Gernot Schieszler

„Good citizen“

465.000 Euro für ein nutzloses Karrierekonzept

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Es sind Reflexionen, die wohl jedem Manager wonnigliche Schauer über den Rücken jagen würden: „Bei informellen Befragungen von Wirtschaftsjournalisten und Personalisten wird er als ehrgeizig (‚der weiß, was er will‘), zielorientiert und gescheit beschrieben.“ Oder: „Ein berechenbarer, verlässlicher Top-Manager, der allen Stakeholdern (Aktionären, Anm.) unangenehme Überraschungen erspart.“ Oder: „Top-Manager, der Empathie und Kommunikationsfähigkeit als Kernwerte eines integrativen Führungsstils ansieht.“ Und: „Philanthrop und Menschenfreund (‚Good citizen‘)“.
Gernot Schieszler muss das Herz übergegangen sein, als er im Jänner 2007 die etwas sperrig betitelte Präsentation „Strategie und Umsetzung für Vorstands-Positionierung Gernot Schieszler“ in die Hände bekam. Verfasser: Peter Hocheggers frühere PR-Agentur HocheggerCom.

Nur wenige Monate zuvor, am 7. Juli 2006, war Schieszler – ab Jänner 2000 rechte Hand des damaligen Finanzchefs Stefano Colombo – in den Vorstand der neu gegründeten Telekom-Festznetzgesellschaft Telekom Austria TA AG (TATA) aufgerückt. Als Finanzvorstand und Stellvertreter von Rudolf Fischer.
Für Schieszler war das offensichtlich nur ein Zwischenschritt. Er strebte nach Höherem. Und Peter Hochegger sollte ihm dabei helfen. Das von Schieszler beauftragte und von der Telekom bezahlte Konzept liegt profil vollständig vor. Und gleich auf Seite 3 wird klar, wohin die Reise gehen sollte: „G. Schieszler ist der logische Nach­folger des CEO in der Festznetz-AG (Rudolf Fischer, Anm.) ab 2011.“
Auf insgesamt 29 Seiten beschreibt HocheggerCom den beabsichtigten Imagewandel des damals 37-jährigen Managers – vom unscheinbaren Oberbuchhalter zum „innovativen Wachstums-Manager“.
Der von Hochegger skizzierte Weg zum Ruhm führte zu einem nicht unerheblichen Teil über „Business Lunches“. So sollte Schieszler ab März 2007 viermal jährlich 15 bis 20 Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Politik und Medien zu so genannten Tischgesprächen bitten, um dort etwa über „wirtschaftsliberale Räume vor dem Hintergrund einer großen Koalition“ zu sin­nieren. Was immer darunter zu verstehen ist.

Quasi mit im Paket: ein eigens zu schaffendes „Advisory Board“, das Schieszler regelmäßig mit „Inhalten und Themen“ versorgen sollte. Allein die von Hochegger für diesen kleinen (nie realisierten) Think Tank vorgeschlagenen Persönlichkeiten nähren dunkle Ahnungen: ÖVP-Innenminister a. D. Ernst Strasser, heute Europaabgeordneter; der frühere Bank-Austria-Generaldirektor Karl Samstag; Karl-Heinz Grassers früherer Kabinettschef und Sprecher Matthias Winkler; Telekom-Sprecher Martin Bredl und natürlich Peter Hochegger selbst.

Auch der geplanten Medienarbeit wird breiter Raum gewidmet, in Hocheggers Sprache: „Schaffung und Besetzung von Media Opportunities“. Da heißt es etwa: „Um neue Ideen einbringen zu können … wird Schieszler als Gastkommentator in Wirtschafts- und Tagespresse positioniert“. In der Folge werden gewisse Medien und Journalisten als potenzielle Ansprechpartner genannt. Mehr noch: Auch die Kosten für das Platzieren redaktioneller Inhalte sind angeführt – was zumindest den Verdacht nährt, dass bei ausgesuchten Medien Berichterstattung käuflich zu erwerben ist.
Derlei Zuwendung ist nicht eben wohlfeil. Auf Seite 29 führt Hochegger das „geschätzte Gesamtbudget“ an: 465.000 Euro (siehe Faksimile).
Tatsächlich wurde so gut wie keines dieser Projekte je realisiert – medial blieb Schieszler bis zu seinem unfreiwilligen Abgang im Juli 2009 eine Randnotiz. Dennoch musste die Telekom Hochegger dafür entlohnen. Die genaue Summe will das Unternehmen nicht nennen. Sprecherin Elisabeth Mattes: „Nach unseren Unterlagen wurde der größte Teil der Forderung bezahlt.“

Mit anderen Worten: Gernot Schieszler ließ die Telekom Austria einen Betrag von nicht viel weniger als 465.000 Euro bezahlen, um seine hochtrabenden Karrierefantasien zu befriedigen.