Cyberama von Thomas Vaek Apples Dilemma
Apples Mobilbetriebssystem iOS sei veraltet, erklärte neulich BlackBerry-CEO Thorsten Heins. Natürlich ging es dem Mann vor allem darum, die Vorzüge des neuen BlackBerry Z10 zu rühmen. Doch in der Sache hat Heins Recht. Apples iOS hat mittlerweile fünf Jahre auf dem Buckel, in der Zeitrechnung der Tech-Branche eine halbe Ewigkeit. Das erste iPhone war bekanntlich revolutionär. Es hatte eine genial einfache, todschicke Benutzeroberfläche und einen Touchscreen, der auf intuitive Fingergesten reagierte. Plötzlich gab es da ein Gerät, für das man keinerlei Bedienungsanleitung mehr brauchte. Man packte das iPhone einfach aus und fing an, damit herumzuspielen. Um es klar zu sagen: iOS ist immer noch fantastisch. Und Apple hatte vermutlich Recht damit, dass es das Betriebssystem nur schrittweise weiterentwickelt hat, der Erfolg der vergangenen Jahre spricht für sich.
Paradoxerweise könnte sich genau diese evolutionäre Strategie jetzt als fatale Schwäche erweisen. Googles Android ist bereits heute das modernere, dynamischere Betriebssystem. So erlaubt es Android, den Startbildschirm auf vielfältige Weise zu personalisieren. Da gibt es Widgets, die etwa das Wetter oder andere nützliche Informationen anzeigen, ohne dass man erst die entsprechende App suchen muss, wie bei iOS. Und selbst Microsofts Windows Phone wirkt mit seinen live tiles, die eine Art Vorschau auf App-Inhalte bieten, vergleichsweise innovativ. Obwohl Apple die App gewissermaßen erfunden und in seinem App Store immer noch das bei Weitem größte Angebot hat, bieten andere Betriebssysteme dem Nutzer mittlerweile weitaus mehr Komfort. Und der Sprachassistent Siri hat daran bisher auch nichts Wesentliches verändert. Apple steckt in einer Zwickmühle: Jede wirklich tiefgreifende Veränderung von iOS würde langjährige Nutzergewohnheiten erschüttern. Andererseits kann das in die Jahre gekommene Betriebssystem auch nicht so bleiben, wie es ist. Apples Zukunft wird davon abhängen, ob das Unternehmen dieses Dilemma auflösen kann.