Bildungsarbeit an Männern

Bildungsarbeit an Männern: Keine Angst vor Windeln

Keine Angst vor Windeln

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Bereits in den späten sechziger Jahren und noch bis in die siebziger Jahre hinein wurden in Schweden Kampagnen zum Thema „Sexualität und Partnerschaft“ mit dem Schwerpunkt der Bildungsarbeit an Männern durchgeführt. „Eine der unmittelbarsten Folgen war, dass die Zahl der Abtreibungen sank“, berichtet der österreichische Männerforscher Erich Lehner, der sich mit den Modellen der skandinavischen Länder intensiv auseinander gesetzt hat.

Parallel zur Bewusstseinsbildung wurden damals breite Bildungskampagnen lanciert. So mussten junge Wehrpflichtige und Offiziere im Rahmen ihres Militärdienstes Kurse zur Thematik der Geschlechterverhältnisse besuchen. Auch in Behörden und Privatbetrieben wurden solche Programme während der bezahlten Arbeitszeit durchgeführt. Unterstützt wurden die Initiativen durch Werbekampagnen wie etwa jene der Firma Saab, die in all ihren Gebäuden Plakate aufhängen ließ, auf denen ein Vater mit einem Baby abgebildet war. Beigefügt war der Satz: „Bessere Väter sind bessere Mitarbeiter.“

In den frühen achtziger Jahren berief die schwedische Gleichstellungsministerin eine „Ideengruppe für Fragen der Männerrolle“ ein. Dieser Gruppe, die zunächst aus sieben Männern und fünf Frauen und später aus sieben Männern und zwei Frauen bestand, stand der Männerforscher Lars Jalmert vor, was kein schlechter Schachzug war, denn, erzählt Männerforscher Lehner: „Das Wichtigste im Leben von Männern sind andere Männer, daher lassen sie sich auch leichter von ihren Geschlechtsgenossen etwas sagen als von Frauen.“ Diese Gruppe um Jalmert schlug politische Maßnahmen vor, organisierte Tagungen und initiierte weitere Bildungsprojekte: So wurde etwa durchgesetzt, dass jeder Verein beziehungsweise jeder Betrieb, der vom Staat Subventionen empfängt, mehrere Tage im Jahr nachweisbare „Geschlechter-Arbeit“ leisten muss.

Auch in Norwegen arbeitete ab Mitte der achtziger Jahre eine Fachkommission zur Neudefinition der Männerrolle in der Gesellschaft. Der größte Erfolg dieses Projekts bestand darin, dass der Anteil der Männer, die in Karenz gehen, auf 70 Prozent angehoben werden konnte (siehe Lauftext „Geschlechterdemokratie statt -dämonisierung“). Mittlerweile ist die staatliche Unterstützung bei der Versorgung von Kleinkindern in allen skandinavischen Ländern legislativ so geregelt, dass sich Männer nicht mehr vor Windelwechseln, Wäschewaschen, Wippen und sonstiger väterlicher Fürsorge drücken können.