Peter Pilz:

Interview: „Mit Haider nichts gemeinsam“

„Mit Haider nichts gemeinsam“

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profil: Jörg Haider muss Ihnen ja aus der Seele gesprochen haben?
Pilz: Nein, überhaupt nicht. Ich habe auch hier mit Jörg Haider nichts gemeinsam. Ich finde mich in der seltsamen Situation wieder, George Bush gegen Jörg Haider verteidigen zu müssen. Ich hätte nicht gedacht, dass es einmal so weit kommt.
profil: In Ihrem im März 2003 erschienenen Buch „Mit Gott gegen alle. Amerikas Kampf um die Weltherrschaft“ liest sich das noch ein wenig anders: Ein Kapitel trägt etwa den Titel „Bin Bush“. Der US-Präsident gilt Ihnen als ultimativer Bösewicht. So schreiben Sie: „George Bush hat einen besonderen Wunsch. Gemeinsam mit seinen Ministern, Militärs und Geheimdiensten will er die Welt beherrschen.“ Werden da nicht auch sehr salopp Vergleiche gezogen, die hinken?
Pilz: Nein. Ich habe in meinem Buch den schweren Bruch des Völkerrechts durch die Regierung Bush scharf kritisiert, das ist richtig. Wahrscheinlich schärfer als alle anderen Politiker in Österreich. Aber ich habe auch auf einen ganz wesentlichen Punkt hingewiesen: George Bush ist ein demokratisch gewählter Präsident und kann in dieser Demokratie wieder abgewählt werden – was hoffentlich auch passieren wird. Wenn er abgewählt wird, wird er gehen. Saddam Hussein und Osama Bin Laden sind jedoch nicht abwählbar – man kann sie nur tolerieren oder bekämpfen. Das ist der Unterschied. Und Jörg Haider ist nicht in der Lage, diesen Unterschied zu erkennen.
profil: Man hat den Eindruck, dass sich gerade auch im linken Lager die Freude über die Gefangennahme Saddam Husseins in Grenzen hält, dass man George Bush diesen Coup nicht gönnen will.
Pilz: Ich habe lauter und deutlicher als viele meiner Parteifreunde gesagt, dass ich unglaublich froh bin, dass Saddam Hussein weg ist. Ich habe überhaupt kein Verständnis für die Einführung eines globalen Faustrechts, aber ich stelle mit einer gewissen Freude fest, dass es bei seiner ersten Anwendung den Richtigen getroffen hat. Wenn es das nächste Mal bei so einem Tyrannen ein UN-Mandat gibt, dann bin ich selbstverständlich für eine militärische Intervention, um solche Leute zu stürzen. Aber auf Basis des Völkerrechts.
profil: Was glauben Sie, hat Jörg Haider zu seinen Äußerungen über Saddam Hussein, George Bush und Israel bewogen? Der erhoffte Applaus vom Stammtisch?
Pilz: Bei Haider kommt alles zusammen: Da ist einerseits eine obsessive Kamerasucht, andererseits vertritt er im Umgang mit manchen Themen wirklich unverständliche Standpunkte: Das reicht vom Antisemitismus bis zur Gleichsetzung von Saddam Hussein mit George Bush. Haider versteht einfach nicht, worin sich Demokratien und Diktaturen grundlegend unterscheiden. Ich erwarte von einem Politiker, dass er differenzieren kann. Und genau das kann Haider nicht.