„Das ist eine Kam-pagne gegen mich“

„Das ist eine Kampagne gegen mich“

Tirols Landeshauptmann Herwig van Staa kämpft

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profil: Die Veröffentlichung von Eduard Wallnöfers NSDAP-Mitgliedskarte hat in Tirol einigen Wirbel ausgelöst …
Van Staa: … weil die Menschen es in Kenntnis der Person Wallnöfers überhaupt nicht verstehen, dass er in die ideologische Nähe der NSDAP gerückt wird.
profil: In einem Leserbrief in der „Kleinen Zeitung“ heißt es dazu: „Vergangenheitsbewältigung besteht auch darin, dass man zur Vergangenheit steht.“
Van Staa: Das ist völlig richtig. Das hat Eduard Wallnöfer immer gemacht. Er hat nach dem Krieg der Bezirkshauptmannschaft mitgeteilt, dass er einen solchen Beitrittsantrag gestellt hat.
profil: In der „Kronen Zeitung“ wird gemutmaßt, die Veröffentlichung sei eine Intrige gegen Sie, Wallnöfers Schwiegersohn. Sehen Sie das auch so?
Van Staa: Es dient dazu, mich zu diskriminieren, wie das schon öfter der Fall war.
profil: Sie waren doch 1938 noch nicht einmal geboren.
Van Staa: Es bleibt immer etwas hängen. Ich kenne die Zusammenhänge. Man hat mir ja auch schon den Vorwurf gemacht, ich hätte die Forschung über die historische Aufarbeitung des Nationalsozialismus behindert. Genau das Gegenteil ist wahr. Ich habe die Schutzfrist für das Landesarchiv von 50 Jahren auf 30 Jahre reduziert. Ich habe mich als Bürgermeister von Innsbruck und auch als Landeshauptmann dafür eingesetzt, dass entsprechende Publikationen gefördert werden. Laut Auskunft von Landesarchiv-Direktor Richard Schober gibt es keine Geschichtsepoche des Landes Tirol, die historisch so gut aufbereitet ist. Das Landesarchiv hat eine Bibliografie mit 220 wissenschaftlichen Publikationen herausgegeben, die zum Thema Nationalsozialismus in Tirol erschienen sind.
profil: Der Historiker Thomas Aldrich kritisiert in der „Tiroler Tageszeitung“, seit 1945 habe immer nur das weisungsgebundene Landesarchiv Forschungsaufträge zu diesem Thema bekommen.
Van Staa: Ich habe dem Landesarchiv noch nie eine einzige Weisung gegeben. Und ich habe jede Publikation unterstützt.
profil: Um Sie geht es ja gar nicht. profil hat lediglich geschrieben, dass Eduard Wallnöfer laut Aktenlage NSDAP-Mitglied war.
Van Staa: Am profil-Artikel ist überhaupt nichts auszusetzen. Ich habe auch in einer Pressekonferenz erklärt: Der Artikel im profil war völlig korrekte Berichterstattung. Ich habe den Vorwurf erhoben, dass Ihr Informant, falls er ein Zeitgeschichtler ist, es nicht der Mühe wert gefunden hat, die Materialien wissenschaftlich zu sichten. Er hätte auch Zeitzeugen befragen können. Soll ich solchen Leuten Forschungsaufträge geben? Die haben sich durch diese Art der wissenschaftlichen Aufbereitung sicher disqualifiziert.
profil: Ich würde aber lieber über Wallnöfer reden. Dass er den Beitrittsantrag an die NSDAP gestellt hat, ist also unbestritten.
Van Staa: Wenn er mehrfach aufgefordert wurde, sich zu bewerben, hat das bedeutet, dass er seinen Posten verliert, wenn er das nicht tut. Er hat ja auch die Möglichkeit genutzt, jene Leute, die er bis dahin im bäuerlichen Bereich betreut hatte, weiterhin zu betreuen. Möglich, dass ein neuer Vorgesetzter sagte: Ich bin bereit, Sie zu behalten, aber Sie müssen einen Antrag auf Partei-Anwartschaft stellen.
profil: Das widerspricht laut Literatur der damaligen Praxis vollkommen. Aber ob es so war, wissen wir beide nicht.
