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Arnold mag man eben

Arnold mag man eben

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Bei uns in Österreich gibt es zwar nicht, wie in den angelsächsischen Ländern, die Usance, dass Zeitungen und Zeitschriften oder ihre Kommentatoren Wahlempfehlungen abgeben. Und im Fall der kommenden kalifornischen Gouverneurswahlen hätte ein profil-Appell, für einen der Kandidaten zu votieren, wohl kaum eine große Wirkung - Kalifornien ist bekanntlich nicht unmittelbar unser Verbreitungsgebiet. Dennoch drängt es mich, hier klar Stellung zu beziehen und zu rufen: "Arnold for Governor!"

Wie das? Ist die "steirische Eiche", dieser überaus prominente Austroamerikaner nicht deklarierter Republikaner, Mitglied jener Partei, die jetzt in Washington am Ruder ist und sich unter dem Rechtsausleger George W. Bush gerade anschickt, sowohl die USA dramatisch zu beschädigen als auch die Welt ins Chaos zu stürzen? Verkörpert die Kampfmaschine Schwarzenegger, der Terminator, der in seinen Filmen gezählte 500 Menschen auf die verschiedensten spektakulären Arten ins Jenseits befördert hat, nicht ideal jenes neue brutale und imperialistische Bush-Amerika, von dem wir Europäer uns zunehmend mit Grauen abwenden?

Wie kann man einen Mann gut finden, dessen bisherige Hauptbeschäftigung offenbar darin bestand, sich Muskeln anzuzüchten, und der durch die Gegend geht und schwer verständliche steirisch-englische Soundbits herausbellt. Der dümmliche Bodybuilder und Gendarmensohn aus der Steiermark als Gouverneur des bevölkerungsreichsten US-Staates (übrigens die fünftgrößte Volkswirtschaft der Welt) - ist das nicht eher eine Horrorvision?

Keineswegs. Sein Image des hirnlosen Muskelpakets ist geradezu eine seiner Stärken: Die Öffentlichkeit erwartet nicht viel von ihm, und so werden die Leute umso überraschter sein, wenn sie ihn in den kommenden Wochen als wohlinformierten, cleveren Mann erleben - der übrigens an der Universität von Wisconsin ein Master-Degree in Business- Administration erworben hat.

Als eine eindimensionale Figur, einen bloßen unpolitischen Medien-Hype, wie jetzt viele Kommentatoren nörgeln, kann man Arnold Schwarzenegger wirklich nicht sehen. Im Gegenteil. Er ist eine überaus schillernde Persönlichkeit und vereinigt in sich ein Bündel von Widersprüchen: Der Republikaner, der mit der Nichte des legendären Präsidenten John F. Kennedy und des jetzt prominenten demokratischen Senators Ted Kennedy verheiratet ist und sich in gesellschaftspolitischen Fragen - Schwule, Frauen, Minderheiten, Ausländer, Waffen - eher am linken Flügel der Demokraten einreihen würde. Ein Mann, der immer wieder betont, dass seine Lebensgeschichte der Triumph des individuellen Willens sei, sich aber voll für die Benachteiligten der Gesellschaft einsetzt. Der brutal-harte Geschäftsmann und Immobilienhai, der Millionen und Abermillionen Dollar für karitative Zwecke spendet. Der Superathlet, der sich vornehmlich um behinderte Kinder kümmert. Und schließlich der Sohn eines österreichischen Nazis als einer der großen Förderer der Holocaust-Forschung.

Er müsse nicht dessen politische Ansichten akzeptieren, sagte einst Maria Shriver zu ihrem Onkel Ted, als sie ihren Verlobten Arnold in die Kennedy-Familie einführte: "Betrachte ihn nicht als Republikaner, sondern als Mann, den ich liebe. Und wenn das nicht geht", fügte sie witzelnd hinzu, "dann nimm ihn halt als einen, der dich zerquetschen kann."

Arnold wurde von der erzdemokratischen Kennedy-Dynastie akzeptiert. Und blieb doch Republikaner. Das zeugt von Charakterstärke. Wie auch die Tatsache, dass der Mann mit dem Macho-Image mit Maria nicht eine schöne, dumme Upperclass-Tussi geheiratet hat, sondern eine kluge - auch schöne - und erfolgreiche Fernsehjournalistin. Und sich in der glamourösen Filmwelt Hollywoods, wo ein Republikaner eher als Troglodyt angesehen wird, als Republikaner zu behaupten und trotzdem erfolgreich und geschätzt zu sein - da gehört schon einiges dazu.

Nein, Arnold ist nicht nur physisch ein starker Typ. Und da mag man über die einfachen, für österreichische Ohren unangenehm, für amerikanische angeblich charmant klingenden steirisch-amerikanischen Soundbits lästern: Intelligenter, sympathischer und vor allem witziger als die pathetisch-missionarischen Kurzsätze des amtierenden US-Präsidenten Bush ist Schwarzeneggers Rede noch allemal.

Wie überhaupt der Vergleich zwischen George W. und Arnold eindeutig zugunsten des zukünftigen kalifornischen Gouverneurs ausfällt. Dem verwöhnten und leicht missratenen, eher unbegabten Patriziersöhnchen aus Texas, dem alles in den Schoß gefallen ist, steht das Unterschichtkind aus der österreichischen Provinz gegenüber, das sich von der Dumpfheit seiner Herkunft befreien konnte und mit harter Arbeit und Intelligenz seine grandiosen Träume verwirklichte.

Genug der Schwärmerei. Die Frage bleibt: Nützt ein Sieg Schwarzeneggers in Kalifornien nicht seinem Parteifreund Bush und seiner rabiat rechten Machtclique in Washington? So klar ist das nicht. Es wird berichtet, dass Bush über die Entwicklung gar nicht glücklich ist. Ihm wäre es lieber, säße bei seinem Präsidentenwahlkampf nächstes Jahr in Kalifornien ein demokratischer Gouverneur, den er für die ganze Misere an der Westküste verantwortlich machen könnte.

Noch eins: Ein erfolgreicher Schwarzenegger würde Amerika und der Welt jedenfalls augenfällig demonstrieren, dass es in den USA nicht nur den barbarischen Fundi-Konservativismus der Bushisten gibt. Der ehemalige "Conan der Barbar" würde - ändert er in seiner politischen Rolle nicht seine Ansichten - vorspielen, wie ein zivilisierter Konservativismus aussieht. Dass diese aufklärende Rolle just ein Bodybuilder aus Thal bei Graz spielen könnte - das ist doch Anlass für ein wenig Patriotismus.