Lasst viele Blumen blühen

Ehe. Die höchst unterschiedlichen Gesetze für Lebensgemeinschaften in Europa

Drucken

Schriftgröße

Schweden - dort lebt ein Drittel aller Paare nicht ehelich zusammen - hat Lebensgemeinschaften als erstes europäisches Land gesetzlich geregelt. Der Staat respektiert die Lebensform, oktroyiert ihr jedoch keine ehelichen Vorschriften. Wichtige Ausnahme: Nach Trennung sollen Wohnsitz und Hausrat zur Hälfte geteilt werden - auch, wenn einer der Partner Alleineigentümer des Hauses war.

In Frankreich galt lange Napoleons "les concubines ignorent la loi, la loi les ignore“ (Konkubinen ignorieren das Gesetz, es ignoriert sie auch), aber heute ist es schick, zu "pacsen“: Zwanzig Prozent der Paare leben nach dem 1999 eingeführten PACS (pacte civil de solidarité). Er ist eine am Standesamt registrierte Verbindung für Heteros und Homos und verpflichtet zu materieller wie moralischer gegenseitiger Unterstützung (nicht zu Treue). Kinder sind ehelichen gleichgestellt. Eine Auflösung ist durch eine bloße Erklärung beim tribunal d´instance möglich.

Auch in Belgien behalten Partner als "gesetzlich Zusammenlebende“ einen Großteil ihrer Freiheit trotz wechselseitiger Unterstützungspflicht. Wie in Frankreich zieht ein Fünftel der Paare die Eintragung einer Ehe vor. Es gibt Begünstigungen im Steuer- und Sozialrecht, eine gemeinsame Krankenversicherung mit dem Partner ist möglich. Im Todesfall fällt der Familienwohnsitz an den Partner. Da es keine eheähnliche Gemeinschaft ist, können auch Geschwister oder ein Elternteil mit Kind sich als "gesetzlich Zusammenlebende“ eintragen.

In den Niederlanden sind Rechte und Pflichten in der registrierten Partnerschaft (möglich seit 1998, Homo-Ehe möglich seit 2001) jenen einer Ehe sehr ähnlich. Es besteht Gütergemeinschaft, Trennung setzt eine Erklärung über dauerhafte Zerrüttung sowie über Unterhaltsvereinbarung etc. am Standesamt voraus. Versorgung und Unterhalt nach Trennung entsprechen weitgehend jenen bei Ehescheidung. Für Kinder besteht automatisch gemeinsame rechtliche Sorgepflicht, wenn nicht eine andere Vaterschaft vorliegt. Beim Erbrecht gibt es völlige Gleichstellung mit der Ehe. Wegen der großen Eheähnlichkeit lassen sich nur etwa sieben Prozent der Paare registrieren, 93 Prozent heiraten.

Slowenien
hat den Schutz nicht ehelicher Lebensgemeinschaften wie jenen der Ehe sogar in der Verfassung. Im Familienrecht sind nicht eheliche Partner Eheleuten gleichgestellt. Es bedarf keiner Registrierung, nur des Zusammenlebens über "längere Zeit“. Außerhalb des Familienrechts gilt die Gleichstellung nur, wenn sie per Gesetz bestimmt wird, im Erb-, Miet-, Steuer- und Sozialrecht ist das weitgehend der Fall. Aufgrund der starren Bindung an das Eherecht ist es nicht ehelichen Lebensgefährten nicht möglich, eine Gütertrennung zu vereinbaren.

Deutschland
hat seit 2001 ein Lebenspartnerschaftsgesetz für Homosexuelle, aber keine Regelung für die mindestens 2,4 Millionen Lebensgemeinschaften Heterosexueller. Einzige Absicherung ist der Elternunterhalt jenes Partners, der das gemeinsame Kind erzieht, gegenüber dem anderen Elternteil - auch, wenn zwischen beiden nie eine Lebensgemeinschaft bestand.

Eva   Linsinger

Eva Linsinger

Innenpolitik-Ressortleitung, stellvertretende Chefredakteurin