Eatdrink: Klaus Kamolz

eatdrink von Klaus Kamolz Die Düfte Marokkos

Die Düfte Marokkos

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Narrensicher sei die Zubereitung, erklärt mir das Buch auf der Küchenplatte; ich austrifiziere und sage: deppensicher. "Arabesque“ heißt die Schwarte aus dem Christian Verlag, die Seiten über die Zubereitung von marokkanischen Couscous-Gerichten sind schon ein wenig fleckig, und wenn ich meine Nase gegen das Papier drücke, gibt es tatsächlich ein paar winzige Ahnungen von Schwaden frei, die riechen wie ein … Nein, keine Klischees. Orientalisch jedenfalls, süß, ein wenig schwül geradezu; so wie es eben duftet, wenn Zimt und Safran, Ingwer und Honig, Rosinen und Gewürznelken nach ein paar Stunden Kochzeit auf diese einzigartige Weise miteinander verschmolzen sind.

Es geht um Couscous, was ja nicht nur den maghrebinischen Reibteig aus Hartweizen bezeichnet, sondern auch das fertige Gericht. Kesksou Tfaya heißt es in meinem Fall und besteht im Wesentlichen aus eben Couscous, Lamm und einer Art Zwiebelmarmelade (Tfaya).

Ich reibe mir die Hände, aber die Handflächen berühren einander nicht, denn dazwischen befinden sich die winzigen Getreidebrösel, die zuvor ein paar Minuten in warmem Wasser gequollen sind. Ich habe das bei meinen ersten Couscous-Versuchen nicht gemacht; ja, ich Depp habe mich sogar an die Vorschriften auf der Verpackung gehalten, habe den Couscous in aufgekochtes Wasser geleert und geglaubt, die Körnchen würden dann schon rieseln. Ich hatte klebrige Teigpatzen in der Hand, die ich dem "Seewolf“ (Raimund Harmstorf, wer sich erinnern kann, der Mann, der in der Fernseh-Serie der 1970er-Jahre mit der Faust rohe Erdäpfeln quetschen konnte) zum Zerdrücken überantworten hätte können.

Reiben also, dann wird das auch mit vorgekochtem Kauf-Couscous was. In Marokko machen sie sich die mühselige Arbeit auch nur noch an großen Festen, lese ich in "Arabesque“. Hausgemachter Couscous ist also vielleicht nur noch ein dramaturgischer Trick in franko-algerischen Autorenfilmen, damit sich Tante Souad während des Reibens ebenso bitter wie lang und breit über ihren Mann Hamzé beschweren kann, der ihren Ältesten, Samir, mit Amiras Tochter Shadia verheiraten will, obwohl sie sich längst Said ausgesucht hat, der in Adnans Autowerkstatt bereits zum Chefmechaniker aufgestiegen ist.

Ein paar Stunden später ist der Couscous, wie er sein soll: sisyphosianisch geradezu, weil er trotz Durchfeuchtung so fein rieselt, dass es kaum möglich ist, mit Händen oder Löffel diesen Berg anzuhäufeln, auf dessen Gipfel Lamm und Tfaya landen sollen. Aber es duftet wunderbar, und das Buch hat wieder ein paar Flecken mehr.


Kesksou Tfaya

Für 4 bis 6 Personen

1 Kilo ausgelöste Lammkeule in kaltem Wasser zustellen und mit 200 g grob geschnittener Zwiebel, je 2 TL gemahlenem Ingwer und Zimt, 4 Gewürznelken, 1 Lorbeerblatt, Salz und Pfeffer etwa 1 ½ Std. kochen.

Währenddessen 300 g Couscous in einer Tonform mit dem gleichen Volumen mäßig heißem gesalzenem Wasser begießen, gut verrühren und 10 min. quellen lassen. 2 EL Olivenöl unterrühren, mit der Gabel auflockern und dann den Couscous locker zwischen den Händen reiben, bis keine Klumpen mehr vorhanden sind.

Für die Tfaya 300 g in Streifen geschnittene Zwiebeln in 200 ml Wasser ca. 10 bis 15 min. zugedeckt weich kochen, Deckel entfernen, restliches Wasser verdampfen lassen und 2 EL Honig, 1 TL Zimt, 1 Handvoll eingeweichter Rosinen und etwas Salz unterrühren. Weiterrösten und ständig rühren, bis die Tfaya schön dunkelbraun ist.

Nach 1 ½ Std. 2 Päckchen Safran zum Fleisch geben und noch ca. 45 min. weiter kochen. Dann das Lamm in mittelgroße Stücke schneiden und wieder in den Sud legen.

Couscous für 20 min. ins 200 Grad heiße Rohr stellen und ab und zu mit der Gabel durchrühren. 150 g geschälte Mandeln in wenig Öl anrösten und 2/3 davon grob hacken.

Couscous aus dem Ofen nehmen, 1 EL Butter und die gehackten Mandeln untermengen und mit ca. 1/8 Liter Fleischsud durchfeuchten. Auf einer Platte - zum Beispiel einem Tajine-Boden - den Couscous anhäufeln, Fleisch in die Mitte setzen und die Tfaya rundherum anrichten. Mit den ganzen Mandeln bestreuen. Dazu kann man die durchgeseihte Fleischsuppe reichen.

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