Eatdrink: Klaus Kamolz

eatdrink von Klaus Kamolz Bloomsday

Bloomsday

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Es ist schon eine Weile her, dass man in Wien sozusagen „lustig essen“ konnte – in einigen gleichnamigen Restaurants, die Wiener Küche in Miniaturen servierten: also so etwas wie das Fingerfood-Schnitzel, das Mozart-Taler-große faschierte Laibchen, das Backhuhn in Gestalt eines Hühnerflügels. Der kokett gewählte Name der kleinen Kette mochte wohl nahelegen, dass man hier viel Spaß haben würde, wenngleich die Atmosphäre ähnlich witzig war, als hätte man die Häppchen nach einer Jahreshauptversammlung vom Catering verabreicht bekommen. Der Witz war wohl ein anderer: die für ihre Dimensionierung berühmte und berüchtigte Hausmannskost in Größen zu liefern, die gestandene Wiener tatsächlich für einen Witz halten.

Das Konzept „Lustig essen“ ist tot, vor Fingerfood möchte man mittlerweile eigentlich eher davonlaufen angesichts dessen, was diverse Unternehmen, die ihr Heil im Catering suchen, produzieren. Aber vor der Kreativität der Wiener Hotellerie ist auch die Häppchen-Idee nicht gefeit. Und schwups wurde sie wieder ausgegraben.

Im Boutiquehotel „Lamée“ hat das Architekturbüro BEHF ­(„fabios“) ein Ambiente geschaffen, das wienerische Eigenheiten recht stimmig ins 21. Jahrhundert holt. Den Restaurantbereich der „Café Bar Bloom“ im ersten Stock erreicht man über einen separaten Eingang (dass Dinergäste nicht mehr durch die Lobby latschen wollen, wurde auch schon im „Dstrikt“ des Ritz-Carlton berücksichtigt) und eine eher schmale Treppe. Dort führt ein reichlich enger Schlurf, den ich Pawlatsche 2.0 zu nennen wage, zu dem mit dunklem Holz und Marmor ausgestatteten Speisekammerl. Es scheint, als wäre dieses Grätzel der Innenstadt nicht gerade mit Platz gesegnet. Im Nebenhaus wurde ja kürzlich auch der „Merkur Hoher Markt“ in ein architektonisches Kleid gepresst, das an allen Ecken und Enden spannt.
Wir essen also kleine Sachen, und zwar großteils gar nicht einmal so uninteressante: Da wäre eine Kopfsalatcreme mit flüssigem Dotter, Speck, Knoblauch und Croutons, die ein paar Grad mehr gut vertragen hätte, aber im Endeffekt ein netter kleiner Suppen-Hybrid ist. Da wäre ein verschnörkeltes Beef Tartare, das gehackte Filet verspielt in hauchdünnes Pergamentpapier gewickelt (ich möchte nicht wissen, wie viele Gäste die Zellulose schon mitgekaut haben, weil sie sie für eine originelle Reispapierhülle oder sonst was gehalten haben).

Dann, überaus puritanisch: eine mit Raz el Hanout parfümierte, aufgeklappte und gegrillte Wachtel mit ohne irgendwas. Oh doch, ein Schluck Gemischter Satz aus dem Weingut des Hotelentwicklers Martin Lenikus passt gut dazu. Ähnlich carnivorentauglich: zwei Filetproben von Strohschwein und Weiderind mit etwas Hollandaise (dass der Jus ein Tabak-Jus sein soll, erschließt sich bei den paar Tröpfchen nicht wirklich).
Und schließlich kommt noch ein kleines Einweckglas mit unter einer Überdosis Erdäpfelmousseline vergrabenen Würfelchen vom Zackenlamm – diese Kostprobe erinnert dann doch sehr an die überwürzten 08/15-Stehpult-Schüsselchen aus der Catering-Hölle.

Natürlich ist das alles auf den ersten Blick wohlfeil kalkuliert. Günstiger kommt man letztlich aber dann auch wieder nicht davon. Im Grunde macht es hier nämlich Sinn, zwei kleine Gerichte zu einem stimmigen Gang zu vereinen.

Das könnte auch funktionieren: den Kopfsalat also zur Wachtel bestellen; und Rind und Schwein zum karamellisierten Chicorée mit Ziegenkäse und Nüssen.

Café Bar Bloom
Rotenturmstraße 15, 1010 Wien
Tel.: 01/532 22 44,
Hauptgerichte: 4,90 bis 9,90 Euro
www.cafebarbloom.at

[email protected]