet und sie als kompletten Humbug dargestellt. McCartney zu einigen der "Clues" in einem Interview aus dem Jahr 1969: "Dies ist ausgemachter Schwachsinn. Ich bin auf den OPD-Aufnäher in Kanada gestoßen. Dort war es ein Uniformaufnäher der Polizei. Möglicherweise steht es für 'Ontario Police Department' oder so. Ich trage eine schwarze Blume, weil keine rote mehr da war. John trägt auf der Hülle von Magical Mystery Tour schwarz, nicht ich. Auf dem Abbey-Road-Foto tragen wir alle ganz gewöhnliche Kleidung. Ich bin barfuß, weil es ein heißer Tag war. Der Volkswagen stand einfach rein zufällig dort."

- Wer jemals das Vergnügen hatte, ein Konzert von Sir Paul zu besuchen, konnte sich persönlich davon überzeugen, dass der mittlerweile 73-jährige sogar im fortgeschrittenen Alter noch in der Lage ist, auch Hits aus der Zeit vor 1966 nahezu originalgetreu wiederzugeben

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