Elfriede Hammerl

Gebärmütter

Gebärmütter

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1. Ein FPÖ-Abgeordneter namens Klement hat beschlossen aufzufallen, indem er beharrlich unqualifizierte Sager gegen die Fristenlösung loslässt. Erst jüngst schied er in einer Parlamentsdebatte zum Thema Abtreibung die Behauptung aus, die weibliche Gebärmutter wäre der gefährlichs­te Ort in Österreich, weil die Überlebensrate darin bei 50 Prozent liege. Anschließend bemühte Herr K. noch den Zweiten Weltkrieg, indem er von sich gab, dass dabei weniger Menschen ums Leben gekommen seien als durch Abtreibung in Österreich seit 1945. Die Gebärmutter ein Ort? Die Gebärmutter ist kein Ort. Die Gebärmutter ist ein Körperteil. Herr K. maßt sich an, Körperteile von Frauen zu öffentlichen Orten zu erklären, wo er und seinesgleichen ihr Revier markieren können. Der Sager ist entlarvender, als Herrn K. vielleicht bewusst war. Der weibliche Körper als Territorium. Als Schlachtfeld ­(deswegen der Kriegsvergleich). Erobern, vereinnahmen, unterwerfen, kolonialisieren. Das sind die Vorstellungen, die Typen wie K. offenbar mit weiblichen Mitmenschen verbinden. Es geht ihnen nicht um ungeborenes Leben und nicht um geborene Kinder, es geht ihnen um Machtausübung und Kontrolle. Von K. kam ja auch der famose Vorschlag, schwangeren Frauen in Not ein paar tausend Euro zu bieten, damit sie ihre Leibesfrucht austragen und nachher zur Adoption freigeben. Begründung: Es gebe reichlich Nachfrage von kinderlosen Paaren, und auf diese Weise könne man dem Kinderreichtum der Zuwandernden mit einheimischem Nachwuchs begegnen. Was für ein Welt- und Menschenbild! Der Frauenkörper als Produktionsmittel, kinderlose Paare als Markt, Kinder als Ware und dahinter rassistische Monopolansprüche! Abstoßend daran ist nicht zuletzt das fehlende Unrechtsbewusstsein, das solche Vorschläge begleitet. Ich bin Herrn K. vor nicht allzu langer Zeit gegenübergesessen, als er Derartiges absonderte, ich bin ähnlichen Typen in allerlei Diskussionen schon zuvor begegnet, und immer wirken sie selbstzufrieden bieder, ganz im Einklang mit sich und ihrem Anspruch, die Rechte, die Persönlichkeit und die Gefühle der von ihren Vorschlägen Betroffenen auszuklammern aus ihren Überlegungen. Sie reden über schwangere Frauen wie Wursthändler übers Brät, und es ist schwer zu sagen, was sie mehr treibt, eine menschenverachtende Ideologie oder bloß menschenmissachtendes Karrierestreben, Letzteres dem Umstand Rechnung tragend, dass es ihnen nicht gegeben ist, sich durch ernsthafte intellektuelle Leistungen in Szene zu setzen. Bleibt natürlich die alte Frage, ob man ihnen die erwünschte Aufmerksamkeit verschaffen soll, indem man ihre verbalen Rülpser thematisiert. Ich fürchte, dass man nicht ganz darum herumkommt. Totschweigen wäre dann besser, wenn es möglich wäre. Die mentale Saat der Dumpfbacken wird aber durch Nichtbeachtung leider nicht am Aufgehen gehindert, schon gar nicht, wenn sie einmal das Parlament erreicht hat. Deswegen gilt es, immer wieder zu protestieren gegen die immer wiederkehrenden Versuche, an der Fristenlösung zu rütteln. Schwangerschaftsabbruch ist eine Notlösung, niemand propagiert ihn als probates Mittel zur Geburtenkontrolle oder als Freizeitvertreib, aber die Entkriminalisierung dieser Notlösung war wichtig, nicht zuletzt deswegen, weil die Kriminalisierung Frauen auf lebende Gefäße reduziert, deren Rechte, Wünsche und Bedürfnisse nichts zählen angesichts der Tatsache, dass eine ihrer Eizellen befruchtet wurde. Dass es fanatischen so genannten Lebensschützern vor allem darum geht, Frauen die Mitbestimmung über ihr Leben abzusprechen, zeigt sich in Sagern wie dem von der Gebärmutter als unsicherem Ort. Die Frauen, zu deren Körpern die Gebärmutter gehört, kommen als Menschen gar nicht vor. Sie sind ein Ort, der zur Heranzucht von Nachwuchs zur Verfügung zu stehen hat. Auch sollte die Fixierung aufs ungeborene Leben zu denken geben. Sich dafür einzusetzen (indem man Frauen anschafft, es zu gebären und anschließend dafür zu sorgen oder es an Wohlhabende zu verkaufen) ist weitaus bequemer, als sich tatkräftig um die Geborenen zu kümmern. Aber Bequemlichkeit ist alles andere als eine Legitimation für moralische Überheblichkeit.

2. Und was ist bitte eine Edelprostituierte? Als bekannt wurde, dass in den USA der Gouverneur des Bundesstaates New York wegen persönlicher Verfehlungen zurückgetreten sei, kam in jeder Meldung das Wort Edelprostituierte vor. Mit solchen habe es Gouverneur Eliot Spitzer getrieben. Was genau sagt uns das? Da nicht anzunehmen ist, dass es um die Lebens- und Einkommenssituation von Sexarbeiterinnen ging, als uns mitgeteilt wurde, Mr Spitzer habe edle Prostituierte in Anspruch genommen, wird es wohl darum gegangen sein, Herrn Spitzer über die Güteklasse der von ihm konsumierten Ware zu klassifizieren. Wir haben erfahren, dass der noble Mann es nicht nötig hatte, auf dem Straßenstrich sexuelle Dienstleistungen zu erwerben, sondern sich was richtig Teures geleistet hat. Edler Tropfen. Edles Design. Edle Huren. Mr Spitzer ist nicht über ein billiges Sex­abenteuer gestolpert, er hat auch beim Sexkauf auf Prestige geachtet. Das erleichtert. Nicht unbedingt die Situation der weniger edlen Prostituierten, aber alle diejenigen, die einen Moment lang befürchtet haben, es gäbe Lebensbereiche, in denen das Label keine Rolle spielt.