Eatdrink: Klaus Kamolz

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Am 25. Juni 1950 rückten Truppen der Nordkoreanischen Volksarmee Richtung Süden in die von den USA kontrollierte Besatzungszone des geteilten Korea vor. Was dann bis 1953 geschah, ging als Koreakrieg in die Geschichte ein … Gemach, Sie sind nicht im falschen Ressort gelandet. Dass es diesen Krieg gab, sprach sich sogar im tiefsten Waldviertel herum, und so konnten die Bewohner dem Datum des international bedrohlichen Kriegsausbruchs ein markantes eigenes entgegensetzen: die Nacht vom 19. auf den 20. Mai 1951. Schauplatz: das Gasthaus Perzy in Rottal nahe der tschechischen Grenze, seit seiner Gründung im 19. Jahrhundert Österreichs nördlichstes Gasthaus (am Waldrand gelegen übrigens, dessen Wegränder jetzt knallrot von Walderdbeeren leuchten).

Was geschah damals? Man feierte das Bäumchensetzerkränzchen, eine friedliche Sause zum Abschluss des Jungbaumpflanzens im Herrschaftswald, als aus dem nahen Illmanns ein paar junge Männer anrückten, die sich weigerten, den Eintritt von drei Schilling zu bezahlen. Die Folgen waren eine ausufernde Wirtshausschlägerei "mit zahlreichen Verletzten und Schwerverletzten“, wie die Perzy-Chronik zu berichten weiß. In die Ortsgeschichte ging der Event sodann als "Koreaschlacht“ oder "Klein Korea“ ein.

Lang ist’s her, aber auch wenn das Ritual der zünftigen Wirtshausrauferei beinahe in Vergessenheit geraten ist (daran, was damals sonst noch so vermöbelt wurde, erinnern Dörfer wie Hirschenschlag, Pfaffenschlag oder Grafenschlag), ordentlich zugeschlagen wird rund um den Perzy, wie da oben gesagt wird, noch immer. Heute gehört er zum Golfclub des nahen, ähem, Haugschlag. Und dem Himmel sei’s getrommelt und gepfiffen, dass die Schlägertruppe aus diesem Juwel keine Schnöselhütte gemacht hat. Der Perzy ist für mich eines der schönsten Gasthäuser des Landes, der Räucherkarpfen mit Oberskren ziemlich gut, der Schweinsbraten und sein unverfälschtes Saftl perfekt und die Waldviertler Palatschinken mit Mohn und Powidl - Grüß Gott!

Keine Zeit, gleich raufzufahren? Eine Perzy-Preview bietet "BraunSCHLAG“, denn hier befand sich in der Serie das Gasthaus von Gerry Tschachs (Robert Palfrader) Schwiegermutter, in das seine zutiefst vernachlässigte Gattin Herta (Maria Hofstätter) zur Mama flüchtete.

Apropos Palfrader. Von dem habe ich im "Falter“ den feinziselierten und hochkomplexen Ausspruch "Dulli“ gelesen, womit er den Leberkäse der Fleischerei Geitzenauer auf dem Stadtplatz in Litschau beschrieben hat. Abgesehen davon, dass Franz Geitzenauer als Stunt-Director bei der Zerlegung eines Schweins in "Braunschlag“ amtierte, ist sein Leberkäse sogar in Wien weltberühmt. Keine Zeit, auch den gleich zu kosten? Okay, das Restaurant "Walter Bauer“, Peter Frieses "Schwarzes Kameel“ und Christian Domschitz im Burgtheater-"Vestibül“ servieren ihn auch, seit Leberkäsegedenken. Und was mit "dulli“ gemeint ist, weiß ich am Samstagvormittag, wenn ich mir "eine etwas dickere Scheibe, bitte“ zwischen Semmelhälften betten lasse und schadenfroh schmatzend, den halsstarren Hund zu meinen Füßen, durch Litschau wandle, bis es Zeit für ein Mittagessen im Gasthaus "Steigberger“ ist - auch so ein kleiner Wirtshaus-Edelstein, zu dem eine alte Steinstiege in den ersten Stock hinaufführt.

Hab ich jetzt gesagt, man kann den Perzy in "Braunschlag“ besichtigen und den Leberkäse in Wien verkosten? Keine gute Idee: hinfahren, anschauen reinbeißen! Und vielleicht beim Heimfahren beim Kasses vorbeischauen. Der Sauerteigflüsterer schlägt nämlich seine Brotlaibe auch hier, im hohen Norden.

Gasthaus Perzy
Rottal 22, 3874 Litschau
Tel.: 02865/84 33
www.perzy.at

Fleischhauerei Geitzenauer
Stadtplatz 22, 3874 Litschau
Tel.: 02865/280

Wirtshaus Steigberger
Stadtplatz 72, 3874 Litschau
Tel.: 02865/505 24
www.wirtshaus-steigberger.at

Bäckerei Kasses
Hauptstraße 11, 3842 Thaya
Tel.: 02842/526 57
www.kasses.at

[email protected]