Wutproben

Die Männerpartei und der „menschenfeindliche Feminismus”

Nationalratswahl. Die Männerpartei will gegen den „menschenfeindlichen Feminismus” antreten

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Fernsehserien, Gesetze, Popsongs, Studien. Diese vier eher unterschiedlichen Genres haben letztlich ein gemeinsames Ziel, zumindest in der Welt, wie Hannes Hausbichler sie sieht. "Es passiert täglich Herabwürdigung von Männern“, sagt er und beginnt aufzuzählen: TV-Serien wie "Sex and the City“ oder, noch schlimmer, "Men in Trees“. Studien, dass Frauen weniger Autounfälle verursachten. Lieder wie "Männer sind Schweine“. Vom Gleichbehandlungsgesetz ganz zu schweigen. Aus all dem zieht Hausbichler den Schluss: "Unsere Gesellschaft ist schon zutiefst männerfeindlich.“

Gestört hat Hausbichler das schon länger.
Lange Zeit fand der 42-jährige Vorarlberger, ein technischer Angestellter, aber kein Ventil für seinen Ingrimm. Seit 2009, seit es die Männerpartei gibt, ist Hausbichler auf Gleichgesinnte gestoßen, mittlerweile Vize-Parteichef und, wie es aussieht, "an führender Position“ dabei, wenn die Männerpartei bei der Nationalratswahl 2013 antritt.

Nach der Piratenpartei, den unklaren, aber finanzkräftigen Ambitionen von Frank Stronach und den vagen Ankündigungen der ergrauten Herren von "Mein Österreich“ wird die Runde der potenziellen Kandidaturen bei der kommenden Wahl noch um eine schrille Gruppierung erweitert. Es ist ein eigenwilliges Häuflein Wütender, die sich zur Männerpartei formiert haben.

Parteigründer und Chef Oliver Peter Hoffmann, ein 47-jähriger Informatiker, ist schon lange politisch aktiv und war in den 1990er-Jahren für das Liberale Forum Bezirksrat in Wien, obwohl ihn der seiner Ansicht nach "männerfeindliche Sexismus“ bei den Liberalen zusehends störte. Carin Breuß oder Hausbichler wagen sich mit der Männerpartei erstmals in die Politik. Das Parteiprogramm ist in vielen Bereichen überaus vage, zu Wirtschaft, Europathemen oder auch Verkehrspolitik gibt es nicht einmal in Ansätzen Ideen oder gar Positionen.

Der ideologische Überbau erschöpft sich in einem klaren Feindbild, dem Feminismus, der "eine menschenfeindliche Ideologie ist“ (Hausbichler). Wirklich in Rage reden können sich die Aktivisten der Männerpartei aber erst bei ihrem eigentlichen Kernanliegen, der Benachteiligung von Vätern nach Trennungen. Dabei haben sie offenbar wenig Berührungsängste, auch nicht mit Exponenten der radikalen Väterrechtlerszene, die immer wieder wegen Delikten wie Drohungen vor Gericht stehen.

Das wurzelt wohl auch in den persönlichen Biografien der Aktivisten, die sie bereitwillig als Begründung für ihr Engagement anführen. Hoffmann ist lediger Vater, Hausbichler von der Mutter seiner Kinder getrennt, Breuß mit einem Mann verheiratet, der um das Besuchsrecht bei seinen Kindern kämpft. In dieser gefühlten Benachteiligung wurzeln die Ressentiments, die gegen "den“ Feminismus angeführt werden.

Bei Hoffmann hört sich das so an:
"Es ist ungerecht, dass Frauen per Gesetz bessergestellt werden. Die Pflichten für Männer werden immer größer, die Pflichten für Frauen gehen gegen null. Frauenhäuser etwa sollen Schutz vor Gewalt bieten, aber wenn man dort als Mann hinkommt, wird einem de facto nicht geholfen.“ Und Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek wirft er vor, dass sie "Klientelpolitik für Frauen betreibt“. Mit Statistiken oder Argumenten über das Geld- und Machtgefälle zwischen Männern und Frauen braucht man ihm nicht zu kommen, die will er nicht hören.

Die Überzeugung, dass es mit der Gleichstellung nicht weit her sei, und zwar mit der Gleichstellung der Männer, sitzt bei allen Mitstreitern tief. Auch Carin Breuß, Gleichstellungssprecherin der Männerpartei, kann ansatzlos gegen "Bevormundung“ der Frauen loswettern: "Es ist Tatsache, dass Frauen es gar nicht möchten, dass man sie in die Karriere hineinzwängt. Die Natur hat nun einmal vorgesehen, dass Frauen Kinder bekommen.“

Die konkreten politischen Forderungen der Männerpartei, die aus dieser Weltsicht resultieren, sind schnell aufgezählt: Wehrpflicht und gleiches Pensionsalter für Frauen und Männer, die Einführung von Männerhäusern und vor allem die Abschaffung des Gleichbehandlungsgesetzes, das besagt, dass bei Besetzungen im öffentlichen Dienst bei gleicher Qualifikation das unterrepräsentierte Geschlecht zu bevorzugen sei: "Durch die damit in Wirklichkeit gemeinte Bevorzugung von Frauen werden Männer eindeutig diskriminiert“, urteilt Hausbichler.

