Ist Heinz Fischer schon amtsmüde?

Ist Heinz Fischer schon amtsmüde? Noch ist offen, ob er 2010 zur Wiederwahl antritt

Noch ist offen, ob er 2010 zur Wiederwahl antritt

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Bundespräsident sein heißt auch Geburtstage würdigen, vor allem fremde. Dienstag vergangener Woche übermittelte Heinz Fischer aus der Hofburg Karl Schranz ein „Glückwunschschreiben zur Vollendung des 70. Lebensjahres“. Weitere Geburtstagskinder auf der November-Liste des Bundespräsidenten: Botschafter i. R. Gerald Hinteregger (80. Geburtstag), Minister a. D. Karl Lausecker (80), das Österreichische Olympische Comité (100) und – am 12. November mit Festakt und Pomp gefeiert – die Republik Österreich (90).

Seinen eigenen Geburtstag, den 70., am 9. Oktober zele­brierte der Bundespräsident heuer standesgemäß: Die Post druckte eine Sonderbriefmarke. Das Ehrenbataillon der Bundesheer-Garde trat zum militärischen Festakt im Burghof an. Am 8. Juli 2004 war Heinz Fischer als Bundespräsident angelobt worden. Die Amtsperiode beträgt sechs Jahre. Laut Bundesverfassung ist eine einmalige Wiederwahl möglich. Fischers Vorgänger Thomas Klestil (1992 bis 2004) und Rudolf Kirchschläger (1974 bis 1986) absolvierten jeweils zwei Amtsperioden. Kurt Waldheim verzichtete 1992 auf ein Da­capo. Fischer selbst erklärte im Juli in der ORF-„Pressestunde“, er müsse sich ein neuerliches Antreten noch „sorgfältig überlegen“. Kandidiert er 2010, wäre er fast 72 Jahre alt und beim Ausscheiden aus dem Amt im Jahr 2016 knapp 78.

Persönliche Freunde Fischers glauben eher an eine zweite Kandidatur. Der Vollblutpolitiker spüre noch jede Menge Leidenschaft und sei topfit. Dass er ausgerechnet ­einen Monat vor seinem 70. Geburtstag – geführt von Gebirgsjägern, begleitet von Fotografen – den 3667 Meter hohen Großvenediger in den Hohen Tauern erklomm, dürfte als öffentlicher Härtetest und Gesundheitscheck gedacht gewesen sein.

Altersfrage
In der SPÖ – Fischer stellte seine Parteimitgliedschaft 2004 ruhend – wollen manche allerdings eine ­gewisse Amtsmüdigkeit des Präsidenten festgestellt haben. Zumindest kursieren einschlägige Gerüchte: Fischer denke durchaus über sein Alter und die Aussicht auf Ski- und Wandertouren im Ruhestand nach. Auch Gattin Margit sehne sich bisweilen nach ­einem privateren Leben ohne Staatsbesuche, Opernball und Leibwächter. Die parteiinterne Courtoisie verbietet es freilich, über einen Alternativkandidaten auch nur zu spintisieren, so­lange sich der Amtsinhaber nicht erklärt hat.

In der ÖVP dagegen sollen zwei Anwärter auf das höchste Amt im Staate durchaus Pläne schmieden. Der erwartbare Kandidat: Erwin Pröll, 61. Niederösterreichs Landeshauptmann stand schon 2004 der Sinn nach Höchstem. Doch sein Vorhaben, zum Präsidentschaftskandidaten der ÖVP nominiert zu werden, scheiterte am damaligen Bundesparteiobmann. Wolfgang Schüssel schickte lieber seine Vertraute Benita Ferrero-Waldner ins Rennen. Doch Schüssel ist innerparteilich Geschichte und Pröll voll im Saft. Wiederholt attackierte der Landeshauptmann in den vergangenen Jahren in überraschender Schärfe den Bundespräsidenten – zuletzt in der Sommer-Koalitionskrise nach dem Gusenbauer-Faymann-Leserbrief an die „Kronen Zeitung“. Fischer, so Prölls Vorwurf, „mache der SPÖ die Mauer“ und sei „seiner Rolle nicht gerecht“ geworden.

Ein anderer schwarzer Kapazunder verfolgte Prölls Polemiken mit großer Empörung: Christoph Leitl. Der Präsident des ÖVP-Wirtschaftsbunds und der Bundeswirtschaftskammer schätzt Fischer über alle Maßen und begleitet ihn regelmäßig bei Staatsbesuchen – zuletzt vor zwei Wochen nach Jordanien. Vielleicht auch, um sich etwas abzuschauen. Denn Leitl, 59, werden innerparteilich ebenfalls Ambitionen auf das Hochamt nachgesagt.

In seine politische Lebensplanung würde es durchaus passen. Leitls Philosophie ist es, „jedes Amt nur zehn Jahre auszuüben“. Von 1990 bis 2000 war er Landesrat und Landeshauptmann-Stellvertreter in Ober­österreich. Seit 2000 dient er als Präsident der Wirtschaftskammer. Für 2010 stünde also eine berufliche Veränderung an. Der Wirtschaftskammer-Chef will sich dem Vernehmen nach als Kandidat der Sozialpartnerschaft und damit quasi überparteilich positionieren. Leitl dementiert: „Der Herr Bundespräsident erfreut sich bester Gesundheit und hat sichtlich Freude an seinem Amt. Alles andere ist Kaffeesudleserei.“

Entschließt sich Fischer zur Wiederkandidatur, würde Leitl seine Pläne wohl begraben. Erwin Pröll ist dagegen Lust auf einen Wahlkampf gegen den Titelverteidiger zuzutrauen – falls die ÖVP überhaupt einen eigenen Kandidaten aufstellt und Pröll realistische Siegeschancen sieht. Denn derzeit ist Heinz Fischer laut Umfragen der mit Abstand beliebteste Politiker im Land.

Von Gernot Bauer