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Wie viel Schmiermittel braucht die Haut?

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Feuchtigkeitscremen, Antifaltenseren, Peelings, Lotions – der Warenkorb der Edelparfümerien verheißt Problemhaut-Paranoikerinnen Erlösung quasi über Nacht, meist leider auch zu entsprechenden Tarifen. Nur: Ist die Creme im spacig gestylten Luxustiegel um 70 Euro tatsächlich so viel besser als das Drogeriemarkt-Sonderangebot um wohlfeile zehn Euro? Und: Braucht die Haut den täglichen Schmiermitteleinsatz überhaupt?

Jolanta Schmidt, Leiterin der Kosmetik- und Narbenambulanz an der Universitätsklinik am Wiener Allgemeinen Krankenhaus, relativiert den Glauben an den Jungbrunnen aus dem Cremetiegel: „Es zeigt sich immer wieder, dass es im Hautbild zwischen gepflegter und nicht gerade verwöhnter Haut bis zur magischen Grenze von 40 Jahren tatsächlich kaum einen Unterschied gibt.“ Der Extra-Nutzen immer ausgefeilterer Sälbchen voller Vitaminkomplexe und naturnaher Hautstraffungsstoffe ist offenbar beschränkt, zumal sich die No-Name-Creme aus dem Drogeriegroßmarkt von der Nobelmarke aus der Parfümerie tatsächlich oft nur in der Verpackung unterscheidet – und im Preis. Das ergaben einschlägige Studien des österreichischen Vereins für Konsumenteninformation (VKI). Denn: Alle Hautcremen, die im österreichischen Handel erhältlich sind, erfüllen jedenfalls die Grundanforderungen an das Produkt: schützen und pflegen. Alles Übrige ist eine Frage des persönlichen Lifestyle-Psychogramms. Erich Leitner, Obmann der Kosmetikplattform Kosmetik transparent, zieht einen pragmatischen Vergleich: „Ich kann mir ein T-Shirt sowohl bei Benetton als auch bei H&M kaufen, Shirt ist Shirt. Ich zahle für das Image.“

Doch gerade die teure Image-Politur birgt auch massives Frustrationspotenzial. So warnen die VKI-Experten vor der Illusion, dass Falten einfach weggecremt werden können. Zwar lassen sich unter seriösen Testbedingungen minimale Faltenreduktionen nachweisen, allerdings nur in einem mit freiem Auge kaum erkennbaren Ausmaß – ein Schönheitsfehler, den die Hersteller von High-End-Kosmetikprodukten gern verschweigen. Bei ernsthaften Falten und Hautunreinheiten hilft letztlich nur der Gang zum Dermatologen. Der Spezialist stimmt die Pflege auf individuelle Ansprüche ab und bestimmt die richtigen Konzentrationen. Im Regelfall geht offenbar doch nichts über das gute alte Hausrezept: Wasser und Seife.

Fakten:
1. Zwischen kosmetisch gepflegter und nicht gepflegter Haut ist vor dem 40. Lebensjahr de facto kein Unterschied zu bemerken.
2. Teure Markencremen und No-Name-Produkte aus dem Drogeriegroßmarkt unterscheiden sich in vielen Fällen nur durch Verpackung und Preis voneinander.
3. Falten wegcremen zu können ist eine Illusion. Bei ernsthaften Hautproblemen hilft nur der Gang zum Dermatologen.