Van Staa: Das wissen wir beide nicht. Aber es war jetzt beabsichtigt, Eduard Wallnöfer in diese Ecke zu stellen.
profil: Von wem? Wessen Werkzeug ist profil?
Van Staa: Das liegt doch auf der Hand. Sie wissen ganz genau, wer da ein Interesse hatte und hat. Und ich bin dankbar dafür, dass sehr viele Menschen aus dem sozialdemokratischen Lager das anders sehen.
profil: Sie vermuten die SPÖ als Drahtzieher? Da überschätzen Sie die ein bissl.
Van Staa: Genau das Gegenteil sage ich: Ich bin erfreut darüber, dass ich gerade aus dem sozialdemokratischen Lager zur Person Eduard Wallnöfer sehr positive Reaktionen bekomme. Es haben sich bei mir und bei meiner Frau höchste frühere Repräsentanten gemeldet, die sich mit Abscheu von diesem Versuch wenden, Eduard Wallnöfer in diese Ecke zu drängen. Wer dahintersteckt, wird schon herauskommen.
profil: Ich kann es Ihnen sagen: Es hat sich jemand über Nationalratspräsident Andreas Khol geärgert, der in einem Interview mit den „Salzburger Nachrichten“ sagte: Bei der ÖVP gibt es keine braunen Flecken. Dieser Mann hat uns dann dieses Dokument zugeschickt.
Van Staa: Ich bin überzeugt davon, dass dies zu einer Kampagne gehört, die gegen mich seit Jahren geführt wird. Auch in der Asylantenfrage hat man mich etwa vonseiten der Grünen immer wieder attackiert, obwohl ich nichts anderes verlangt habe, als verurteilte kriminelle Asylwerber auszuweisen.
profil: Faktum ist: Eduard Wallnöfer wurde von der NSDAP als Mitglied Nummer 9.566.289 geführt.
Van Staa: Mein Bild von Eduard Wallnöfer wird sich in keiner Weise ändern, ob er jetzt Mitglied dieser Partei war oder nicht. Ich weiß, dass er für diese Ideologie zeit seines Lebens nichts übrig hatte. Er war ein bescheidener, wahrheitsliebender Mensch.
profil: Wie kam es dann zu dieser Diskrepanz zwischen der Aktenlage in Berlin und dem Brief Wallnöfers an die Registrierungsbehörde im Jahr 1946, in dem er behauptete, er habe nach seinem Aufnahmeantrag nie mehr etwas von der NSDAP gehört?
Van Staa: Er hat geltend gemacht, er habe weder jemals eine Ausweiskarte noch eine ablehnende Antwort bekommen. Das geht aus dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Imst hervor, die seinen Aussagen Glauben schenkte …
profil: … diese aber nicht überprüfen konnte. Laut Experten war das nach 1945 eine sehr häufige Erklärung ehemaliger NSDAP-Mitglieder.
Van Staa: Wallnöfer hat aber schon 1939 bei der Anlegung seines Wehrstammbuches erklärt, er sei kein Mitglied der NSDAP.
profil: Was stimmte. Seine Mitgliedschaft begann ja erst am 1. Jänner 1941.
Van Staa: Was, meinen Sie, hätte einer getan, wenn er einen Vorteil darin gesehen hätte? Er hätte hineingeschrieben: Ich bin zwar nicht Mitglied der NSDAP, habe aber einen Antrag auf Aufnahme gestellt. Ich sage nicht, dass Eduard Wallnöfer nicht Mitglied war, das ist für mich auch nicht erheblich. Aber der Vorwurf, er habe das verschwiegen, der ist weg.
profil: Den haben wir nicht erhoben.
Van Staa: Der „Standard“ hat ihn erhoben, der vielleicht ideologisch noch eine Spur weiter geht als profil.
profil: Unsere ideologische Auffassung in dieser Frage ist: Der Nationalsozialismus war ein Verbrechen. Punkt.
Van Staa: Das sage ich auch. Der Faschismus und der Nationalsozialismus sind in ihrer Brutalität unvergleichlich. Wenn es auch keine kollektive Schuld gibt, gibt es im Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus eine kollektive Schande.