Ob sich für dieses Programm Wähler oder Wählerinnen finden? Ein erster Testlauf bei der Wien-Wahl im Jahr 2010 verlief wenig vielversprechend. Dürftige 0,07 Prozent oder exakt 514 Wahlberechtigte konnte Hoffmann damals überzeugen, selbst die KPÖ kam damals auf das 16-Fache der Stimmen. Als "Männerpartei“ trat Hoffmann in Wien nicht an, sondern gemeinsam mit anderen Kleinstgruppierungen als "MUT“, und zwar deshalb, "weil wir damals schlechte Chancen hatten“. Bei der Nationalratswahl aber sei das Potenzial der Männerpartei viel größer, argumentiert Hoffmann: "Wir müssen jetzt nicht mehr diskutieren, ob Väter diskriminiert werden. Das Thema ist mittlerweile breit verankert.“

In der Tat urteilte der Verfassungsgerichtshof unlängst, dass auch Vätern von unehelichen Kindern die Möglichkeit gegeben werden muss, die Obsorge zu beantragen. Vor allem aber werden mehr Väterrechte nach Scheidungen, etwa die verpflichtende gemeinsame Obsorge für die Kinder und das Besuchsrecht für Väter, von mehreren hochaktiven Gruppen eingefordert, die sich auch in einschlägigen Internetforen vernetzen - und dabei alles andere als zimperlich vorgehen. Auf Seiten mit Namen wie "Genderwahn“, "Humanes Recht“ oder "Vaterverbot“ wird dem Hass gegen Richter oder Sozialarbeiter freien Lauf gelassen und deftig gegen die Behörden und deren Vertreter vom Leder gezogen.

Manche Exponenten der Väterrechtsszene gehen noch weiter. Eine Vertreterin einer Wiener Behörde, die aus Sorge vor weiteren Netz-Shitstorms ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will, weiß von Morddrohungen gegen sie zu berichten. Sie ist nicht die Einzige: Richter und Sachverständige werden persönlich verfolgt, in ihren Zimmern aufgesucht und dabei gefilmt. Nicht umsonst standen immer wieder einzelne Väterrechtsaktivisten vor Gericht: etwa Herr B., auf dessen Homepage zur Gründung des "militanten Arms“ der Väterbewegung aufgerufen worden war, oder andere Aktivisten, die sich wegen gefährlicher Drohung zu verantworten hatten. Auch diese Prozesse werden auf "Vaterrecht“-Homepages martialisch kommentiert: "Ob zwei, vier oder sechs Leute temporär zwischenzeitlich als Kanonenfutter in Haft gehen, ist ziemlich unerheblich, weil im Hintergrund die anderen weiterarbeiten.“

Herr B. wurde mittlerweile zu vier Jahren Haft verurteilt. Ein Poster namens "Oliver Peter Hoffmann“ hatte ihn zuvor, vor zwei Jahren im Netz, verteidigt: B. habe ja lediglich Gerichtsgutachten verschickt, um auf Fehlbeurteilungen aufmerksam zu machen. Heute sagt Männerpartei-Vorsitzender Hoffmann: "Ich könnte das geschrieben haben, habe aber nur Infos aus dritter Hand zusammengefasst. Herr B. war aber nie Mitglied der Männerpartei.“

Auch von anderen Männerpartei-Proponenten ist keine Distanzierung von der radikalen Väterrechtsszene zu erwarten. Hausbichler beginnt, auf die Gerichtsverfahren angesprochen, über den "Rufmord an der Väterrechtsszene“ zu wettern und sich gegen die "üblichen Väterrechtler-Verleumdungen“ zu verwehren. Herrn E., einen anderen verurteilten Aktivisten, habe er etwa einmal kennen gelernt und ihn als "sympathischen Menschen“ erlebt. Auch Carin Breuss äußert mehr als Verständnis: "Väter werden oft schikaniert und benutzt. Mich wundert es nicht, wenn einer dann auszuckt. Wenn ich dermaßen diskriminiert und verarscht werde, würde mir auch der Kragen platzen.“

Wesentlich lieber als über aggressive Väterrechtsaktivisten reden die Proponenten der Männerpartei über die "Ungerechtigkeit“, dass in der Mehrheit der strittigen Scheidungsfälle die Richter urteilen, die Kinder seien im Zweifelsfall bei der Mutter besser aufgehoben: "Die Behandlung von Vätern in diesem Land ist menschenunwürdig. Sie sind nur ein Bankomat, sonst nichts“, klagt Hausbichler.

In ihrer Parteinahme für Väter stößt die Männerpartei auf veritable Konkurrenz mit den Rechtsparteien. Für die FPÖ werfen sich vor allem Vize-Obmann Norbert Hofer, der öfter den "totalen Feminismus“ ortet, und Rechtsaußen Barbara Rosenkranz, die sich in ihrem Buch "MenschInnen“ am "Gender-Wahnsinn“ abarbeitete, für Scheidungsväter in die Bresche. Und das BZÖ hat überhaupt einen Väterrechtsaktivisten in den eigenen Reihen: Martin Stiglmayr, geschiedener Vater und Gründer des Vereins "Väter ohne Rechte“, wechselte vor einem Jahr vom Verein zum BZÖ und werkt dort als Familienexperte und in Niederösterreich. Davor hatte er das Büro von BZÖ-Mann Ewald Stadler geleitet.

Der Verein "Väter ohne Rechte“ bildet mit der Männerpartei und anderen Organisationen die "Väterplattform“. Hoffmann hofft daher, "dass die Vereine im Wahlkampf uns unterstützen“.

So weit ist es aber noch nicht, davor muss die Männerpartei erst einmal die 100 bis 500 Unterschriften pro Bundesland sammeln, die es braucht, um bei der Nationalratswahl überhaupt antreten zu können. Auch die Auseinandersetzung mit derartigen Spielregeln ist für die Männerpartei Neuland, wie Carin Breuß offen zugibt: "Ich habe gehört, dass man Unterschriften sammeln muss. Aber wie viele, das weiß ich echt nicht.“

Eva   Linsinger

Eva Linsinger

Innenpolitik-Ressortleitung, stellvertretende Chefredakteurin