Spielwiese

Wie Videospiele getestet werden

Spielwiese #4: Wie werden Spiele eigentlich getestet? Wie das Spielverhalten für die Entwicklung von Spielen analysiert werden kann - ein Blick hinter die Kulissen von Simone Kriglstein.

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Während Spieler*innen ihre Spiele meist nach Geschmack und Vorlieben auswählen, hängt der Erfolg eines Spiels primär davon ab, dass es immer wieder gespielt wird. Um dies zu erreichen, müssen bei der Entwicklung eine Vielzahl von Entscheidungen getroffen werden, zum Beispiel: Wie soll das Spiel aufgebaut sein? Welchen Schwierigkeitsgrad dürfen eingebaute Rätsel haben? Wie können Gegenstände aufgehoben und verwendet werden? Die zahlreichen Interaktionsmöglichkeiten in den heutigen Videospielen machen es schwierig, diese richtig auszubalancieren. Das Testen des Spieldesigns und das Einbinden der Spieler*innen während der Spielentwicklung hilft dabei, ein optimales Spielerlebnis zu erzeugen und Probleme im Spieldesign sowie Schwierigkeitsgrad und Bedienbarkeit zu identifizieren.

Aber wie funktioniert das genau?

Am AIT Austrian Institute of Technology (Center for Technology Experience) gibt es dafür ein eigenes "Game Experience Team", welches sowohl kleine Spiele-Entwickler als auch bekannte Publisher bei der Evaluierung ihrer Spiele unterstützt. Eine häufig verwendete Methode ist beispielsweise die Lab-Studie zur Beobachtung des Spielverhaltens der Spieler*innen. Der Vorteil einer Lab-Studie ist es, dass verschiedene Situationen, wie zum Beispiel eine gemütliche Wohnzimmeratmosphäre für Konsolenspiele, Mobile-Gaming-Setups oder teambasierte E-Sports-Situationen, simuliert werden können.

Durch die Verhaltensbeobachtung können Missverständnisse seitens der Spieler*innen sowie unterbewusste Faktoren, wie etwa leichte Frustration beim Lösen von zu schwierigen Aufgaben, aufgedeckt werden. Zusätzlich können noch ergänzende technische Hilfsmittel wie Eye-Tracking oder ein Face-Reader eingesetzt werden. Zum Beispiel kann mithilfe von Eye-Tracking erkannt werden, welche Gegenstände oder Spielcharaktere von den Spieler*innen angesehen worden sind. Diese Information ist besonders nützlich um herauszufinden, ob die notwendigen Gegenstände, etwa um ein Level erfolgreich abschließen zu können, so positioniert sind, dass sie auch gesehen werden. Der Einsatz von Face-Readern ermöglicht es Forscher*innen die Mimik und die daraus abgeleiteten Emotionen beim Spielen zu analysieren. So können Bereiche identifiziert werden, die für die Spieler*innen frustrierend oder überraschend waren.

Eine weitere Untersuchungsmethode ist die Durchführung eines Interviews, um Eindrücke und Feedback zum Spiel zu erhalten.

Für Problemstellungen, deren Untersuchung längere Spielzeiten erfordern, bieten "heuristische" Evaluierungen durch Expert*innen ein geeignetes Mittel, um schnelleres Feedback zum Spieldesign zu erhalten. Diese gehen dabei systematisch das Spiel anhand eines Kriterienkatalogs durch. Identifizierte Probleme werden nach Schweregrad sortiert; dabei können für die Schwachstellen konkrete Design- und Handlungsempfehlungen formuliert werden.

Aber auch jene Daten die beim Spielen selbst entstehen, bei Ereignissen, die die Spieler*innen auslösen (zum Beispiel, wenn ein Gegenstand aufgehoben wird) oder die nach einem Zeitintervall automatisch vom Spiel erfasst werden, werden analysiert. Diese Daten ermöglichen eine Analyse über einen längeren Zeitraum und mit einer großen Anzahl von Spieler*innen. Durch die große Menge an Daten können auch Spielerverhaltensmuster identifiziert werden. Diese Analyse lässt unter anderem erkennen, ob das Spiel auch wirklich so gespielt wurde, wie es vom Hersteller gedacht war.

Ein weiterer Vorteil ist, dass dadurch auch unterschiedliche Spielertypen und Spielstrategien identifiziert werden können. Diese Erkenntnisse ermöglichen es auf die unterschiedlichen Vorlieben und Fähigkeiten der Spieler*innen bei der Entwicklung eines Spiels einzugehen. Die Informationen können genutzt werden, um Spiele in Zukunft so zu entwickeln, dass sie sich dem Spielverhalten und den Fähigkeiten der Spieler*innen anpassen.

So kann man ein optimales Spielerlebnis erzeugen und Unannehmlichkeiten wie etwa eine umständliche Bedienbarkeit, unlösbare Rätsel oder einen unbesiegbaren Endgegner verhindern.

 

Simone Kriglstein ist Wissenschaftlerin am AIT Austrian Institute of Technology (Center for Technology Experience) und an der Universität Wien (Fakultät für Informatik). Ihr Fokus liegt auf dem Design und der Evaluation von Benutzerschnittstellen und Interaktionsmethoden unter anderem für Spiele. Ihre Arbeiten wurden auf nationalen und internationalen Konferenzen, wie etwa auf der SIGCHI Conference on Human Factors in Computing Systems präsentiert und in Fachzeitschriften wie Computer & Graphics und Computers in Human Behavior veröffentlicht. Kriglstein hat für die von ihr mitentwickelten Spiele sowie für ihre Arbeiten auf dem Gebiet der Spieleforschung mehrere Auszeichnungen erhalten, darunter den zweiten Platz beim Deutschen Spieleentwicklerpreis 2006 in der Kategorie Newcomer.